Hinter dem ORF liegt laut Neo-Generaldirektor Roland Weißmann ein „sehr erfolgreiches Jahr“.
© Robert Jäger
ORF-Generaldirektor Roland Weißmann.
MARKETING & MEDIA Redaktion 14.01.2022

Hinter dem ORF liegt laut Neo-Generaldirektor Roland Weißmann ein „sehr erfolgreiches Jahr“.

Mit einem Gesamtmarktanteil von 35,5 Prozent und einem Plus von 2,3 Prozentpunkten im Vergleich zum Jahr 2020 hat die Sendergruppe einen Bestwert seit zehn Jahren erzielt.

WIEN. Die beiden Hauptsender, ORF 1 und ORF 2, schaffen zusammen 32,3% – ORF 2 alleine hat seinen Höchstwert seit 2011. ORF 1 hat 12,3% Marktanteil innerhalb der Kernzielgruppe, besonders durch Wintersportprogramme, Euro und Olympia sowie durch Treiber wie "Starmania", "Dancing Stars" und Landkrimis. „Auch die 'Vorstadtweiber', die am Montag, 10. Jänner 2022, gestartet sind, haben das mit sehr gutem Marktanteil getan“, führt Weißmann aus. ORF III ist mit 2,8 Prozent Marktanteil auf dem bisherigen Höchststand, und auch die ORF-Radios sowie orf.at haben 2021 „sehr erfolgreich abgeschlossen“.

„Wesentlich für die künftige journalistische Arbeit“ wird die Besiedelung des ORF-Campus werden. Ziel soll sein, vom linearen Broadcaster zur multimedialen Plattform zu konvertieren. In diesem Szenario soll der multimediale Newsroom den ersten Schritt setzen. Während Fernsehen, Radio und Online „in der Information zusammenwachsen“, sollen der Binnenpluralismus und die journalistische Vielfalt erhalten bleiben „mit eigenständigen Sendungsteams und dem bekannten Produktportfolio - von den ZiB-Sendungen bis hin zu den Ö1-Journalen“.

Alle Wiener Bereiche werden in den kommenden Monaten auf dem mehr als 3.200 m2 großen ORF-Campus zusammengeführt. Mehr als 700 Mitarbeiter werden Ende 2022 an diesem Standort arbeiten, 350 Mitarbeiter im multimedialen Newsroom, etwa 200 Mitarbeiter im Ö1-Haus und 140 im Ö3-Haus. Die Besiedelung des multimedialen Newsrooms ist aus derzeitiger Sicht für Juni 2022 geplant – „vorbehaltlich einer Corona-Verzögerung“. Im Jahre seines 55. Geburtstags übersiedelt auch Ö1 in einen eigenständigen Pavillon auf drei Etagen mit „modernster Studio- und Produktionsinfrastruktur“, unmittelbar darauf soll Ö3 folgen.
Im Zuge dieses bevorstehenden Veränderungsprozesses soll eine Einheit für Kulturwandel strukturell verankert werden, die sich im ersten Schritt mit ebendieser Übersiedelung beschäftigen wird.

Die Innovation Unit, die auf Nachfrage in die Redaktionen gebracht wurde, soll neue digitale Arbeitsweisen und
-zugänge vermitteln und Fragen wie „Wie funktioniert eine Online-Bildsprache im Vergleich zu einer klassischen linearen TV-Bildsprache?“ oder „Wie produziere ich richtig für Social Media?“ beantworten.

Wichtig ist dem Generaldirektor im multimedialen Newsroom „eine neue Art der Zusammenarbeit zwischen TV-, Radio- und Online-Journalisten“, weshalb versucht wird, die Online-Journalisten und -Mitarbeiter künftig im multimedialen Newsroom arbeiten zu lassen und „kollektivvertraglich in die ORF-Mutter zu überführen“.

Das Thema Gleichstellung „wird auch in den kommenden Jahren ein wichtiges sein“, weshalb Weißmann den neuen Personalchef Werner Durnovic beauftragt hat, weiter an der entsprechenden Umsetzung der gesetzlichen Aufträge und Quoten zu arbeiten. Laut Weißmann hat der ORF unter anderem in den Aufsichtsräten sowie unter den Aufsichtsratvorsitzenden den Frauenanteil erhöht. Der neue Gleichstellungsplan soll in Kürze erscheinen und dem Stiftungsrat im März vorgelegt werden. Ziel dahingehend ist eine ausgewogene Besetzung der zukünftig zu besetzenden Positionen, was wiederum durch „faire und transparente Auswahlverfahren garantiert“ werden soll.

Anlässlich des Themas "Corona" ist mit Donnerstag, 13. Jänner, eine sechswöchige Kampagne entstanden, die in Zusammenarbeit mit der Ärztekammer, dem Roten Kreuz und der Gesundheitskasse entstanden ist und für mehr Zusammenhalt und Dialog in der Gesellschaft sorgen soll.

Programmliche Maßnahmen
„Ich bin mit dem Ziel angetreten, dass der ORF digitaler, jünger und diverser werden soll“, heißt es im Hintergrundgespräch. „Aus diesem Grund soll das Jahr 2022 auch der Startschuss für eine Young Audience Initiative werden, die wir auf das ganze Haus ausrollen.“ Ziel der Initiative ist es, den Anteil des ORF in der unter 30-jährigen Zielgruppe zu steigern – sowohl linear als auch non-linear. Um das erreichen zu können, wird dem Stiftungsrat eine Social Media-Strategie vorgestellt, die unter anderem auch YouTube beinhalten soll. Mit dieser neuen Zugangsweise konnte die "ZIB" innerhalb von zwei Monaten mit ihrem TikTok-Account 200.000 Follower generieren.

Es sollen aber nicht nur Drittplattformen stärker bespielt werden, sondern besonders der eigene ORF-Player, der nach wie vor im Rahmen des bestehenden ORF-Gesetzes und bestehender Angebotskonzepte besteht. Weißmann möchte für die Zukunft aber vor allem auch Online-Only-Angebote anbieten und vergleichbare Möglichkeiten wie andere öffentlich-rechtliche Sender erhalten, weshalb der Generaldirektor weiterhin für eine Digitalnovelle des ORF-Gesetzes appelliert: „Der ORF soll das dürfen, was ARD, ZDF, SRG oder BBC dürfen.“  Um den Publikumsbedürfnissen zu entsprechen, „kann sich der ORF-Player nur entwickeln, wenn das ORF-Gesetz hier mehr Spielraum gibt“.

Kleine Erweiterungen des bestehenden Angebotes soll es trotzdem geben: Eine Adaption des Sport Screens hat die Behörde nicht untersagt, was bedeutet, dass zeitgerecht zu den Olympischen Winterspielen in Peking mit einem Olympia-Sonderkanal auf sportorf.at gestartet werden kann. Dieser soll ähnlich wie der Newsroom als zusätzliches Feature aufgebaut sein. Im Rahmen des Sport Screens werden Livestreams und Videoclips zur Verfügung gestellt. Die Highlights der Olympia-Nächte werden am Morgen zum Nachschauen angeboten. Auch das Soundmodul, die Weiterentwicklung der Radiothek, wird im ersten Halbjahr gestartet werden können – verfügbar als App und Web-Angebote. Das umfasst zunächst die Inhalte aller nationalen und regionalen Radioredaktionen als On-Demand-Audio, Radiosender live oder zum Nachhören, Podcasts und Radioarchive.

Das ORF-Player-Modul "Topos" erläutert Kernthemen des öffentlich-rechtlichen Anbieters wie Kultur, Wissenschaft und Religion und verbindet Elemente aus Online, TV und Radio sowie Podcasts und Live-Übertragungen in einer neuen Form. Das Angebotskonzept wurde von der KommAustria nach eineinhalbjähriger Prüfung genehmigt und wird gegen Ende des Jahres 2022 starten.

Trotz des unaufhaltsamen Medienwandels ist Fernsehen weiterhin ein zentrales Leitmedium, weshalb derzeit eine Inventur der Sender stattfindet. ORF 2 hat einen „stabilen Audience-Flow“, ebenfalls bei ORF 1 funktionieren „viele Dinge sehr gut“, wie etwa die letzte Staffel der "Vorstadtweiber" oder "SOKO Kitzbühel". Der Start von "SOKO Linz" ist für 1. Februar angesetzt. Insgesamt ist das Ziel ein stringenter Audience-Flow, der künftig mit einer "ZIB 3" zu einer festgelegten Sendezeit um Mitternacht abgeschlossen werden soll. Die Themen Klima, Nachhaltigkeit und Umweltschutz werden in ein eigenes Format gepackt, das Mittwochs ausgestrahlt werden soll. Die große Stärke, der Live-Sport, wird weiter ausgebaut mit „mehr Live-Sport als der Tag Stunden hat – nämlich 31 Stunden täglich auf ORF 1, Sport+ und dem Sport-Screen“.

Programmlich geht es weiter mit der Show „Starmania“, die ab März wieder zu sehen ist und zusätzlich auf TikTok begleitet wird. Als besonderes Steckenpferd nennt Weißmann die heimische Fiktion, weshalb es zu Weihnachten ein "MA24/12"-Special auf unsere Bildschirme schafft.

Weiters erscheint eine Herbst-Reihe mit „Tage, die es nicht gab“, die sich an der Erfolgsserie „Big Little Lies“ orientiert. Außerdem gibt es ab 14. Jänner wieder Peter Klien mit seiner Politsatire zu sehen. (red)

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