„Niemand sagt, Ö3 soll nur Hansi Hinterseer spielen”
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MARKETING & MEDIA Dinko Fejzuli 10.11.2017

„Niemand sagt, Ö3 soll nur Hansi Hinterseer spielen”

„Hörer, die keine öffentlich-rechtlichen Inhalte wollen, gehören nicht Ö3, sondern den Privaten”, so KroneHit-Geschäftsführer und VÖP-Präsident Ernst Swoboda.

••• Von Dinko Fejzuli

Unter den bestehenden Umständen halte ich weitere Zuwächse für ausgeschlossen”, so KroneHit Geschäftsführer Ernst Swoboda im Gespräch mit medianet über die derzeitige Situation bei seinem Sender. Österreichs einziger nationaler Privat-Radiosender hat ja in den letzten Jahren einen regelrechten Höhenflug bei den Hörerzahlen gemacht, liegt derzeit bei ca. 930.000 Hörern täglich und musste beim letzten Radiotest ein leichtes Minus hin­nehmen.

Eine Entwicklung, so Swoboda, die eine logische Folge der derzeitigen Situation am heimischen Radiomarkt sei: „Es ist schon ein Riesenerfolg, wenn wir unter den herrschenden Rahmenbedingungen die derzeitige Flughöhe halten können”, so Swoboda, der gleichzeitig auch VÖP-Präsident ist. Eine Veränderung nach oben könne es erst dann wieder geben, wenn es eine neue Definition für öffentlich-rechtliches Radio gäbe und zwar so, dass Ö3 eben ein ­öffentlich- rechtlicher Sender sein soll, der den anderen, privaten Playern am Markt dann wieder Platz lässt, um möglicherweise zu wachsen.

Absichtliches Missverstehen

„Ö3 ist ein Programm, bei dem Sie die öffentlich-rechtlichen Inhalte mit der Lupe suchen müssen. Öffentlich-rechtlich sind dort die Nachrichten und der Verkehr”, so Swoboda. „Dort ist der Wortanteil mittlerweile geringer, als jener, den viele Privatsender als Mindestvorgabe bei ihrer Zulassung haben.”

Die Kritik an dieser Forderung Ö3 gegenüber, den ORF-Sender auf nicht publikumswirksame Inhalte beschränken zu wollen, nennt Swoboda ein absichtliches Missverstehen, denn selbstverständlich solle Ö3 „kein Nischensender werden, der nur Hansi Hinterseer spielt, oder gar privatisiert wird”.
Öffentlich-rechtlicher Rundfunk soll eine hohe Reichweite haben, aber mit öffentlich-rechtlichen Inhalten. Diese müsse man „eben so gut aufbereiten, dass sie vom Publikum auch gern gehört werden wollen”.
Derzeit, so Swoboda, sei Ö3 ein kommerzieller Sender, wo mit maximalen Reichweiten maximale Werbeerlöse generiert werden sollen, um damit dann tatsächlich öffentlich- rechtliche Inhalte wie etwa Ö1 zu ­subventionieren, wobei er auch noch zusätzlich Gebühren erhält.

Was macht neue Regierung?

Auf den Hinweis, dass aber gerade ein mit Gebühren co-finanzierter Sender wie Ö3 auch für alle Hörerinnen und Hörer da sein sollte, entgegnet Swoboda wie folgt: „Das Erreichen vieler Menschen ist kein Selbstzweck. Hohe Reichweiten müssen hier genutzt werden, um entsprechende Inhalte zu vermitteln. Ja, das kann unter Umständen Quote kosten, weil Menschen gezielt sagen, dass sie keine öffentlich- rechtlichen Inhalte konsumieren wollen, dann gehören diese Hörer aber auch nicht Ö3, sondern den Privaten, denn schließlich gibt es eben nicht mehr nur Ö3, das in Monopolzeiten tatsächlich für alle Hörerinnen und Hörer mit einem Allversorgungsauftrag etwas parat haben musste, sondern eine lebendige Privatradiolandschaft, die diese Aufgabe nun gern übernimmt.”

Eine Chance, hier auch legistische Änderungen zu bekommen, sieht Swoboda in einer möglichen schwarz-blauen Bundesregierung. Dies sei auch notwendig, denn spätestens in zwei Jahren werde der VfGH das bestehende Finanzierungssystem kippen und dann werde man sich ohnedies eine Neuaufstellung überlegen müssen.

Privatrundfunkförderung neu

Woher dann das Geld für den ORF kommt, darüber zeigt sich Swoboda relativ emotionslos. Ob aus dem Budget oder als Haushaltsabgabe, „die dann aber nicht an den Besitz eines klassischen Empfangsgeräts gekoppelt sein darf”, ihm sei beides recht, wobei er tendenziell eher zu einer Finanzierung aus dem Budget wäre, da man sich dadurch eine neue Abgabe ersparen würde.

Die Gefahr, dass der ORF dadurch am Gängelband der jeweiligen Regierung wäre, sieht Swoboda übrigens nicht. Es würde auch, so Swoboda, Sinn machen, quasi in einem Aufwasch auch die Privatrundfunkförderung gemeinsam mit dem ORF zu regeln, wobei dann, bei einer Budgetvariante, ein dritter Teil der Mittel quasi frei am Markt für alle Teilnehmer für Public Value zu holen wäre. So sieht Swoboda hier vor allem Handlungsbedarf, wenn es um die Frage geht, was bei den Privaten gefördert wird. Sein Sender mit all den digitalen Aktivitäten sei hier deutlich benachteiligt. „Bestehende Nachrichten kann man sich fördern lassen, aber ein geplantes digitales Projekt nicht.”
Wichtig bei der Festsetzung der Höhe der Mittel für den ORF sei es aber vor allem, dass dieser künftig nicht selbst via Stiftungsrat bestimmen darf, wie viel Geld er bekommt. „Das wäre genau so, wie wenn der VÖP beschließen dürfte, wie viel Geld die Privaten erhalten”, so der VÖP-Präsident.
Bei der Frage, was denn dann alles und vor allem, was der ORF für diese Gebühren auch seinen Hörern insbesondere in den neuen, digitalen Wegen nicht anbieten darf, sieht Swoboda hier klare Trennlinien, wobei eben die Privaten hier zu bevorzugen seien, solange noch kein wirklich dualer Rundfunk erreicht sei.
Grundsätzlich können beim Thema TVthek bzw. RadioThek „kein vernünftiger Mensch etwas dagegen haben, dass sich ­jemand das ‚Ö1 Morgenjournal' von vor zwei Tagen, aber auch die Ö3 Morgensendung von vor fünf Tagen nochmals anhört, weil dort eine besonders lustige Comedy zu hören war”.
„Aber ich habe etwas dagegen, dass die Definition dessen, was als eine Sendung anzusehen ist, auf die dann zugegriffen wird, so ausgestaltet wird, dass etwa ein einzelner Titel darunterfällt, und plötzlich die Einzeltitelabfrage via RadioThek möglich ist, und ich mir damit ein individualisiertes Programm zusammenstellen kann, wie etwa bei Spotify – das ist dann ein anderer Dienst, der die Privaten völlig kaputt macht.”

Suche nach jungen Hörern

Und wie sieht Swoboda die Frage der jungen Zielgruppe, die besonders die TV-Betreiber, aber insbesondere die Printverleger umtreibt?

„Das ist eine Sorge, die bei uns noch viel größer ist, denn genau diese Menschen sind unsere Zielgruppe. Wir haben nicht die Angst, dass unser Angebot nicht gefällt, aber der Trend geht eindeutig dahin, dass die jungen zwar nicht weniger Radio hören, es aber auf andere Weise tun, etwa via on Demand, und da muss man versuchen, Radio entsprechend auszurichten, um ein passendes Angebot zu haben.”
Denn, so Swoboda abschließend: Irgendwann werden die Jungen kein ‚normales' Radio mehr hören und schon gar nicht über ein klassisches Radio­gerät.”

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