„Sich totzustellen, wäre doch schade”
© Martina Berger
MARKETING & MEDIA Redaktion 02.02.2024

„Sich totzustellen, wäre doch schade”

Jede Krise gehe vorbei, und kommuniziert werden muss ­immer, gerade in schweren Zeiten, so Mariusz Jan Demner.

••• Von Dinko Fejzuli

Vor wenigen Tagen wurde die 28. Kampagne des Markenartikelverbands im Dienste der Marke vorgestellt. Heuer steht die Strahlkraft von Herstellermarken im Fokus, der Slogan ist sogar auf ein einziges Wort reduziert. Die Kampagne selbst stammt, wie von Beginn der Initiative an, von Demner, Merlicek & Bergmann/DMB. medianet bat aus diesem Anlass Mariusz Jan Demner um ein paar Antworten zur Kampagne selbst.


medianet:
Herr Demner, seit 28 Jahren läuft nun die Marken­artikelkampagne, und genau so lange kommt die Kreation aus Ihrem Hause. Die Initiative soll die Awareness für Markenartikel steigern. Lässt sich das auch messen und wenn ja, wie sehen die Ergebnisse aus?
Mariusz Jan Demner: Jedes Jahr gibt es eine begleitende Marktforschung zur Kampagne – mit ein Grund, warum sich schon so lange so viele Marken immer wieder beteiligen.

Phänomen: Die Kampagne soll die Strahlkraft der Marken stärken. Dass jene, die dabei sind, in dieser Periode meist auch noch besser verkaufen, ist ein willkommener Zusatzeffekt. Wobei Markenartikelverband-Geschäftsführer Günter Thumser darauf hingewiesen hat, dass die beiden dominanten Handelsorganisationen Marktanteile von rund 34 bzw. 36 Prozent haben und es sein kann, dass sich in dieser Periode etwa eine Aktionsmaßnahme mit einer an der Kampagne teilnehmenden Marke so auswirkt, dass deren Marktanteil im Vergleich zu Mitbewerbern sogar auf 50 Prozent steigen kann. Dennoch profitieren auch die anderen Teilnehmer von der Stimulanz der Umsätze.

Ein wichtiger Punkt ist aber auch die qualitative Beurteilung. Und da hatten wir im Jahr 2023 einen enorm positiven Ausschlag nach oben.
Heuer wurde von Market eine Umfrage zum Vertrauen in der Gesellschaft durchgeführt – da zeigt sich wieder, wie sehr die Strahlkraft von Marken Orientierung schafft und in die Gesellschaft wirkt: Zu Marken hat man mehr Vertrauen als zur Bundesregierung, Politikern generell und sogar zur ­Kirche. Überraschung: Bei Jungen unter 30 sind diese Werte generell besser als bei Älteren.


medianet:
Die Kampagne zielt ja maßgeblich darauf ab, auf den Wert eben der Marken hinzuweisen. Wie schwierig ist das denn in Zeiten von hoher In­flation und knapper werdenden Einkaufsbudgets der Konsumentinnen und Konsumenten?
Demner: Schwieriges zu vereinfachen – das ist Kern unseres Metiers. Wäre alles so einfach, bräuchte man uns nicht. (lacht) Grundsätzlich gilt: Marken bemühen sich, durch innovative Weiterentwicklung der Produkte und permanente, durchgängige Kommunikation ihren Charakter in Strahlkraft und Orientierung umzusetzen – im Gewusel an unzähligen sonstigen Botschaften, die auf die Konsumentinnen und Konsumenten einprasseln, ein echter Vorteil beim Kampf um Aufmerksamkeit.

medianet:
Blicken wir kurz auf die letzten drei Jahre zurück – die Pandemie ist, zumindest was diverse Einschränkungen betrifft, vorbei. Es gab aber auch Zeiten, wo man für bestimmte Dinge keine Werbung gemacht hatte, weil man sie aufgrund diverser Lockdowns gar nicht kaufen konnte …
Demner: … genau das Gegenteil haben wir unseren Kunden geraten: Die Pandemie wird, so wie jede andere Krise, irgendwann vorbeigehen, und es wäre doch schade, sich totzustellen anstatt die Chancen zu nützen. Weniger Konkurrenten in den Medien bringt mehr Präsenz, im Lockdown viel mehr Aufmerksamkeit und bessere Wirkungschancen.

So hat XXXLutz bei geschlossenen Läden die Werbung fortgesetzt und war, als die Kunden zu Hause bleiben mussten, ständig in ihren Wohnzimmern. Als der Lockdown vorbei war, stürmten die Menschen die wieder geöffneten Geschäfte. Wobei das ja nicht nur bei XXXLutz erfolgreich war, sondern auch bei anderen.


medianet: Etwa?
Demner: Für Stiegl haben wir, obwohl die Gastronomie geschlossen war, eine neue Biermarke eingeführt: Stiegl Hell, ‚das teuflisch gute Bier in höllischen Zeiten' – ein Volltreffer, als die mächtige Konkurrenz keinen Cent mehr in Werbung gesteckt hat.

medianet:
Weil …?
Demner: … weil man als Familienbetrieb die Chancen nutzen muss, wenn sich andere, noch dazu viel größere, in die Hosen machen.

medianet: Waren Sie damit auch so etwas wie das Paradebeispiel dessen, was in den Marketing-Lehrbüchern steht, nämlich antizyklisch zu werben? Wenn die anderen stillhalten, zu einem geringeren Preis günstig Marktanteile holen. War das so?
Demner: Das war genau so. Der Start der Kampagne war für Frühjahr 2020 geplant, ausgerechnet zum Start des ersten Lockdowns. Wir konnten den Kunden mit einem ökonomischen Argument überzeugen.

medianet:
… nämlich?
Demner: Dass die Konkurrenz schmähstad sein und sich zurückhalten wird. Das sollte ein Familienunternehmen wie Stiegl mutig nutzen.

medianet:
Und was hat Ihr Kunde gesagt?
Demner: Heinrich Dieter Kiener, Inhaber und Chef, meinte: ‚Wir trauen uns.' Sein Kommentar am Jahresende: ‚Das hat uns heuer die Bilanz gerettet.'

medianet:
Nochmals zur Markenartikelkampagne – womit waren Sie in den letzten 28 Jahren besonders erfolgreich?
Demner: Sie werden lachen – wir hatten 28 Jahre, eigentlich Jahr für Jahr, immer gute Ergebnisse, manchmal auch ganz tolle. Wenn man von Nachhaltigkeit spricht, dann ist diese Kampagne, die nun fast seit drei Jahrzehnten läuft, ein Musterbeispiel an Nachhaltigkeit. Zusammenfassend kann man sagen: Wir hatten nie ein Tief.

BEWERTEN SIE DIESEN ARTIKEL

TEILEN SIE DIESEN ARTIKEL