„Nicht mit dem Budget-Hammer agieren”
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MARKETING & MEDIA Michael Fiala 16.12.2016

„Nicht mit dem Budget-Hammer agieren”

Thomas Bokesz, CIO der IPG Mediabrands, spricht über interne Ziele und den sich stetig verändernden Media-Bauchladen.

••• Von Michael Fiala

Im Oktober hat Thomas Bokesz in Österreich die neu geschaffene Funktion des Chief Investment Officers des internationalen Agentur­netzwerks IPG Mediabrands, mit den Agenturmarken UM PanMedia und Initiative, übernommen.

In dieser Funktion berichtet Bokesz an Michael Dunke, CEO IPG Mediabrands D-A-CH.
medianet hat Bokesz zum Interview gebeten und mit ihm über die Herausforderungen und Ziele im Jahr 2017 gesprochen.


medianet:
Herr Bokesz, IPG Mediabrands liegt derzeit im Focus-Xpert-Ranking, bezogen auf das Werbevolumen, auf Platz drei. Welche Ziele hat IPG Mediabrands? Will man Platz zwei holen?
Thomas Bokesz: Als Gruppe haben wir das klare Ziel, zu wachsen. Dieses machen wir natürlich nicht allein an einem Rankingplatz fest. So steht 2017 für uns das organische Wachstum im Vordergrund. Hieran werden wir mit voller Intensität arbeiten, und ich bin davon überzeugt, dass wir mit unserer Kreativität, Flexibilität, dem technologischen Vorsprung sowie der Innovationskraft unseres globalen Netzwerks dieses auch erreichen werden. Mit unserem holistischen Leistungsspektrum und strategischem Denken sind wir hervorragend aufgestellt, um unseren Kunden Best in class-­Lösungen anbieten zu können.

Kurzum: Wir haben noch genügend Platz, um nach oben zu wachsen.


medianet:
Was muss IPG Media­brands, abgesehen davon, noch unternehmen, um diese Ziele zu erreichen?
Bokesz: Wichtig ist, dass wir in dieser Konstellation auch an der Markenbekanntheit des IPG Mediabrands-Netzwerks arbeiten. In ersten Meetings mit Medien habe ich wahrgenommen, dass es in Bezug auf die Aufgaben von IPG Mediabrands durchaus Aufklärungsbedarf gibt. Neben weiterem Wachstum werden wir also auch an der Bekanntheit und Positionierung der Dachmarke in Österreich arbeiten.

medianet:
Wie sieht die Konstellation mit IPG Mediabrands und den angeschlossenen Agenturen aus?
Bokesz: IPG Mediabrands ist der weltweite Media-Arm der Interpublic-Gruppe (IPG). Als Netzwerk bietet IPG Media­brands seinen Kunden und den Agenturen UM PanMedia und Initiative die bestmögliche Unterstützung, indem wir in Talents und Technologien investieren und mit unseren Spezialdienstleistern den Marken ein optimales Fundament für ihre tägliche Arbeit bieten. So ist etwa die Investment Unit der IPG Mediabrands Austria die übergeordnete taktische Planungs- und Einkaufsunit für die Agenturen UM PanMedia und Initiative. Beide Agenturen agieren am Markt komplett eigenständig, nutzen allerdings für Kunden die Synergieeffekte, die sich durch den gebündelten Einkauf von Medialeistung ergeben. Auch andere Units wie unser Programmatic-Dienstleister Cadreon sind an dieses zentrale Investment Departement angeschlossen. Als IPG Mediabrands agieren wir hier im Auftrag unserer Agenturen für die jeweiligen Kunden.

medianet:
Welche Wachstums­treiber sehen Sie derzeit am Markt?
Bokesz: Klarer Wachstumstreiber ist Programmatic. Im internationalen Vergleich hat der österreichische Markt noch Aufholbedarf; so werden beispielsweise in UK durchaus bereits 60% der Online-Spendings programmatisch gehandelt. Beim Forum Media Planung wurde heuer vor Kurzem ‚Programmatic' zum Media-Unwort des Jahres gekürt. Gerade für Österreich macht es aber Sinn, auf Programmatic zu setzen. Die Vorteile sind klar: Eine Automatisierung ermöglicht es, Kampagnen mit kleinem Budget auf verschiedene Vermarkter aufzuteilen und dynamisch zu optimieren, ohne an eine starre Budgetaufteilung gebunden zu sein. Insofern verfügt man über eine hohe Flexibilität in der Aussteuerung. Auch Ad Fraud ist in Österreich derzeit so gut wie kein Thema.

In erster Linie lebt Programmatischer Handel allerdings nicht von der Quantität der User, sondern von der Qualität des Inventars und den Targeting-Möglichkeiten. Hier sind wir als Netzwerk gut aufgestellt und werden dieses Segment auch weiterhin sowohl personell als auch technisch stark ausbauen, um spielbestimmend weiter am Ball zu bleiben.


medianet:
Welche Wachstums­treiber sehen Sie noch?
Bokesz: Insgesamt sind Mobile und Bewegtbild klare Motivatoren für Wachstum, insbesondere durch die Konvergenz dieser Themen. Getrieben werden diese Entwicklungen in erster Linie durch die stetigen Veränderungen im Mediennutzungsverhalten der Konsumenten. So verzeichnen wir bspw. 2014 in der Zielgruppe 14–29 Jahre eine Zunahme auf 80% in der Online- Video-Nutzung im Vergleich zu 51% im Jahr 2010.

medianet:
Wie sieht es mit TV aus? Auch hier findet noch immer ein Wachstum statt.
Bokesz: Auch das klassische TV ist in einer Wachstumsbewegung. Dies geschieht nicht nur durch den Launch neuer Sender, sondern auch durch das Vorantreiben inhaltlich innovativer Entwicklungen wie beispielsweise Adressable TV. Man wird künftig über an das Internet angeschlossene TV-Geräte individuelle Werbebotschaften ausspielen können. Auch hier geht es darum, Werbung zu sehen, die für den jeweiligen Nutzer ­relevant ist.

medianet:
In welchen Segmenten muss man als Agentur gut aufgestellt sein, um den Markt mit 360 Grad bespielen zu können?
Bokesz: Zunächst muss man aus dem noch immer vorhandenen ‚Silo-Denken' ausbrechen. Wir befinden uns längst mitten in der Verlagerung und stärkeren Verknüpfung von Kanälen. Insofern ist in der heutigen Mediaplanung das Zusammenwachsen ein wichtiges Credo. Der sprichwörtliche Blick über den Tellerrand reicht nicht mehr aus, wir befinden uns eher in einem Geschirrladen. Der Bauchladen der medienseitigen Möglichkeiten, Werbegeld auszugeben, wird immer größer und Kampagnen sind in immer kürzeren Zeitfenstern abzuwickeln. Es erfordert daher auch weit höhere Kompetenz und Vernetzung, um strategisch innerhalb knapper Zeitfenster das beste Resultat für Kunden zu erzielen. Auch der Wissensvorsprung im technologischen Bereich, die Themen Daten- und Contentstrategien spielen eine maßgebliche Rolle.

 

medianet: Wie kann sich ­Mediabrands im Markt aus ­Ihrer Sicht hervorheben?
Bokesz: Getreu unserer globalen ‚Dynamic by Design'-Philosophie verfügen wir über die richtige Kombination aus Klassik, Performance, Programmatic, Investmentstrategien und Content-Lösungen. Wir werden immer auf das Angebot des gesamten Netzwerks zurückgreifen können, egal ob es sich hierbei um internationale Tools, Prozesse oder spezifische Themen unserer internationalen Kunden handelt. Diese Dynamik hilft uns in der Abwicklung und in unserer Weiterentwicklung. Dynamik bedeutet Veränderung, Probieren und das Denken in Gesamtlösungen. So muss eine Agentur aufgestellt sein, um mit der Geschwindigkeit im Markt Schritt zu halten.

Kerngeschäft ist natürlich der effektive und effiziente Media-Einkauf für unsere Kunden. Ich sehe die Medien/Verlage/Vermarkter jedoch nicht (nur) als Dienstleister oder Lieferanten, sondern vor allem als Partner. Hier darf man nicht mit dem ‚Budget-Hammer' agieren. Es gilt, gemeinsam Lösungen zu finden und die oft genannten Win-Win-Win-Situationen zu erzielen. Wir wollen Kooperationen und Partnerschaften und müssen weg vom herkömmlichen Denken in Inseratschaltungen oder TKPs und CPPs.


medianet:
Der österreichische Markt ist relativ klein, dennoch gibt es ein Dutzend Media-Agenturen. Ist die Konzentration zu hoch?
Bokesz: Wenn man sich die Rankings ansieht, zeigt es natürlich eine ganz klare Konzentration. Grundsätzlich sehen wir Wettbewerb sehr positiv – Konkurrenz belebt den Markt. Das führt auch dazu, dass man immer schneller und kreativer werden muss. Es ist eine stete Verpflichtung, sich zu hinterfragen und zu optimieren. Neue Techniken wie z.B. Programmatic lassen aber auch Platz für neue, kleine und spezialisierte Agenturen.

medianet:
Wie würden Sie die Bereitschaft Ihrer Kunden sehen, die Spendings zu erhöhen?
Bokesz: Die Entwicklung des Spending-Volumens sehe ich grosso modo durchaus positiv. Die Entwicklungsmöglichkeiten der Budgets sind grundsätzlich gegeben. Ausschlaggebend ist allerdings die Frage nach dem Einsatz. Kunden sind pauschal durchaus bereit, Spendings zu erhöhen. Allerdings muss man hier auch kundenindividuelle Begebenheiten berücksichtigen, wie die jeweilige Branchenentwicklung oder auch die Entwicklung der jeweiligen Mediagattung. Unsere Aufgabe als Agentur ist es, sich diesen Veränderungen zu stellen. Der Bauchladen wird immer größer, das ist die Challenge. Kurz gesagt: Es ist ein Erklimmen des Berges mit sehr vielen flachen Serpentinen, mit Höhen und Tiefen.

Erfahren sie mehr über Agenturen hier auf xpert.network.

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