Me, Myself & Mine
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Alles „meins”? Alles beginnt, wenn wir noch in den Kinderschuhe stecken: Wir entwickeln psychologischen Besitz.
MARKETING & MEDIA Nadja Riahi 22.03.2019

Me, Myself & Mine

Alles „meins”: Die WU-Professorin Bernadette Kamleitner untersucht, wodurch und wofür wir Besitzgefühle entwickeln.

••• Von Nadja Riahi

WIEN. Es beginnt, wenn wir noch in den Kleinkinderschuhen stecken: „mein” Ball, „meine” Puppe, „meine” Jacke. Schon früh entwickelt jeder von uns psychologische Besitzgefühle. Die Zeit vergeht. Wir werden älter – die Besitzgefühle bleiben. Denn wer kennt es nicht, das folgende Szenario: Wir sichern uns bei einer Veranstaltung einen Platz, indem wir ihn mit unserer Jacke oder Tasche reservieren. Wenn jemand diese Reservierung ignoriert und sich auf unseren Platz setzt, fühlen wir uns so, als hätte uns ein anderer „unseren” Platz weggenommen. Und das, obwohl er rechtlich nicht der unsere ist.

Alles unter Kontrolle

Bernadette Kamleitner, Professorin an der Wirtschaftsuniversität Wien, untersucht, wodurch und wofür wir diese Gefühle entwickeln, die sich hinter dem Wörtchen „meins” verbergen.

Als Leiterin des Instituts für Marketing und Konsumentenforschung führte Kamleitner mehrere Studien durch und konnte gemeinsam mit ihren Forschungspartnern drei zentrale Mechanismen in verschiedenen Kontexten bestätigen: Wahrgenommene Kontrolle, psychologisches Investment sowie Wissen und Vertrautheit.
In ihren Studien zeigte Kamleitner, dass wir Menschen besonders für die Produkte Gefühle entwickeln, die uns ergonomisch gut passen. Der Grund: Sie lassen sich leichter kontrollieren. Wenn wir beispielsweise unser Smartphone zur Hand nehmen und das Verhältnis zwischen Daumenlänge und Bildschirmgröße ideal ist, spüren wir besonders starke Besitzgefühle.

Nur Bares ist Wahres?

„Wenn wir bei Dingen das Gefühl haben, diese besonders gut kontrollieren zu können – wir diese also richtig ‚im Griff' haben, so empfinden wir auch mehr Besitzgefühle. In der Folge passen Menschen auch häufig auf diese Dinge auf”, erklärt die WU-Professorin.

Wesentlich punkto Besitzgefühl ist auch das psychologische Investment. Gemäß einer Studie steigen Besitzgefühle, je mehr wir in etwas investieren oder dafür opfern.
„Ein Prinzip, das auch in Crowdfunding zum Tragen kommt”, so Kamleitner. Nach einer Investition fühlen Menschen sich dafür verantwortlich und investieren vielleicht wieder.
Eine weitere Studie zeigt, dass die unterschiedlichen Zahlungsmethoden als psychologisches Investment wahrgenommen werden und damit zu Besitzgefühlen führen. Menschen, die mit ihrer Karte bezahlten, empfanden weniger Besitzgefühle für das Gekaufte, als Menschen die bar zahlten. Der Grund liegt laut der Studienautorin darin, dass die Barzahlung die Investition in ein Gut deutlicher und fühlbarer macht als die Zahlung mittels Bankomat- oder Kreditkarte.
Die Studien bestätigen, dass auch das Wissen um und die Vertrautheit mit etwas unser Besitzgefühl beeinflussen. „Je mehr ich über etwas weiß, desto eher wird es meins. In weiterer Folge bedeutet das auch, dass wir nicht nur für Produkte Besitzgefühle entwickeln können”, erklärt die Wissenschaftlerin. Gemeinsam mit einer Kollegin führte Kamleitner ein Experiment zu ihrer Theorie durch.

Vertrauen schafft Gefühle

„Wir ließen zwei Gruppen jeweils unterschiedlich schwere Quizze zum Thema Umwelt ausfüllen. Die Gruppe, die das leichtere Quiz ausfüllte und besser abschnitt, hatte nachher das Gefühl, mehr über die Umwelt zu wissen und zeigte in weiterer Folge mehr Interesse am Umweltschutz”, erklärt Kamleitner. Ihre Studie wurde vergangenes Jahr mit dem EACR Best Paper Award ausgezeichnet.

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