••• Von Martina Berger
WIEN. Der ostösterreichische Privatradiosender radio 88.6 fuhr im Corona-Jahr 2020 das beste Radiotest-Ergebnis seit Bestehen des Senders ein. Mit Niki Fuchs, Head of Marketing & Digital, sprach medianet über die Digitalisierung, die „88.6 Coronale”, das Aus der Livekonzerte und Dienste wie Spotify.
medianet: Eine Frage zu Beginn: Wie digitalisiert man aus Ihrer Sicht – ganz generell – einen Radiosender?
Niki Fuchs: Der Kern der Digitalisierung ist es, die Betroffenen zu Beteiligten zu machen, indem alle internen Prozesse im gesamten Unternehmen dahingehend angepasst werden und alle den Nutzen dahinter für sich und das Unternehmen übersetzen können. Dabei müssen die Bedürfnisse der Hörerinnen und Hörer immer im Mittelpunkt stehen.
Digitalisierung beim Radio bedeutet, herauszuhören, was das Publikum benötigt, und nicht stur nach vermeintlichen Trends zu arbeiten. Mit diesem Ziel haben alle, egal ob Geschäftsführung, Technik, Programm, Vertrieb, Marketing oder ich als digitaler Quarterback, das digitale 88.6-Universum geschaffen und markenstarke Strategien entwickelt, die vor allem messbare Ergebnisse liefern.
Dieses abteilungsübergreifende Arbeiten ohne große Befindlichkeiten ist eine Grundvoraussetzung für die Digitalisierung bei 88.6 bzw., meiner Meinung nach, in jedem Unternehmen. Ein Silodenken sollte heutzutage keinen Platz mehr haben.
medianet: Was genau ist dieses 88.6-Universum?
Fuchs: Weil Neuhörerakquise und Hörerbindung unsere zentralen Themen sind, haben wir unsere Community digital abgebildet, abgeholt und miteinander verbunden. Der Start war, die eigenen Plattformen digital auf Vordermann zu bringen. Ein paar Beispiele wären der Relaunch der Website und App, die nun dem Medium Radio auch online gerecht werden, ein Alexa Skill mit Song- und Funfact-Abfrage, erste 88.6 Podcasts und natürlich die Teilnahme am nationalen DAB+ Netzwerk. Über welche Plattform oder welches Gerät gehört wird, ist für die Hörerinnen und Hörer immer unbedeutender. Viel wichtiger ist: Durch eine starke Markenpositionierung den Wunsch nach Radiohören wecken, halten und dies immer und überall ermöglichen.
medianet: Hat Sie Corona in Ihren Marketingaktivitäten gebremst? 88.6 ist Medienpartner bei großen Rockkonzerten in den letzten Jahren gewesen, das heißt, Events haben ja bei Ihnen eine große Rolle gespielt, abseits Ihrer digitalen Agenden …
Fuchs: Wir haben im letzten Jahr viele etablierte Maßnahmen überdacht und für den digitalen Raum neu interpretiert, zum Beispiel Livestream des 88.6-Bandcontests aus der Ottakringer Brauerei, 88.6-DJ Sets und Livekonzerte österreichischer Bands aus dem U4 oder das 88.6 Band-Battle, bei dem jeweils zwei österreichische Bands auf Twitch in unterschiedlichen Videospielen gegeneinander antreten. Keine Scheu vor neuen Zielgruppen, Konzepten und Plattformen – so lautet die Devise, mit einem starken Support österreichischer Künstlerinnen und Künstler.
Die Reichweite, die wir dadurch 2020 im Digitalraum erreichen konnten, wirkt sich sowohl in den Hörerzahlen – wir sind Österreichs größter privater Regionalsender – als auch bei den digitalen KPIs äußerst positiv aus.
medianet: Wie sind Sie auf die Idee der ‚88.6 Coronale'-Kampagne gekommen?
Fuchs: Produkt und Promotion müssen für einen erfolgreichen Markenauftritt Hand in Hand gehen – auch bei einem Radiosender. So ist aus der Programmaktion, Livekonzerte on Air zu spielen, unsere ‚88.6 Coronale'-Kampagne geworden.
Eigentlich sollte Mitte März 2020 unsere Imagekampagne gemeinsam mit Live-Künstlerinnen und -Künstlern starten. Wir haben die Kampagne von heute auf morgen gestoppt und eine Alternative gesucht. Eines war klar: Livekonzerte gehören erst mal der Vergangenheit an, und die Neon-Kulturplakate für die Vorfreude auf Konzerte werden verschwinden – oder auch nicht. Unsere on Air-Livekonzerte haben eine enorm positive Response, nicht nur von unseren Hörerinnen und Hörern, sondern auch aus der Eventbranche erhalten.
medianet: Wie gehen Sie mit dem Konkurrenten Spotify um?
Fuchs: Spotify ist kein Konkurrent für die Radiowelt und vor allem nichts, vor dem wir uns fürchten müssen. Erst durch solche Streamingdienste wurde die Audiowelt wichtiger als sie jemals war. Video didn’t kill the radiostar and streaming didn’t either! Wichtiger ist es, dass Radio sich stattdessen weiterentwickelt, den technischen Fortschritt versteht und vor allem für sich nützt.
medianet: Wie stellen Sie dieses digitale Know-how und das digitale 88.6-Netzwerk jetzt auch Ihren Werbekunden zur Verfügung?
Fuchs: Wir verbinden die Kanäle Audio und Online miteinander und erzielen so die größtmögliche Reichweite und Conversions für unsere Werbekunden. Audio und Online ergänzen sich sehr gut, aber kaum jemand bietet dies als gemeinsamen Service an. Wir tun das und konnten seit Projektstart im Jänner 2021 bereits großartige Ergebnisse erzielen.