Inspiration oder das Serge Ethuin-Prinzip
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MARKETING & MEDIA Redaktion 05.07.2019

Inspiration oder das Serge Ethuin-Prinzip

Alles steht und fällt mit der Bereitschaft, sich selber begeistern zu lassen und dann wiederum andere zu begeistern. Ein Kreislauf.

••• Von Helga Krémer

Das Rome Cavalieri Waldorf Astoria (Hilton Gruppe) war die letzte Station in Serge Ethuins 30-jähriger Hilton-Laufbahn. Das Le Royal Monceau in Paris (Raffles, gehört zur Accor Gruppe) war sein letztes Haus, das einer Gruppe bzw. Hotelkette angehört. Seit Dezember 2015 leitet und inspiriert er das Hotel Metropole in Monte-Carlo, ein unabhängiges Haus, das keiner Kette angehört.

medianet traf Serge Ethuin in Wien zum Interview über seinen Management-Style, Standards und Inspiration.


medianet:
Was ist in der Hotel- bzw. Markenwelt ein absolutes ‚No-Go'?
Serge Ethuin: Schlechtes Benehmen. Ruppiges, unhöfliches Verhalten, Hochmut. Im Englischen gibt es das perfekte Wort dafür: ‚Attitude'. Damit kann man sich den Ruf leicht ruinieren. Wer will schon von oben herab behandelt werden? Bei Hotels mit Gastronomie kommt noch schlechtes Essen dazu.

medianet:
Wenn ein Hoteldirektor nach Wien kommt: Wo steigt er ab?
Ethuin: Ich mag es zentral. Bin ich geschäftlich unterwegs, neige ich zu Häusern, die einen gewissen Standard erwarten lassen und sich in der Nähe zu meinen Terminen befinden. In meiner Freizeit fällt meine Wahl meist auf luxuriöse Boutique-Hotels; dort können Sie meist die ‚Vibes' der Stadt direkt fühlen. Flair ist mir wichtig und eine individuelle, persönliche Note. Letzteres ist auch der Grund, warum ich die Hotelketten verlassen habe.

medianet:
Individualität und Standards sind also mehr schlecht als recht unter einen Hut zu bringen?
Ethuin: Es sind die Standardisierungen, nicht die Standards. Ein Willkommensgeschenk am Zimmer ist Standard; dass die Auswahl zwischen Sektflasche und Obstkorb eingeschränkt ist, die Standardisierung. Ein Beispiel: Wir wussten von einem Gast, dass sie mit Unmengen an Schuhen anreisen wird – ein ‚influencer-shoe-addict'. Also kreierte unser Patisserie-Chef für seinen persönlichen Willkommensgruß ein Arrangement mit kleinen Schuhen aus weißer und dunkler Schokolade – sie war zu Tränen gerührt.

Die Hauptgründe, mich unabhängig zu machen, waren die Möglichkeit und Fähigkeit, den Zugang zu Gästen persönlicher zu gestalten, weniger Kunden, dafür nur einen Boss zu haben – mit dem Effekt, dass ich mich nun mehr um die wirklich wichtigen Themen, meine Gäste kümmern kann.


medianet: Was hat sich für Sie geändert?
Ethuin: In einer Hotelkette haben Sie einen Vice-President of Marketing, Vice-President of Communication, Vice-President of ‚you-name-it'. Sehr überspitzt formuliert, sagt Ihnen immer einer, was Sie zu tun und sagen haben, und selten sind sie sich untereinander einig … Scherz beiseite, in einer Hotelkette arbeiten Sie in einem strikt definierten Rahmen, in einem unabhängigen Hotel in völliger Freiheit. Diese Freiheit gebe ich auch an meine Mitarbeiter weiter.

medianet:
Wie würden Sie denn Ihren Managementstil beschreiben?
Ethuin: Aufgeschlossen und partizipativ. Ich versuche, für jede Position die Beste oder den Besten zu bekommen und dann lass ich sie einfach arbeiten. So abgedroschen es klingen mag: Ich sehe mich als Mitglied des Teams, nicht abgehoben über dem Team stehend. Könnte ich meine Bezeichnung ‚General Manager' gegen eine andere tauschen, so wäre dies sicherlich ‚Animateur Général'. Meine Rolle ist es, zu begeistern – Führung muss begeisternd und inspirierend sein, damit jeder gern arbeitet. Das war schon immer mein Prinzip. Ich treibe niemanden zu Höchstleistungen an, mit entsprechender Inspiration will man einfach von sich heraus zu Höchstleistungen auflaufen.

medianet:
Wie läuft das Metropole zu Höchstleistungen auf?
Ethuin: Wir haben es zum Beispiel nicht so mit den ‚netten' Vasen und den gefälligen Blumenarrangements – wir wollen eine bestimmte Stimmung schaffen, die das luxuriös-familiäre Flair des Metropole widerspiegelt. Mit einzigartigen Kunstwerken. Unsere Installationen werden eigens für uns von namhaften Künstlern entworfen und gestaltet. Luxuriös, durchaus mit Botschaft, aber nicht verstörend oder gar schockierend – wir sind ja kein Museum …

medianet:
Zurück zur ersten Frage. Wo jetzt genau …?
Ethuin: (lacht) In dem am Hof. Wo früher ein Hauptsitz einer Bank mit Kassensaal war.

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