WIEN. Gestern, in Vorbereitung auf die heutige Stiftungsratssitzung des ORF, luden der Vorsitzende Heinz Lederer und der stellvertretende Vorsitzende Gregor Schütze Journalistinnen und Journalisten zu einem Pressegespräch ein.
Auf dem Programm standen unter anderem die ORF-Beitragsservice GmbH (OBS), die für die Einhebung des ORF-Beitrags zuständig ist und zur „kundenfreundlichsten Stelle der Republik“ gemacht werden soll, wie Schütze betonte. Zudem wurde der gemeinsame Medienstandort Österreich thematisiert, bei dem es angesichts des großen internationalen Drucks „keine Insellösungen“ geben dürfe, so Lederer, ebenso sollen Einkünfte aus Nebenerwerbstätigkeiten künftig teilweise in einen Fortbildungsfonds fließen. Zuletzt ging es noch um das Thema Sicherheit.
OBS soll kundenfreundlicher werden
Der Stiftungsrat beschäftigt sich in seiner Septembersitzung mit der OBS, denn der Aufsichtsrat hat auf Antrag der Regierungsparteien einen kundenfreundlicheren und serviceorientierten Umgang mit den Beitragszahlern gefordert. Dabei soll es laut Lederer und Schütze um die Frage gehen, „wie Unternehmen ihren Beitrag leisten“. Laut Gesetz soll die Beitragspflicht für Unternehmen pro Beschäftigten und Unternehmensstandort bemessen werden. Dazu Lederer: „Wenn ich ein Unternehmen bin und fünf Außenstellen habe, kann ich nicht fünf Beiträge zahlen. Also irgendwann wird es absurd.“ Zugleich wies man darauf hin, dass sich der ORF am Gesetz orientiere und für eine professionelle Abwicklung sorgen werde – die Verhandlungen führe jedoch der Souverän.
Nebenerwerbseinkünfte sollen in Fonds wandern
Auch zum Thema Ethikkodex und Transparenzdiskussion habe man Vorstellungen, die man in den Stiftungsrat einbringen möchte. Hintergrund ist, dass der ORF per Gesetz verpflichtet ist, alle Bruttogehälter ab 170.000 Euro jährlich dem Kanzleramt zu melden und selbst zu veröffentlichen. Lederer meint, er habe „immer Probleme mit dieser Personalisierung“ gehabt, und verwies auf den ehemaligen Ö3-Wecker-Host Robert Kratky, der als ORF-Spitzenverdiener „enormem psychischen Druck“ ausgesetzt gewesen sei. Kratky hat den ORF im August aus gesundheitlichen Gründen verlassen.
Der Stiftungsratsvorsitzende und sein Stellvertreter plädieren nun dafür, dass etwaige Nebenerwerbstätigkeiten einerseits rechtzeitig beantragt werden und andererseits „ein Teil dieser Nebeneinkünfte auch jenen Kolleginnen und Kollegen zur Verfügung gestellt wird, die sich keine Ausbildungen oder Fortbildungsmaßnahmen leisten können“. Lederer schlug hierfür die Gründung eines Fonds vor. Wie viel von den Nebeneinkünften einbezahlt wird, werde noch in Einzelgesprächen geklärt; Lederer sprach hier von „zehn bis 15 Prozent“.
„Future Day“ mit Privatsendern und Printmedien
„Der Medienstandort Österreich ist unteilbar, und wir als ORF sind Partner der Privatsender und der Printmedien“, stellte Lederer klar. Es dürfe keine Insellösungen geben, auch nicht für den ORF. Daher habe man für den 5. November einen „Future Day“ initiiert, bei dem Verantwortliche des Verbandes Österreichischer Zeitungen (VÖZ) und des Verbandes Österreichischer Privatsender (VÖP) in den Stiftungsrat eingeladen werden. Dann sollen „Nägel mit Köpfen“ gemacht werden, etwa im Rechtsbereich, beim Kampf gegen Fake News und bei Maßnahmen gegen die Weitergabe österreichischer Inventare und Daten an internationale Techkonzerne. „Hier müssen Schranken aufgebaut werden“, unterstreicht Lederer. „Das große Credo ist die Kooperation mit den Privaten“, ergänzt Schütze.
Sicherheitsmaßnahmen im Fokus
Abschließend erklärte Schütze, dass auch das Thema Sicherheit auf der Agenda der heutigen Stiftungsratssitzung stehen werde – jüngst Thema, nachdem Pro-Palästina-Demonstrierende in das ORF-Zentrum am Küniglberg eingedrungen waren. Schütze erläuterte, dass man von Generaldirektor Roland Weißmann wissen wolle, welche Sofortmaßnahmen am Küniglberg getroffen wurden und wie die Sicherheit in den Landesstudios verbessert werden könne. Denn: „Der ORF ist Teil der kritischen Infrastruktur dieser Republik und bedarf infrastrukturell eines besonderen Schutzes“, so Schütze.
Zu den antisemitischen Äußerungen eines ORF-Kollegen erklärte Lederer: „Antisemitismus und antisemitische Äußerungen haben im ORF niemals einen Platz gehabt und werden auch in Zukunft keinen Platz haben.“ Die Konsequenzen – der ORF hat sich mit dem Journalisten auf die Beendigung des Dienstvertrages geeinigt – waren für Lederer und Schütze daher die „richtige Handlung“. (jkl)
