KI – Intelligenz oder Datenklau?
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Szene AKM-Präsident Peter Vieweger (l.) mit Autor Willy Bauer.
MARKETING & MEDIA Redaktion 04.04.2025

KI – Intelligenz oder Datenklau?

Eine Veranstaltung der AKM in Wien – und Gedanken über die Rolle der KI in der Musikproduktion.

Gastkommentar ••• Von Willy Bauer

WIEN. Das prachtvolle Palais Niederösterreich in der Wiener Herrengasse bot den stilvollen, Rahmen für eine Veranstaltung der AKM, Genossenschaft der Autoren, Komponisten, Musikverleger, in Kooperation mit Kultur.Region.Niederösterreich („Musik aus den Regionen”), die zum Nachdenken über die Rolle der KI in der Musikproduktion anregte.

Die Musikproduktion erlebte in den vergangenen 100 Jahren viele technische Revolutionen. Radioübertragungen, Tonfilm, Synklavier, CD, Drumcomputer, digitales Recording … „Jedes Mal kam es zu einer Art ‚panic cercle', der, ausgehend von totalem Desinteresse, über Ablehnung zum Höhepunkt fast panischer Ängste führt und langsam in Akzeptanz abebbt”, erklärt Christine Bauer, Professorin für Interactive Intelligent Systems an der Paris Lodron Universität Salzburg. „Wir scheinen, betreffend KI, den Zenit des Misstrauens und der Ängste noch nicht erreicht zu haben.”

„Nie verliebt, nie betrunken”

Es klingt fast zu gut, wenn als Ziel der KI in der Musik nicht das Ersetzen von Menschen, sondern deren Unterstützung genannt wird. Der Schlüssel dazu liegt darin, dass die Steuerung der KI in den Händen eines Kreativen bleiben muss. Musik, wie wir sie lieben, lebt von menschlichen Emotionen. Sie lebt von Einflüssen auf den Komponisten, die ihn und seine Sicht auf die Welt geprägt haben.

„Die KI war nie verliebt, nie betrunken und Genies machen auch Fehler”, schildert Komponist und Produzent Walter Werzowa seine Herangehensweise beim Projekt, Beethovens nie vollendete 10. Sinfonie mittels KI fertigzustellen. „Wir haben Schönberg, die Beatles und den Lärm eines startenden Flugzeugs gehört. Daher mussten wir bei der Eingabe besonders darauf achten, den Wissensstand zu Zeiten Beethovens nicht zu überschreiten.” Außergewöhnliche Ergebnisse und respektvoller Umgang mit dem Orginal liegen eben immer in der Hand eines Kreativen, nicht bei der KI. Es gab immer schlechte, mittelmäßige und herausragende Musik am Markt; daran wird sich durch den Einsatz von KI nichts ändern. Das Gedudel in Einkaufszentren, „Elevator Music”, wird zunehmend von KI komponiert.
Ein Album, wie „Hansi Lang/Sing, Hansi – Lieder aus dem Gemeindebau” , das posthum von Thomas Rabitsch aus 20 Jahre alten Home Recording-Demos als Ausgangsmaterial zum vollproduzierten Leben erweckt wurde, „hätte ich ohne Hilfe der KI nicht geschafft”, so Rabitsch.Ungeklärt ist im Moment die Urheberrechtsfrage. Treffend und scharf analysiert Peter Vieweger, Präsident der AKM: „KI ist keine Intelligenz, sondern Datenklau!”

Peanuts für die Künstler

Die großen Verlage haben die KI-Anbieter auch schon auf Entschädigung wegen Urheberrechtsverletzungen geklagt. Da die Quellen in ihrer Anzahl und Komplexität kaum nachvollziehbar sind, wird eine Einigung, wie bei den Streamingplattformen, in einer pauschalierten Abgabe münden. Analog zu den Streamingdiensten: Die Majors werden absahnen; für das Gros der Künstler werden Peanuts bleiben. Im Anime-verliebten Japan treten bereits KI-generierte „vocaloide” Frontwesen als Hologramme mit Begleitband vor tausenden Fans in die Live-Arena. Das bleibt uns hoffentlich noch länger erspart.

Live-Musik ist Energie und Magic, spontan aus der Situation geboren, mit Wurzeln in verschiedenen Lebenssituationen des Künstlers. Diese Energie wird der Robo-Gitarrist nicht erbringen können.
Energie wird schlussendlich der begrenzende Faktor der KI sein. Die riesigen Datenmengen erfordern eine stromfressende Serverlandschaft, deren Kühlbedarf so groß ist, dass die Errichtung von Mini-AKWs geplant wird. Ein Revival der Anti-Atom Protestsongs, generiert mittels KI, ist nicht ausgeschlossen.


Willy Bauer war 20 Jahre lang Generalimporteur von führenden Marken im Bereich Musikinstrumente und Musikelektronik für Österreich und Ungarn. Er gilt als profunder Kenner der heimischen Musikszene.

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