Online-Marketing  im Zeitalter von KI
© otago
Jan Königstätter
MARKETING & MEDIA Redaktion 12.09.2025

Online-Marketing im Zeitalter von KI

Beim diesjährigen Otago-Summit ist das Thema KI im Fokus. Otago-Geschäftsführer Jan Königstätter vorab im Interview.

Online-Marketing erlebt aktuell einen Wandel, denn KI verändert wie wir Informationen suchen, Inhalte konsumieren und schließlich Marketing betreiben. Der Otago-Summit 2025 am 25. September beleuchtet diese Veränderungen und geht der Frage nach, wie Online-Marketing im KI-Zeitalter funktioniert.
medianet hat dazu vorab mit Jan Königstätter, dem geschäftsführenden Gesellschafter von Otago, gesprochen.

medianet: Herr Königstätter, Sie eröffnen den Otago-Summit 2025 mit einer Keynote über die Auswirkungen von KI auf das Internet und das Online-Marketing. Was ist für Sie der zentrale Umbruch, den wir aktuell erleben?
Jan Königstätter: Bisher haben wir uns im World Wide Web von Dokument zu Dokument bewegt, um die benötigten Informationen zu finden. Die Suchmaschinen fungierten dabei als Navigation, die uns zu den relevanten Quellen führten. Mit dem Aufkommen von KI-Systemen eröffnen sich jedoch neue Möglichkeiten: Informationen können nun bezogen werden, ohne dass wir die einzelnen Dokumente selbst aufrufen oder durchsehen müssen – dies stellt einen fundamentalen Wandel dar. Hinzu kommt, dass KI-Systeme inzwischen nicht nur Informationen bereitstellen, sondern auch aktiv Aufgaben übernehmen und Prozesse automatisieren können.

medianet: Sie sprechen von der Frage: ‚Werden wir in Zukunft noch surfen, oder übernimmt die KI diese Arbeit für uns?‘ – Wie lautet denn Ihre persönliche Prognose zu dieser Frage?
Königstätter: Es wird letztlich immer vom jeweiligen Fall abhängen. Google zeigt bereits sehr geschickt, wie solche Systeme eingesetzt werden können. So werden zum Beispiel ‚AI Overviews‘, also informative Zusammenfassungen, die mehrere Dokumente miteinander verknüpfen, eingeblendet, wenn der Algorithmus der Meinung ist, dass es sinnvoll ist. Auch wenn dies derzeit noch nicht perfekt funktioniert, wird es mit der Zeit sicherlich immer besser werden. Ein weiterer Schritt in diese Richtung wird sein, dass Plattformen versuchen werden, ihre Systeme zunehmend als ‚Metabrowser‘ zu etablieren – eine zentrale Anlaufstelle, die übergreifend auf Informationen zugreift und diese für den Nutzer aufbereitet.

medianet: Welche Rolle spielt dabei die Customer Journey? Inwiefern wird sich das Nutzerverhalten verändern, wenn KI-Systeme immer stärker Inhalte vorselektieren?
Königstätter: Bisher mussten wir oft eine Website besuchen, auch wenn wir das nicht immer wollten, weil uns einfach keine andere Möglichkeit zur Verfügung stand. In Zukunft jedoch, wo es angenehmere Wege gibt, werden wir weniger häufig auf traditionellen Webseiten surfen. Wie wir die gewonnene Zeit ­nutzen, wird dabei wohl von Person zu Person unterschiedlich sein.
Der ‚Upper Funnel‘ wird jedoch schwieriger. Wer bislang seine eigene Website genutzt hat, um Remarketing-Listen zu füllen, wird es nun unter Umständen schwieriger haben. Aber die aktuelle Übergangsphase zeigt nur einen Teil des gesamten Bildes. Die Plattformen werden den Werbetreibenden sicherlich attraktive Lösungen anbieten, weil sie den Funnel zunehmend stärker kontrollieren können.

medianet: Bisher war Search Engine Optimization (SEO) ein zentrales Handlungsfeld im Online-Marketing. Sehen Sie mit Generative Engine Optimization (GEO) einen Nachfolger oder eher eine Ergänzung?
Königstätter: KI-Systeme integrieren bei Rechercheaufgaben im Hintergrund klassische Websuchen und Website-Inhalte. Daher bleibt die SEO-Basisarbeit für das Ziel, dass ich und meine Inhalte auch zitiert werden, essenziell. Aus dieser Perspektive betrachtet, ist SEO gewissermaßen eine Teildisziplin von GEO. Denn bei GEO geht es ebenfalls darum, wie über mich gesprochen wird. Persönlich finde ich den Begriff ‚GEO‘ als Abkürzung nicht besonders gelungen. Eine treffendere Bezeichnung wie ‚Sichtbarkeitsmanagement‘ oder etwas Ähnliches würde das Konzept besser beschreiben.

medianet: Welche Kompetenzen werden Marketer künftig brauchen, um erfolgreich zu sein?
Königstätter: Digitale PR wird zunehmend wichtiger werden, während bei SEO oft nur die eigene Website im Fokus steht. Für Organisationen, die in diesem Bereich bisher wenig getan haben, wird dies eine wachsende Herausforderung darstellen.

medianet: Neben Chancen bringt jede technologische Neuerung auch Unsicherheiten. Was sind die größten Missverständnisse oder ‚Buzzwords‘, die Sie im Zusammenhang mit KI im Marketing derzeit beobachten?
Königstätter: Wie so oft liegt der Fokus auf allem, was neu ist. Dabei verändern Menschen ihr Verhalten jedoch nicht so schnell, wie es oft angenommen wird.

medianet: Frage zum Schluss: Wenn Sie einen Tipp geben müssten – welchen ersten, konkreten Schritt sollten Unternehmen heute setzen, um sich auf das ‚Marketing im Zeitalter von KI‘ vorzubereiten?
Königstätter: Ein wesentlicher Kern bleibt die Frage: ‚Was beschäftigt meine potenziellen Kundinnen?‘ Je besser ich verstehe, wie der Bedarf entsteht, desto gezielter kann ich auf alten und neuen Kanälen die Menschen abholen. Um die Verschiebung des Nutzungsverhaltens besser zu verstehen, lohnt es sich besonders, junge Menschen zu beobachten. Studierende sind hier oft ein guter Indikator dafür, in welche Richtung sich die Trends in den kommenden Jahren entwickeln werden. (jkl)

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