Unterstützung für den Bauch
Orientierung Was der Algorithmus erfasst, soll nicht als Ersatz der menschlichen Entscheidungsfindung dienen, sondern als Unterstützung des Bauchgefühls.
MARKETING & MEDIA Redaktion 15.11.2019

Unterstützung für den Bauch

Content Garden hat sich in die Tech-Forschung gewagt, um den perfekten Teaser für den idealen Content zu ermitteln.

••• Von Laura Schott

WIEN. Wie sieht eigentlich der perfekte Content aus? Vielen hat sich diese Frage bereits gestellt; an Sonny Damiri, Gründer und COO von Content Garden, und Stefan Huber, Head of Content Management, hat sie so lange genagt, bis sie ein eigenes Forschungsprojekt daraus gemacht haben – um die Frage zu beantworten, warum bestimmte Inhalte geklickt und gelesen werden und andere nicht. „Wir wollten die Idee in unser Business einweben, deshalb haben wir sie beim FFG (Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft, Anm.) eingereicht. Und sind bestätigt worden”, erzählt Damiri.

Gelingen soll die Suche nach dem perfekten Content mithilfe einer Kombination aus Text- und Bildanalyse. Konkret geht es dabei um die Analyse und schließlich die Optimierung von Advertorial-Teasern auf Web­sites und den dazugehörigen Bildern: Welche Bild-Text-Kombinationen funktionieren, welche nicht? Und wovon hängt es ab?

Erfassung der Textpolarität

Natural Language Processing (NLP) nennt sich ein Teilgebiet der Computerlinguistik. Dabei lernen Computer, die natürliche menschliche Sprache zu verstehen, erklärt Huber. „Das ist ein relativ altes Feld. Es geht unter anderem um Dinge wie die Erkennung von Wortarten und ihre Zuordnung zueinander.”

Basierend auf diesen weitgehend vorhandenen Erkenntnissen, beschäftigt sich Content Garden neben der klassischen Semantik – vereinfacht gesagt dem Inhalt des Textes – nun auch mit dem Sentiment des Textes, also welche Polarität er vermittelt.
Dazu hat das Technologieunternehmen einen eigenen Algorithmus entwickelt, der die Stimmung von Texten erkennen soll. Der zweite Schwerpunkt liegt in der Bildanalyse. Hier wird ähnlich vorgegangen: Einerseits wird erfasst, was auf dem Bild zu sehen ist, andererseits soll auch die mit dem Bild vermittelte Emotion bestmöglich erkannt werden.
Neben den beiden Faktoren Text und Bild des Teasers werden außerdem Inhalt und Stimmung des Werbeumfelds in die Analyse mit einbezogen. Content Garden platziert Inhalte für seine Kunden auf großen Websites wie etwa jenen von Tageszeitungen. Für die optimale Platzierung von Content ist dabei nicht nur relevant, worum es in den Artikeln, die auf der jeweiligen Seite zu sehen sind, inhaltlich geht, sondern auch, wie sich die Polarität der jeweiligen Seite gestaltet.

Der richtige Ort für den Teaser

„Es geht um die Frage, welcher Inhalt zu welchem Teaser passt. Und darum, ob das Umfeld auch in puncto Stimmung der richtige Ort für meinen Teaser ist”, erklärt Damiri. Und bringt ein Negativbeispiel: Wenn etwa in einem Artikel über einen Flugzeugabsturz ein Teaser einer Airline erscheint, sei das logischerweise suboptimal. „Das ist jetzt ein extremes Beispiel, das in der Form auch so gut wie nie vorkommt. Gerade für unser daily business ist es aber wichtig, dass die Teaser stets in einem möglichst relevanten Kontext platziert werden, um so auch die größtmögliche Wirkung zu erzielen. Sonst bringt das am Ende niemandem etwas. Nicht dem Leser, nicht dem Advertiser und auch nicht dem Publisher.” Dem soll mithilfe des neuen Analysetools vorgebeugt werden, um den Mehrwert für alle Beteiligten zu maximieren.

Die gesammelten Analyseergebnisse werden schließlich mit den vorhandenen Performancedaten der jeweiligen Kampagne zusammengeführt. Mit der Entwicklung dieses Analysetools bewege sich Content Garden auf einem relativ jungen Forschungsfeld im deutschsprachigen Raum, erzählen die beiden Vorantreiber des Projekts, die dabei eng mit Universitäten wie der Technischen Universität und der FH St. Pölten in Österreich, aber auch den Universitäten Paderborn und Hannover – Erstere führend bei der Computerlinguistik, Letztere bei Computer Vision und Bildanalyse – zusammenarbeiten.

Unterstützung, nicht Ersatz

„Wir haben von Anfang an gesagt, dass das ein Projekt ist, bei der wir professionelle Unterstützung brauchen”, sagt Huber. Denn für ein Unternehmen sei es schwer, neben dem daily business auch noch Ressourcen für Forschungsprojekte wie dieses aufzubringen. Content Garden stellt mit der Zurverfügungstellung reeller Daten den praktischen Teil, die Universitäten den theoretischen – die ob der Kooperation Feuer und Flamme seien, da sie für gewöhnlich mit Dummy-Daten arbeiten müssen, erzählen Huber und Damiri.

In der Werbebranche müssen rasch die richtigen Entscheidungen getroffen werden, und mithilfe der Analyseergebnisse solle das Bauchgefühl, auf dem viele Entscheidungen rund um Text- und Bildauswahl basieren, durch sichere Daten unterstützt werden. Am Ende des Analyseprozesses solle also ein Rahmen entstehen, anhand dessen sich die Agentur und ihre Kunden orientieren können – und nicht mehr: „Worauf wir nicht hinauswollen, ist, dass die Maschine für uns den Content macht”, betont Damiri. „Es sind noch immer Menschen da draußen. Und wir vertreten die Meinung, dass Content für Menschen auch von Menschen gemacht werden muss.”

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