Leitartikel
••• Von Sabine Bretschneider
TOR. Wir sind Weltmeister. Also fast. Österreich hat sich erstmals seit 1998 wieder einmal für eine WM-Endrunde qualifiziert. Die Kolleginnen und Kollegen in den Sportressorts sind gerührt und glücklich, Fußballfans orten Licht am Ende eines langen Tunnels. Sogar jene, die sich für Fußball genauso heftig interessieren wie für Klöppeln und Dudelsackmusik, genießen das kurze Stimmungshoch.
„Österreich ist Weltmeister“, so titelte auch der Spiegel Ende September dieses Jahres. „Im Straßenbahnfahren.“ Und: „I werd narrisch: Straßenbahnfahrer aus Österreich haben die Trambahn-Weltmeisterschaft in Wien gewonnen. In Disziplinen wie ‚Tram-Bowling‘ und ‚Geschwindigkeit halten‘ waren sie besser als die Konkurrenz.“ Niemand fährt erfolgreicher Straßenbahn als die Österreicher – das reißt einen halt nicht unbedingt aus der konjunkturell und geopolitisch bedingten Lethargie. Dass die Deutschen mit Platz sieben, jedenfalls in dieser Disziplin, mieser abgeschnitten haben als der kleine Nachbar, hilft auch nur bedingt.
„Ihr seid’s immer so negativ.“ Das gilt auch als einer der meistausgesprochenen O-Töne
von Frank Stronach, steiermärkisch-kanadischer Industrieller, Milliardär und Politiker – insbesondere in Gesprächen mit Pressevertretern. „Der Frank hat viel zu einer besseren Gesellschaft beigetragen“, war folgerichtig auch Stronachs zwischendurch geäußerte Wunsch-Grabsteininschrift.
Schon wegen dieses Beitrags zur Analyse der österreichischen Seele sollten wir an dieser Stelle kurz innehalten. Wie das „Historische Kalenderblatt“, freundlicherweise von der APA zur Verfügung gestellt, verrät, kündigte Frank Stronach – fast auf den Tag genau vor 20 Jahren – an, nach seinem Engagement als Mäzen von Austria Wien auch seine Tätigkeit als Präsident der österreichischen Fußball-Bundesliga zurückzulegen. Er hatte dieses Amt seit 1999 ausgeübt. Damit schließt sich der Kreis thematisch zwar mit einer kleinen Delle in der Zirkumferenz, aber eine runde Sache ist es trotzdem.
