Reporter ohne Grenzen und Concordia fordern Stopp der Diskreditierung von Journalisten
© APA/Helmut Fohringer
ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker.
MARKETING & MEDIA Redaktion 22.12.2022

Reporter ohne Grenzen und Concordia fordern Stopp der Diskreditierung von Journalisten

ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker attackiert „Profil“-Redakteur wegen Faktencheck zur NÖ-Landtagswahl. Fritz Hausjell: „ÖVP soll sich zum korrekten Umgang mit Medien aufraffen.“

WIEN. Der Generalsekretär der ÖVP, Christian Stocker, hatte am Dienstag in einer Presseaussendung "Profil"-Redakteur Jakob Winter wegen dessen früherer Tätigkeit als Generalsekretär der Sozialistischen Jugend (SJ) Niederösterreichs und vermeintlich parteiischer Berichterstattung kritisiert. Anlass war ein Faktencheck-Spezial zur NÖ-Landtagswahl („Fakten mit Profil“). Der Faktencheck zu Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner hatte unter anderem ergeben, dass die von Mikl-Leitner versprochene „Landarzt-Garantie“ kaum Wirkung entfaltet habe.

Christian Stocker laut ÖVP-Aussendung: „Dass ausgerechnet ein ehemaliger SPÖ-Funktionär aus Niederösterreich, jetziger ‚Profil‘-Redakteur, über die kommende Landtagswahl berichtet und die Volkspartei Niederösterreich sowie Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner unreflektiert kritisiert, widerspricht der notwendigen Objektivität. Konkret geht es um einen ehemaligen Landespolitiker der Sozialistischen Jugend Niederösterreich, der für das ‚Profil‘ tätig ist und in einer Sendung von ORF III als unabhängiger Faktenchecker präsentiert wurde.“ Und: „Wer einen ÖVP-Politiker in einem sachlichen Beitrag bringt, wird auf Twitter und in einschlägigen Medien diskreditiert.“

Die Strategie, kritische Journalistinnen und Journalisten persönlich wegen einer früheren politischen Tätigkeit zu verunglimpfen, wenn Politiker mit dem Inhalt der Berichterstattung nicht einverstanden sind, sei keineswegs neu, heißt es seitens Reporter ohne Grenzen. Dass manche Vertreter aus der Politik zu diesem Mittel greifen, um Druck gegen Journalismus zu machen, „ist allerdings ein konkreter Versuch der Schwächung der Medienfreiheit“, kritisiert Fritz Hausjell, Präsident von Reporter ohne Grenzen Österreich: „Wenn ein Generalsekretär einer Partei das tut, wird es zur Parteilinie und wiegt noch schwerer.“

„Korrekter Umgang mit Medien“
Die ÖVP solle sich „zum korrekten Umgang mit Medien aufraffen“, so Hausjell. Denn es sei völlig legitim zwischen den Berufsfeldern Politik und Journalismus zu wechseln: „Die gleichzeitige Ausübung beider Berufe halten wir heutzutage für ein Problem in der Demokratie, aber dies liegt hier nicht vor, die politische Tätigkeit des attackierten ‚Profil‘-Journalisten liegt zehn Jahre zurück.“

Auch der Presseclub Concordia verwahrt sich dagegen, dass Journalistinnen und Journalisten aufgrund ihrer politischen Einstellung öffentlich diskreditiert werden: „Solche unsachlichen Angriffe schaden der Pressefreiheit und versuchen unabhängigen Journalismus zu beeinflussen und dessen Glaubwürdigkeit zu untergraben. Wir fordern den ÖVP-Generalsekretär auf, solche persönliche Diffamierungen zu unterlassen und zu einer sachlichen und kritischen Auseinandersetzung zurückzukehren.“

Die „Profil“-Redaktion trat „den Angriffen der ÖVP gegen die Pressefreiheit“ und wegen Parteilichkeit ebenfalls entgegen: Seit dem Start von „Fakten mit profil“ auf ORF III im September 2022 seien fünf Behauptungen der SPÖ, je vier Behauptungen der ÖVP und der FPÖ, drei der Grünen und eine von den Neos richtiggestellt worden: „Die Fakten sprechen gegen den Generalsekretär der Kanzlerpartei.“ (sb)

 

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