MCÖ fordert: Freiheit für die Werbebranche
© APA/AFP/Luis Acosta
MARKETING & MEDIA Redaktion 20.01.2023

MCÖ fordert: Freiheit für die Werbebranche

Der Marketingclub Österreich spricht sich vehement gegen Werbeverbote, wie etwa von Franz Hörl für Flugreisen gefordert, aus.

••• Von Dinko Fejzuli

Kürzlich forderte Seilbahnen-Chef und ÖVP-Tourismussprecher und Parlaments-abgeordneter Franz Hörl, dessen Branche oft wegen vermeintlicher Umweltschädlichkeit ins Fadenkreuz gerät, eine Sondersteuer für die Bewerbung „besonders umweltschädlicher Urlaubsformen” wie Flugreisen, etwa für Städtetrips, sowie Kreuzfahrten zu verhängen – beziehungsweise könne man gleich ein komplettes Werbeverbot dafür einführen.

Auch kann er sich vorstellen, diese besonders CO2-relevanten Urlaubsformen – „wie bei der Tabakwerbung” – mit einer Kennzeichnung zu versehen und deutlich darauf hinzuweisen, wie umweltschädlich sie seien, so der ÖVP-Abgeordnete vor wenigen Tagen gegenüber der Aus-tria Presse Agentur (APA).
Hörls Forderung stieß auf viel Kritik, selbstredend auch aus der Werbe- und Kommunikationsbranche. Insbesondere bei den offiziellen Vertretern der Branche traf diese Forderung verständlicherweise auf wenig Gegenliebe, so etwa auch beim Marketing Club Österreich (MCÖ) mit seinen rund 1.000 Mitgliedern. ­medianet bat aus gegebenem Anlass den MCÖ-Präsidenten Andreas Ladich zum Talk.


medianet:
Herr Ladich, kürzlich forderte ein Tiroler ÖVP-Politiker Werbeverbote etwa für Flugreisen, weil diese extrem umweltschädlich seien. Der MCÖ hat diese Forderung als unter anderem rufschädigend für die Branche bezeichnet. Was genau kritisieren Sie am Vorschlag?
Andreas Ladich: ‚Rufschädigend für die Branche' könnte auf Tourismus und Reisen bezogen werden, das war aber nicht gemeint. Es wäre ein Fehler, dabei auf einzelne Sparten zu blicken und eine Werbebotschaft dahingehend zu prüfen beziehungsweise zu genehmigen, ob sie in mein persönliches Weltbild passt oder nicht. Wir müssen das in einem größeren Zusammenhang sehen. Der Marketing Club kritisiert daher an dieser Aussage, dass sie den Wunsch nach einer Bevormundung und Zensur darstellt. Das sollte für freie, denkende und in einer Demokratie lebende Menschen unvorstellbar sein.

medianet:
Welche Folgen hätten die Umsetzung der Forderungen von Franz Hörl nach einem Werbeverbot für bestimmte Branchen?
Ladich: Die Unternehmen und Branchen wären abhängig vom persönlichen Geschmack und Weltbild einer prüfenden Stelle, beeinflusst durch den Zeitgeist oder die aktuelle Stimmungslage und den Einfluss von Interessensgruppen. Verbote und Regulierungen hätten dann eine Auswirkung auf weitere Branchen und Teilbereiche wie Produktion, Logistik und Vertrieb. Das setzt ja ein großes Rad in Bewegung. Es wird doch so schon oft viel zu schnell geurteilt, verurteilt oder bewertet, ohne sich ein umfassendes Bild zu machen; darüber hinaus fehlen auch meist die benötigten Informationen. Das muss einem bewusst sein, und dann kommt man auch nicht auf die Idee, Dinge sofort zu verbieten, nur weil sie einem nicht in den Kram passen. Und davon soll die Wirtschaft und das Leben der Menschen abhängen? Hoffentlich nicht.

medianet: Abseits der konkreten Forderungen, die Sie zurückweisen – gäbe es nicht durchaus manchmal sinnvolle Einschränkungen, um besonders ressourcenintensive Aktivitäten nicht auch noch weiter zu fördern?
Ladich: Was genau wären denn ‚ressourcenintensive Aktivitäten'? Und wer erstellt den Maßstab dafür?

medianet:
Rückblickend auf die letzten Jahre – gab es aus Ihrer Sicht schon mal einen derartigen Angriff auf die Werbe- und Kommunikationsbranche?
Ladich: Ich denke, dass der letzte Ruf nach einem Werbeverbot Lebensmittel wie Chips, Schokolade und Snacks betroffen hat. Auch das ist ein gutes Beispiel. Es scheint so, als hätten diejenigen, die diese Verbote fordern, vollkommen das Vertrauen in die Menschen verloren und oder wollen ihnen Selbstbestimmtheit nicht zugestehen. Es ist bei Chips und auch bei Flügen einfach die Frage, wie oft ich etwas konsumiere – die Menge macht es aus. Wenn Menschen verantwortungsvoll konsumieren, dann gibt es für beides keinen Grund, es nicht zu bewerben. Dieser verantwortungsvolle Umgang basiert wiederum darauf, ob ich das im Elternhaus oder in der Schule thematisiert und besprochen habe. Ein Beispiel sind dafür ja die Initiativen, mit den Kindern über die Nutzung von Social Media und Internet zu sprechen und zu reflektieren. Da wäre ein Verbieten ja auch sinnlos.

medianet:
Gerade im Hinblick auf die kritisierten Forderungen nach Eingriffen durch den Staat – wie wichtig ist die Selbstregulierung etwa der Werbebranche, wenn es um die Themen Verantwortung der Gesellschaft und Nachhaltigkeit geht?
Ladich: Die Frage ist, ob es für alles gleich eine Regulierung braucht. Ein Kodex oder eine Selbstbeobachtung der Werbebranche ist eine der Möglichkeiten, die es gibt. Ich möchte aber auch ganz stark nochmals an die Selbstverantwortung appellieren.

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