Fußballbundesliga: TV selber machen?
© APA/Georg Hochmuth
MARKETING & MEDIA Redaktion 22.08.2025

Fußballbundesliga: TV selber machen?

Die Fans werden mehr – damit soll sich auch das Geld vermehren. Die Bundesliga würde das selbst übernehmen.

Die Bundesliga befasst sich eindringlich mit Eigenvermarktung. Hintergrund ist die Hoffnung auf gesteigerte Erlöse. Der Weg zur Umsetzung ab Sommer 2026 ist aber schwierig, aus verschiedensten Gründen. Bereits im Jahr 2004 sicherte sich Sky – damals noch als Premiere – erstmals die Übertragungsrechte an der österreichischen Fußballbundesliga. Mittlerweile zahlt das Unternehmen geschätzt über 40 Mio. € die Übertragung der Fußballspiele Österreichs höchster Spielklasse – pro Saison, wohlgemerkt. Diese langjährige Partnerschaft könnte bald enden.

Denn der geltende Vertrag läuft mit Saisonende 2025/26 aus und die Bundesliga hat schon öffentlich verkündet, dass man sich mit einer Eigenvermarktung mehr als nur befassen würde. Entsprechende internationale Vorbilder gibt es. Warum aber will die Liga eine so lange Partnerschaft beenden und wie könnte das funktionieren?

Erwartungen sind hoch
Es dürfte nicht nur, aber auch um Erlösmöglichkeiten gehen. „Für die höchste Spielklasse haben wir nicht die Ergebnisse bekommen, die wir uns erwartet haben“, sagte Bundesliga-Vorstandsvorsitzender Christian Ebenbauer bei einer Pressekonferenz im Frühling, „Daher haben wir ebendiesen großen Schritt beschlossen, die Eigenverwertung anzugehen.“
Fachmedien bezeichneten schon vor einigen Monaten das Verhalten der Liga als „all-in-Gehen“. Branchenmedien sprechen weiters davon, dass das Ende April eingelangte Sky-Angebot nur bei nur rund 30 Mio. € liegt. Das berichtet der Der Standard Anfang August.

Canal+ dürfte noch darunter sein. Zu wenig Geld, vor allem für kleinere Vereine. Die Medienerlöse machen bei Klubs wie dem TSV Hartberg oder der WSG Tirol einen sehr großen Teil des Budgets auf. Zur Einordnung: Nach Abzug von Produktion, Kosten der Bundesliga-Geschäftsstelle und Solidaritätszahlungen an die 2. Liga sollen bisher rund 30 Mio. € durch einen Schlüssel an die Vereine gehen.

Positive Entwicklung
Dass das Fernsehgeld geringer wird, macht die Klubs unzufrieden. Europacup-Erfolge sind in den letzten Jahren aufgrund (wieder) erstarkter Konkurrenz aus der Türkei, Griechenland, Tschechien oder Polen zuletzt seltener geworden als in den Jahren zuvor. Die Attraktivität der Liga mit dem seit 2018/19 eingeführten Konzept mit Grunddurchgang, Ligateilung und Playoffs führt zu mehr Spannung und mehr Fans.
Die abgelaufene Spielzeit war mit im Schnitt 8.792 Fans die beste seit 2008/09 (9.023).

Durch den Umstand, dass die Liga 2018 von zehn auf zwölf Teams aufgestockt wurde, kamen letztes Jahr zudem mit mehr als 1,7 Mio. Menschen so viele Menschen in die Stadien wie noch nie. Der bisherige Rekord stammt aus der letzten Meistersaison des SK Rapid (1,67 Mio.). Seit damals entstanden neue und moderne Stadien in Favoriten, Hütteldorf, auf der Linzer Gugl und im Donaupark; Hartberg baut neu, in Graz soll die Heimstätte von Meister Sturm und des GAK erneuert werden. Kurz zusammengefasst: Die Klubs haben das Produkt vorangetrieben und machen es attraktiver.

Konkrete Umsetzung
Zwar ist nach wie vor offen, ob nicht doch Sky (oder ein anderer Marktteilnehmer wie Canal+) TV-Partner wird, aber die Liga bereitet sich intensiv und ernsthaft auf die Zeit nach Sky vor. Mit dem ehemaligen Dazn- und Stats Perform-Mitarbeiter Alexander Lanegger gibt es einen erfahrenen Mann. Der fix bei der Liga Angestellte setzte für den Streamingdienst eine derartige Basketball-Plattform um. Nun soll er als Leiter eine Direct-to-Consumer-Plattform (D2C) implementieren.
Er soll das Projekt Direct-to-Consumer-Plattform vorantreiben. Eine entsprechende Ausschreibung für eine OTT-Plattform wurde veröffentlicht. (OTT steht für Over-the-top, also einen Dienst, der via Internet betrieben wird, Anm.)
Ambitioniert

Eine Umsetzung könnte laut 90minuten so aussehen: Bei erhofften 100.000 Abonnenten und einem marktüblichen, angenommenen Preis von 15 € ergebe das hochgerechnet bis zu 18 Mio. € Umsatz aus einer derartigen Plattform. Dazu kämen noch erhoffte Vermarktungserlöse. Ob man damit an die erwähnten 30 Mio., geschweige denn über 40, kommt, wird von den Klubs selbst befürchtet.

Zwölf Millionen, eigentlich mehr, wären somit pro Jahr aus weiterer Verwertung zu erlösen. Dazu kommt noch, dass es eine Anschubfinanzierung bräuchte, sei es mittels noch nicht gefundenem Investor oder dank Millionenkredits. Die niederländische Liga hat etwa 2008 ein eigenes Medienunternehmen gegründet. Allerdings sind die dortigen Vereine klar über die heimischen Topklubs zu stellen, das Land hat gut doppelt so viele Bewohner.

Und die Redaktion?
Würde die Bundesliga sich selbst vermarkten, hätte das natürlich Konsequenzen. So geht es beispielsweise um journalistische Integrität: Wie distanziert würde eine von der Bundesliga bezahlte Redaktion über die Bundesliga berichten? Das hat Sky gut im Griff, was Fans schätzen und Brancheninsider anerkennen. Fraglich ist weiters, wie es mit den rund 60 Personen in dieser Redaktion weitergeht.
Am Europacup hält Sky Rechte, diese Übertragungen werden aber von München aus abgewickelt, ohne die Fußballbundesliga bräuchte es einen Großteil dieser Angestellten wohl nicht.
Die Redaktion hätte allemal Erfahrung. Ob diese dann eins zu eins zur OTT-Plattform der Liga wechseln könnten, ist offen.
Allerdings: Als Canal+ das ServusTV-Rechtepaket kaufte, holte man schließlich Personen mit Erfahrung in der Umsetzung, auch von der Konkurrenz.

Die Zeit drängt
Doch ein weiterer Umstand könnte eine Eigenvermarktung zu zunächst unter Umständen schlechteren Konditionen attraktiv erscheinen lassen – und für die gegenwärtige Redaktion schwierig. RTL wird, sofern es die kartellrechtliche Zustimmung gibt – Sky Deutschland kaufen.

Welche Rolle dann eine so große Sportredaktion und ein dreistelliges Rechtepaket spielen, ist kaum seriös abschätzbar.
Bis Ende des Jahres will die Bundesliga sich entscheiden, wie es weitergeht. Wenn im Sommer 2026 der Ball rollt, braucht es Partner, Geld, Plattform, Redaktion, Vertrieb.

Letzteres wäre dann auch Aufgabe der zwölf Vereine, die den Verkauf von Abos und Werbung Sky und Co. überließen. „Es ist herausfordernd und steinig, aber wir glauben, es ist die vielversprechendste Variante unter den derzeitigen Bedingungen“, meinte Ebenbauer damals. Ob die Rechnung aufgeht, wird man Ende des Jahres wissen.

BEWERTEN SIE DIESEN ARTIKEL

TEILEN SIE DIESEN ARTIKEL