••• Von Dinko Fejzuli und Sascha Harold
Von Bürgerinformation über Employer-Branding-Maßnahmen für die Stadt Wien bis zum Thema KI – die thematische Bandbreite des ehemaligen PID, nun Magistratsabteilung „Kommunikation und Medien” ist sehr breit gefächert, erzählt Martin Schipany im Gespräch mit medianet.
medianet: Herr Schipany, seit Jahresbeginn firmiert der ehemalige Presse- und Informationsdienst der Stadt Wien, vielen besser bekannt als PID, unter dem schlichten Namen ‚Kommunikation und Medien'. Wie kam es zur Umbenennung?
Martin Schipany: ‚Presse- und Informationsdienst' war jetzt 50 Jahre lang die Bezeichnung unserer Abteilung. Wir sind aber mittlerweile im Tätigkeitsportfolio deutlich breiter aufgestellt als damals, und der neue Name bildet das besser ab. Wir machen eben nicht nur Presse oder Information, sondern auch Markenmanagement, Kampagnen oder digitale Produktentwicklung; das bildet ‚Kommunikation und Medien', also die ‚Kom', einfach wesentlich besser ab.
medianet: Wenn wir schon bei den Tätigkeitsfeldern sind – was sind kommunikativ aktuell die größten Themen, mit denen sich Ihre Abteilung beschäftigt?
Schipany: Im Vorjahr war die Positionierung der Stadt Wien als Arbeitgeberin ein wichtiges Thema. Da haben wir in einer großen Employer-Branding-Kampagne versucht, darzustellen, in welcher Vielfalt und Breite es Möglichkeiten gibt, für und an der Stadt Wien zu arbeiten. Heuer werden unter anderem die EU- und Nationalratswahl wichtige Themen sein, bei denen wir entsprechende Informationsmaßnahmen setzen werden. Außerdem haben wir vor, die Sportstätteninvestitionen der Stadt Wien noch stärker in unsere Kommunikationsplanung mit einzubeziehen. Auch das Dekarbonisierungsziel der Stadt, wo unter anderem Wiener Wohnen und die Wien Energie schon stark in die Außenkommunikation gehen, oder der Bereich Digitalisierung werden natürlich wichtig sein in diesem Jahr.
medianet: Digitalisierung ist ein gutes Stichwort – inwiefern sind KI-Systeme schon in der Stadt angekommen?
Schipany: Wir setzen auf KI als mögliches Tool zum Bürger hin. Wir haben bereits davor den ‚WienBot' sehr erfolgreich etabliert; das ist ein Feld, wo wir KI sicher auch noch intensiver einsetzen können. Darüber hinaus gibt es natürlich eine Reihe von Arbeitsprozessen, die wir mit KI-Systemen verkürzen oder effizienter gestalten können. Hier unterscheidet sich unsere Kommunikationsdienststelle wenig von allen anderen Medienhäusern. Die Herausforderung ist aktuell, einen Moderationsprozess zu finden zwischen jenen Kolleginnen und Kollegen, die mit dem Thema noch gar nichts anzufangen wissen, und den Early Adopters, die schon genau wissen, welches Tool sie wofür einsetzen können.
medianet: Kommen wir zu einem anderen Thema – seit Jahresbeginn ist ein neues Medientransparenzgesetz in Kraft, das Sie bei unserem letzten Gespräch noch hart kritisiert hatten. Sie hatten damals den drohenden Aufwand bei der Dokumentation, der aber wenig brächte, erwähnt. Wie bewerten Sie das Gesetz heute?
Schipany: Zunächst möchte ich lobend erwähnen, dass die Kolleginnen und Kollegen der RTR sehr bemüht waren, im Gespräch mit uns oder auch in anderen Bundesländern eine lebbare Variante des Gesetzes zu schaffen. Grundsätzlich bleibe ich aber bei meiner Kritik: Das Gesetz verursacht einen überbordenden administrativen Aufwand. Gerade wenn ich an die vielzähligen Dateienuploads oder die Aufwände bei Digitalwerbung denke, ist das schwer umzusetzen, aber natürlich werden wir es umsetzen.
medianet: Auch die bisherige Bagatellgrenze von 5.000 Euro ist mit dem neuen Gesetz weggefallen. Wie viel Mehraufwand bedeutet das für die Stadt?
Schipany: Dieser Punkt ist für uns eigentlich unerheblich, weil wir im Jahresbericht der Stadtkommunikation jetzt schon alle Schaltungen im Rahmen großer Kampagnen oder Informationsmaßnahmen ausweisen. Es geht eher darum, dass nun einerseits sehr viele Aktivitäten der Meldepflicht unterliegen und andererseits die Komplexität hinsichtlich der Erfassung sehr hoch ist.
medianet: Der Stadtrechnungshof etwa hat zuletzt Medienkooperationen kritisiert und mehr Dokumentation verlangt – nachvollziehbar?
Schipany: Zunächst – der Rechnungshof hat den Zeitraum zwischen 2016 und 2021 geprüft, allein in dieser Zeit hat sich vieles verbessert, und wir sind heute sicher auf einem anderen Stand als 2016. Im Bericht wird außerdem festgehalten, dass wir alles korrekt gemeldet haben, es ging aber darum, wie nachvollziehbar einzelne Aspekte und Dokumentationsschritte für Dritte sind.
medianet: Im Fokus stehen auch immer wieder die Werbespendings der Stadt Wien, gerade im Vergleich zu anderen Bundesländern. Welche Kriterien wenden Sie beim Einsatz der Mittel an?
Schipany: Ein entscheidender Schritt war die hier die Einführung der Mediendiskursstudie als Planungsgrundlage. Die Idee dahinter war, uns möglichst nah am Nutzungsverhalten der Wienerinnen und Wiener zu bewegen und danach auch unsere Spendings zu orientieren. Zuletzt hatten wir die Situation, dass es im klassischen Drucksegment zu deutlichen Rückgängen gekommen ist und auf der anderen Seite der Social Media-Bereich, aber auch TV und Radio, gewachsen sind. An diese Nutzungsgewohnheiten passen wir uns im Sinne einer evolutionären Entwicklung an. Im Hintergrund steht bei jedem Kommunikationsprojekt aber die Frage, welche Mediengattungsverteilung die richtige ist, um die relevanten Zielgruppen zu erreichen. Aber natürlich sind die Nutzungsfrequenzen der einzelnen Titel oder Plattformen innerhalb der Gattungen relevant, um dann festzulegen, wohin welche Spendings gehen.
medianet: Gibt es Bestrebungen, abseits der Reichweite weitere Kriterien einzubeziehen?
Schipany: Ja, was wir in diesem Jahr mit der Studie zusätzlich erfassen wollen, ist, inwieweit ein Medium einen Beitrag zur Meinungsbildung leistet. Ich habe hier die verantwortlichen Kollegen ersucht, sich das Studiendesign anzusehen, um das stärker abzubilden. Es soll also, auch wenn ich mit dem Begriff generell vorsichtig bin, der Qualitätsaspekt stärker berücksichtigt werden.
medianet: Zum Schluss eine persönliche Frage – Sie sind im fünften Jahr in Ihrer Rolle. Was waren die wesentlichen Dinge, die Sie in dieser Zeit bewegen konnten?
Schipany: Ich kann mich an kein Jahr erinnern, in dem es nicht grundlegende Veränderungen gegeben hat. Neben dem Setup der Wiener Medieninitiative und der Mediendiskursstudie war seit 2020 natürlich der Aspekt der Krisenkommunikation zentral. Ein wesentlicher Schritt war auch das Insourcing der redaktionellen Leistungen unserer städtischen Medien. Dafür haben wir die Stadtredaktion so aufgerüstet, dass wir selbst für alle Bereiche, egal ob Print oder Online, diese redaktionellen Leistungen selbst erbringen können.
medianet: Mit Blick auf das heurige Wahljahr und die großen Mengen an Desinformation – kann KI hier zu einem zusätzlichen Risikofaktor werden?
Schipany: Ja, definitiv, es gibt ja bereits Beispiele von Deep Fakes, das wird in den nächsten Jahren zunehmen. Gerade im heurigen Wahljahr wird das ein Thema werden, auch wenn Desinformation auch ganz unabhängig von Wahlen stattfinden kann. Um auf das Thema hinzuweisen, habe ich stadtintern vor Führungskräften eine Präsentation gehalten, um zu zeigen, wie einfach man beispielsweise mit Deep Fakes gefälschte Audioaufnahmen von Personen erstellen kann. Als Stadt Wien hatten wir in der Außenkommunikation schon einmal einen Schwerpunkt auf das Thema Fake News, damals noch unter ganz anderen Rahmenbedingungen. Ich denke, die gesamte Industrie ist derzeit auf der Suche nach Gegenstrategien. Es gibt beispielsweise Initiativen, um Trusted Information hardwareseitig zu kennzeichnen und so von generiertem Content unterscheidbar zu machen. Dieser Themenkomplex rund um Desinformation und Fake News ist bei uns jedenfalls ganz oben angesiedelt.