„Retail Media-Netzwerke haben großes Potenzial”
© Martina Berger
MARKETING & MEDIA Redaktion 13.09.2024

„Retail Media-Netzwerke haben großes Potenzial”

Für mehr Wertschöpfung im Land: Österreichische Post startet erstes heimisches Post Media-Netzwerk.

••• Von Dinko Fejzuli

Retail Media wird ein immer größerer Markt, in Europa und in Österreich. Seit Kurzem hat die Österreichische Post ein eigenes Retail Media-Netzwerk. medianet bat Sabine Auer-Germann (Geschäftsführerin adverserve) und Franz Schopf (Leitung Vertrieb für Werbung, Digital & International, Österreichische Post) um einige Antworten zum neuen Angebot.


medianet:
Die Österreichische Post startet das erste heimische (Retail) Media-Netzwerk. Damit wir eine Größenordnung bekommen – wie groß ist der Werbemarkt in der Retail-Branche?
Sabine Auer-Germann: Der Retail Media-Markt in Europa wächst rasant und befindet sich in einer dynamischen Entwicklungsphase. Während in den USA bereits ausgereifte Retail Media-Netzwerke existieren, steht Europa noch am Anfang, zeigt jedoch enormes Potenzial. Prognosen zufolge wird der europäische Retail Media-Markt bis 2025 mit einer durchschnittlichen Wachstumsrate von 24 Prozent auf etwa 25 Mrd. Euro ansteigen und bis 2028 voraussichtlich ein Volumen von rund 36 Mrd. Euro erreichen.

Retail Media wird als ein zentraler Treiber des Wachstums der digitalen Werbung gesehen. Eine Studie von IAB Europe prognostiziert, dass die Werbeausgaben für Retail Media in Europa bis 2027 auf 25 Mrd. Euro anwachsen werden, womit sie die TV-Werbeeinnahmen übertreffen dürften.


medianet:
Und wie sieht es am österreichischen Markt aus?
Franz Schopf: Für den österreichischen Markt werden die Retail Media-Werbeausgaben im Jahr 2024 auf etwa 320 Mio. Euro geschätzt, wobei ein wesentlicher Anteil auf Amazon entfällt. Ohne Amazon werden die Retail Media-Ausgaben in Österreich auf rund 40 bis 60 Mio. Euro geschätzt.

medianet:
Wie groß ist das Inventar, mit dem Sie an den Start gehen?
Auer-Germann: Wir haben mehrere Player im Netzwerk – unter anderem die Otto Group und die Post samt ihren Töchtern. Das Netzwerk ist im Ausbau – wir boarden laufend neue Partnerinnen und Partner an und erweitern das Netzwerk.

Weiters ist das Projekt in drei Phasen geteilt. Wir starten zuerst mit dem Inventar auf den Websites und in ihren Apps. Auf diesen Kanälen haben wir gemeinsam mit den Händlern einen sogenannten Tagging Plan festgelegt. In diesem wurden die Werbeformen und die genauen Platzierungen definiert. Hier sind wir stark auf die Bedürfnisse unserer Partner eingegangen.
Deshalb sind die buchbaren Werbeplätze sehr sensibel und präzise geplant und festgelegt worden. Im nächsten Schritt werden wir dann die buchbaren Werbeplätze noch durch die weiteren Inventare der Partner erweitern. Dazu gehören auch ihre Newsletter, ihre digitalisierten In-Store-Screens oder auch die Radiosender am Point of Sale.


medianet:
Bleiben wir gleich beim Thema Partner. Erste Kunden wie etwa Otto, shöpping.at, aber auch Neckermann, Forstinger und Payback sind bereits on Bord. Welche Vorteile bietet es für Kunden, speziell über das Retail-Netzwerk der Post mit ihren Kundinnen und Kunden zu kommunizieren?
Schopf: Das Media-Netzwerk der Österreichischen Post bietet Unternehmen eine hervorragende Möglichkeit, ihre Kundinnen und Kunden noch gezielter zu erreichen – und das besonders im österreichischen Markt, der im Vergleich zu anderen Märkten kleiner ist.

Gerade deshalb ist es für Unternehmen von Vorteil, sich in einem größeren Netzwerk zu bewegen, um eine höhere Reichweite zu erzielen. Unsere Plattform ermöglicht es, Werbung direkt am Point of Sale zu schalten, sei es in Online-Shops, auf Websites, in Apps oder auf Digital-out-of-Home (DOOH)- und In-Store-Screens. So können Marken ihre Botschaften genau dort platzieren, wo die Kunden sich gerade aufhalten.


medianet:
Welche Vorteile bietet Ihr Netzwerk?
Schopf: Ein großer Pluspunkt unseres Netzwerks ist die Möglichkeit, eine echte Omnichannel-Erfahrung zu bieten. Das bedeutet, Unternehmen können ihre Kampagnen nahtlos über verschiedene Medien hinweg ausspielen – ob online, offline oder im Laden. Diese Flexibilität gilt sowohl für endemische als auch für nicht-endemische Marken, sodass jedes Unternehmen die passende Werbelösung für sich findet.

medianet:
Und welche Rolle spielt der Österreich-Faktor?
Auer-Germann: Besonders wertvoll ist unser regionaler Fokus. In Österreich können Unternehmen gezielt lokale Zielgruppen ansprechen, und durch die Zusammenarbeit mit regionalen Partnern schaffen wir ein optimales Umfeld. So erreichen Werbetreibende ihre potenziellen Kunden direkt am Point of Sale, also genau dann, wenn sie im Kaufmodus sind – was die Erfolgschancen erheblich steigert.

medianet: Ziel von Retail Media ist es auch, Kunden direkt am Point of Purchase zu erreichen. Welches Potenzial sehen Sie hier mit Ihrem neuen Angebot?
Auer-Germann: Unser Media-Netzwerk bietet enormes Potenzial, Kunden direkt am Point of Purchase zu erreichen. Durch zielgerichtete Werbung können Marken ihre Anzeigen direkt am Verkaufsort platzieren, sei es auf den Händlerwebsites, in ihren Apps oder auf den In-Store-Screens in den physischen Geschäften.

Dies bietet Marken die Chance, ihre Produkte direkt dort zu bewerben, wo Kundinnen und Kunden bereits nach Einkaufsmöglichkeiten suchen. Das heißt, wir sprechen hier die Kunden in einer Stimmung an, wo sie bereit sind, etwas zu kaufen.


medianet:
Und ein Vorteil ist vermutlich auch, dass man Kunden in verschiedenen Stadien quasi abholen kann.
Auer-Germann: Absolut richtig. Retail Media kann verschiedene Stufen des Customer Journey-Funnels abdecken, je nach spezifischer Strategie und Zielsetzung. Wir setzen Retail Media deshalb nicht nur in der Purchase-Phase ein, sondern es ist auch interessant für die Awareness-Bildung. Weil man durch gezielte Wertung im handels/-kaufaffinen Umfeld auch die Markenbekanntheit steigern kann. Und: In der Consideration-Phase kann Retail Media durch personalisierte Produktempfehlungen und gezielte Angebote auf Basis von datengetriebenem Marketing die Entscheidung zugunsten einer Marke erhöhen.

medianet:
Welche Vorteile sehen Sie noch?
Schopf: Retail Media kann auch in der Loyalty-Stufe sehr gute Ergebnisse liefern, indem man z.B. Retargeting mit personalisierten Angeboten umsetzt und dadurch die Kundenbindung stärkt.

Durch die Nutzung von Retail Media können Marken Kundinnen und Kunden entlang der gesamten Customer Journey begleiten und gezielt ansprechen, und durch die Integration von Retail Media in den Marketing-Mix können Werbetreibende ihre Reichweite und Effektivität erhöhen, indem sie Kunden dort erreichen, wo sie ihre Kaufentscheidungen treffen.


medianet:
Ein großer Vorteil von Retail Media ist, dass Anbieter wie zum Beispiel Otto Zugriff auf diverse Kundendaten haben. Diese umfassen unter anderem das Kaufverhalten, Suchanfragen, Klicks oder Transaktionen. Manche Experten schätzen, dass dadurch die Kaufwahrscheinlichkeit um bis zu 125 Prozent erhöht werden kann. Welche Erwartungen haben Sie an das eigenen Retail Media-Netzwerk als Stimulus für potenzielle Kunden?
Auer-Germann: Retail Media nimmt gerade jetzt so an Fahrt auf, weil das Tracking der Userer stark eingeschränkt ist. Auch wenn Google nun eine Kehrtwende gemacht hat und die Third Party Cookies weiterhin erlaubt, geht kein Weg daran vorbei, dass man alternative Strategien benötigt, um auch weiterhin mittels datengetriebenem Marketing die Userinnen und User zielgerecht ansprechen zu können.

Und hier ist Retail Media natürlich ein großes Thema, weil die Händler ihre Kunden bestens kennen und man dadurch auch weiterhin die User gezielt erreichen kann – ganz ohne Cookies …


medianet:
… auch, weil sie über eigene Daten verfügen …
Auer-Germann: … gerade deshalb denken wir, dass unser Media-Netzwerk ein enormes Potenzial bietet, um die Kaufwahrscheinlichkeit zu erhöhen und Kunden gezielt anzusprechen. Durch den Zugriff auf diverse Händlerdaten wie Kaufverhalten, Suchanfragen, Klicks und Transaktionen können wir maßgeschneiderte und relevante Werbekampagnen erstellen, die die Bedürfnisse und Interessen der Kunden direkt ansprechen. Dadurch können wir den Werbetreibenden sehr relevante KPIs liefern, wie etwa den Return on Advertising Spend (ROAS).

Darüber hinaus wird unser Netzwerk langfristig eine datengetriebene Historie ermöglichen, die eine funnel-übergreifende Messbarkeit der Werbewirkung sowohl im digitalen als auch im physischen Ökosystem des Händlers bieten wird. Dies schafft ein konsistentes, kanalübergreifendes Kundenerlebnis und maximiert die Effektivität der Werbemaßnahmen.


medianet: Retail Media erhöht auch die Sichtbarkeit von Marken am Point of Purchase. Könnte dies besonders eine Chance für eher weniger bekannte Brands werden, um in das Set of Mind der Kunden zu kommen?
Schopf: Absolut. Unsere Erwartungen an das Media-Netzwerk sind hoch. Wir glauben, dass es nicht nur die Sichtbarkeit von Marken am Point of Purchase erhöht, sondern auch eine präzise Zielgruppenansprache ermöglicht. Dies bietet besonders für weniger bekannte Marken eine große Chance, in das Bewusstsein der Kunden zu gelangen und ihre Produkte erfolgreich dort zu platzieren, wo die Kaufentscheidungen getroffen werden. Dies erhöht wiederum die Wahrscheinlichkeit, dass Kunden die Marke positiv wahrnehmen und sich für deren Produkte entscheiden.
Auer-Germann: Ein weiterer Vorteil ist die Möglichkeit, durch datengetriebene Kampagnen relevante Inhalte zu liefern. Dies kann die Kaufwahrscheinlichkeit signifikant steigern und weniger bekannten Marken helfen, sich von den großen Konkurrenten abzuheben.

Zudem zeigen Studien, dass Retail Media den sogenannten Markenvorschuss ausgleichen kann. Dass bedeutet, dass die Kaufwahrscheinlichkeit für weniger bekannte Marken nahezu genauso hoch sein kann wie für bekannte Marken, wenn die Werbung gezielt und relevant ist.


medianet:
Die Retail-Werbung ermöglicht ja ein besonderes präzises Targeting der einzelnen Kunden. Wie detailliert ist dies möglich, insbesondere mit den verfügbaren Daten?
Auer-Germann: Richtig, Retail Media ermöglicht ein besonders präzises Targeting der einzelnen Kunden durch den Zugriff auf Datenpunkte. Diese umfassen unter anderem das Kaufverhalten, Suchanfragen, Klicks, Transaktionen u.v.m. Je nach Werbeziel klären wir das Targeting individuell vorab im Gespräch mit unseren Kunden ab.

medianet:
Frage zum Schluss – in Österreich gilt der Prospekt bzw. der digitale Prospekt noch immer als wichtiges Marketing-Tool. Wie könnte sich das durch das neue Angebot ändern?

Schopf: Nur noch wenige Zielgruppen bewegen sich ausschließlich in einem Segment. Das heißt, in der gesamten Customer Journey gilt es beide Wege, analog und digital, zu beschreiten. Es ist wichtig zu fragen, in welchen Stadium der jeweilige Kanal der entscheidende ist. Wir stehen für eine Kombination aller reichweitenstarken Medien mit perfekter Zielgruppenerreichbarkeit und ein Megatrend ist Retail Media über das Post Media Netzwerk.

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