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"Natürlich ist unser Ziel das Finale" © APA / Robert Jäger

ORF-Programmdirektorin Stefanie Groiss-Horowitz.

© APA / Robert Jäger

ORF-Programmdirektorin Stefanie Groiss-Horowitz.

Redaktion 10.05.2022

"Natürlich ist unser Ziel das Finale"

ORF-Programmdirektorin Stefanie Groiss-Horowitz im Interview über den österreichischen ESC Entry Lum!x feat. Pia Maria und warum der ESC auch die „schwule Fußball-Weltmeisterschaft“ genannt wird.

WIEN / TURIN. Heute, Dienstag, 10. Mai 2022, wird es ernst für das österreichische Song-Contest-Duo Lum!x feat. Pia Maria. Gemeinsam treten sie im ersten von zwei Halbfinali des ESC an und rittern um einen der begehrten Plätze für das große Finale Samstag dieser Woche, wenn es wieder heißt: „And the twelve points goes to …“

medianet sprach im Vorfeld mit Stefanie Groiss-Horowitz, die als ORF-Programmdirektorin auch für die österreichische Auswahl und damit Vertretung beim Eurovision Song Contest verantwortlich zeichnet.

medianet: Frau Stefanie Groiss-Horowitz, so wie in den Vorjahren hat man sich gegen ein öffentliches Casting entschieden, sondern hat auch heuer in einem internen Prozess entschieden, wer Österreich beim Eurovision Song Contest vertritt. Warum sind Sie, wie auch Ihre Vorgängerin Kathrin Zechner diesen, bisher ja durchaus erfolgreichen, Weg gegangen?
Groiss-Horowitz: Als ich die Agenda ESC als neue Programmdirektorin übernommen habe, war der Auswahlprozess schon im Laufen und wir waren bereits in den letzten zwei Runden. Hinzu kommt, dass wir mit 'Starmania' im Frühjahr bereits eine Musik-Casting-Show hatten und da wäre eine zweite auch aus programmlicher Sicht nicht sinnvoll gewesen.

medianet: Heute ist ja das erste große Finale, wo Lum!X feat.  Pia Maria um einen Finalplatz rittert. Wie sind die bisherigen Rückmeldungen der Delegation von vor Ort?
Groiss-Horowitz: Die Rückmeldungen sind so wie immer, wenn junge Künstler zum ersten Mal plötzlich auf so einer Riesenbühne stehen: Sie sind stolz, begeistert und zuversichtlich. Es wird viel geprobt, und die beiden absolvieren einen Interview- und PR-Marathon. Ansonsten versuchen sie, ihre Zeit beim ESC abseits des Trubels zu genießen – das finde ich auch richtig so, denn man darf den Druck nicht zu groß werden lassen.

medianet: Bleiben wir beim heutigen Semifinale. Verspüren Sie auch eine gewisse Erwartungshaltung als neue ESC-Verantwortliche nach den Erfolgen der letzten Jahre unbedingt ins Finale kommen zu müssen, denn Sie wissen ja, wie das Sprichwort so schön sagt: Der Sieg hat viele Väter und die Niederlage nur eine Mutter.
Groiss-Horowitz: (lacht herzhaft) Natürlich ist unser Ziel das Finale – mir ging es aber darum, zwei jungen und talentierten Menschen, die die vergangenen beiden Jahre in der Pandemie quasi eingesperrt waren, diese einmalige Chance zu ermöglichen. Damit setzen wir auch ein Zeichen an die junge Generation, dass das Leben wieder weitergeht. All das fühlt sich für uns als Verantwortliche sehr stimmig an.

medianet: Was sind denn Ihre eigenen ersten Erinnerungen an den Song Contest?
Groiss-Horowitz: Ich bin ja die Generation Johnny Logan und Thomas Forstner und für mich als Kind war das natürlich auch eine Gelegenheit, länger Fernsehen zu dürfen. Ich habe mich wahnsinnig erwachsen gefühlt und war schon damals fasziniert von der Größe des Events.

medianet: Apropos Größe des Events. Was ist Ihre Vermutung, dass der ESC – nach einer Durststrecke über einige Jahre, wo er durchaus als antiquiert galt – wieder so ein globales TV-Ereignis geworden ist?
Groiss-Horowitz: Ich glaube, der ESC war nie antiquiert, sondern hatte immer ein Alleinstellungsmerkmal und es gibt nicht so viele weitere TV-Events, die als so weltumspannend gesehen werden wie der Song Contest. Und: Der ESC ist auch aus meiner Sicht eine echte Machtdemonstration der öffentlich-rechtlichen Sender, der zeigt, was möglich ist, wenn man zusammenarbeitet, denn allein könnte sich kein öffentlich-rechtlicher Sender so einen Event leisten, aber in der Kooperation funktioniert es.

medianet: Aber gerade solche Live-Events, auch etwa im Sport-Bereich, sind in der Produktion sehr kostenintensiv.
Groiss-Horowitz: Gerade deshalb finde ich, dass dieser Event für einen bestimmten programmlichen Bereich eine Art Blaupause für noch mehr Zusammenarbeit innerhalb der öffentlich rechtlichen Sender sein könnte – auch im Hinblick auf die Konkurrenz durch die Streaming-Dienste und deren Content.

medianet: Frage zum Schluss: Der Song Contest wird auch die 'schwule Fußballweltmeisterschaft' genannt. Woher kommt die Faszination der LGBTQ+-Community?
Groiss-Horowitz: Da kann ich auch nur spekulieren, aber eventuell hat die Community in diesem Fall etwas gemacht, was sie sonst auch gerne tut: Sie hat in einer Zeit, wo den ESC keiner wollte, auf einen Underdog gesetzt und ihn wieder hip gemacht. Minderheiten gehen manchmal aus der Not dorthin, wo sonst keiner ist – beim ESC war das ja auch eine Zeit lang der Fall. Und sie haben es geschafft, diesem Event wieder einen Hauch von Modernität zu geben, bis der Funke auf das restliche Publikum übergesprungen ist. Heute steht der Eurovision Cong Contest wieder dort, wo er hingehört, nämlich auf der ganz großen Bühne mit einem noch größeren Publikumszuspruch. (fej)

 

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