Leitartikel ••• Von Sabine Bretschneider
ALARM. Die EU-Kommission hat am Mittwoch das seit Jahrzehnten verhandelte Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten gebilligt. Jetzt sind Rat und Parlament am Zug. Die Freihandelszone mit über 700 Mio. Menschen soll Zölle abbauen, Exporte steigern und hunderttausende Jobs in Europa sichern.
Man könnte man meinen, dass auch in Österreich die Sektkorken knallen. Was wir derzeit brauchen wie einen Bissen Brot, ist eine positive wirtschaftliche Perspektive. Die gäbe es. Mercosur eröffnet Chancen: Vor allem Auto-, Maschinenbau- und Pharmabranche stehen in den Startlöchern für den Sprung nach Südamerika. Auch hochwertige Lebensmittel könnten in Südamerika leichter Absatz finden. Insgesamt reduzieren Handelsabkommen die Abhängigkeit von wenigen globalen Märkten.
Doch statt Sektparty herrscht Katerstimmung. Die Landwirtschaft fürchtet große Handelsdeals wie der Teufel das Weihwasser. Man denke an den EU-Beitritt Österreichs („Konkurrenz“, „Preisverfall“), die EU-Erweiterung nach Mittel- und Osteuropa (detto), an CETA („Hormonfleisch“, „Gentechnik“) oder EU–Südkorea („Billigimporte“). Die Realität: Die Landwirtschaft bekam Zugang zu einem viel größeren Binnenmarkt, Bio-Landwirtschaft und Herkunftsmarketing gewannen an Bedeutung. Die „Marktüberschwemmungseffekt“ ist nie eingetreten. Österreichs Agrarsektor konnte und könnte durch Qualitätsstrategie sogar profitieren.
Der Kostendruck auf Österreichs Bauern kam in den vergangenen Jahrzehnten weniger durch Handelsabkommen zustande als durch den globalen Wettbewerb: Überproduktion, niedrige Weltmarktpreise und die Dominanz von Billigware aus Übersee. Freihandelsdeals wie CETA oder künftig Mercosur spielen dabei eher eine Nebenrolle – die eigentliche Herausforderung liegt in der weltweiten Angebotsflut und im Preisdiktat des internationalen Marktes. Die bäuerliche Stimme der Vernunft lehne „globale Profitgier“ ab, kommentiert die FPÖ aus dem OFF. Was wären die Alternativen?
