Was macht den Perfect Pitch aus?
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MARKETING & MEDIA Redaktion 26.03.2021

Was macht den Perfect Pitch aus?

Die Österreichische Marketing-Gesellschaft machte die Pitch-(Un)Kultur zum Thema einer Online-Diskussionsrunde.

••• Von Sascha Harold

WIEN. Krisen bieten Gelegenheit, den Status quo auf den Prüfstand zu stellen. Die Österreichische Marketing-Gesellschaft debattierte deshalb am vergangenen Mittwoch die Pitch-(Un)Kultur in einer hochkarätig besetzten Diskussionsrunde.

Das Programm sah, der Titel nahm es vorweg, eine durchaus kritische Betrachtung der aktuellen Pitch-Praxis vor. Im Hintergrund stand dabei die Frage: Sind Pitches noch zeitgemäß, und welche neuen Trends und Entwicklungen gibt es?
Den Versuch, die gewohnten Bahnen aufzubrechen, hat man bei der Österreichischen Post gewagt. „Wir haben das Pitch-Setup an den Mediahaus-Gedanken angelehnt, die vernetzte Arbeitsweise braucht auch ein anderes Agentur-Setup. Wir haben deshalb den Agenturen die freie Wahl gestellt, sich in Gruppen aufzustellen, die alles, was wir brauchen, abdecken können”, erläutert Manuela Bruck, die die Unternehmenskommunikation der Post leitet. Auf Auftraggeberseite waren in die Vorbereitungen und die Durchführung ebenfalls mehrere Abteilungen eingebunden, man habe im Grunde, so Bruck, vier Pitches in einen zusammengefasst. Im weiteren Verlauf hat man fünf Agenturgruppen in die engere Auswahl genommen und in Workshops den Konzern und die Anforderungen vorgestellt. „Wir wollten kein klassisches Briefing, sondern haben uns Zeit genommen, um weniger abstrakte Präsentation zu bekommen”, schließt Bruck.

Braucht es die Lead-Agentur?

Der so aufgesetzte Prozess führt auch dazu, die Rolle der Lead-Agentur neu zu denken und die Egalität und Zusammenarbeit zwischen den Agenturen ins Zentrum zu rücken. Tanja Sourek, VP Brand Communications Magenta, sieht das differenziert: „Ich glaube, dass es in Richtung Allianz gehen wird, weil die Disziplinen zur Steuerung von Kommunikation und Strategie viel mehr werden. Das gilt auf der Ebene der Zusammenarbeit, das muss aber nicht für den Pitch-Modus gelten.”

Ob sich der Modus der Österreichischen Post also letztlich bewähren wird, kann erst rückblickend beurteilt werden. Den Ablauf dieses konkreten Pitches beurteilt Sebastian Bayer, Vizepräsident der IAA und dort verantwortlich für die Pitch Charta, jedenfalls als gelungen: „Ich habe den Pitch sehr positiv wahrgenommen, weil ich das Gefühl hatte, dass sich dabei jemand etwas überlegt hat.”

Die Pitch Charta selbst gibt Empfehlung, die zu einer konstruktiven Pitch-Kultur für alle Beteiligten führen soll. Dabei geht es um Grundlegendes, etwa die Anzahl der eingeladenen Agenturen zu begrenzen, sich Zeit für die Präsentationen zu nehmen und das Investment der Agenturen anzuerkennen, also Abstandshonorare zu bezahlen.

Angst vor dem Vergaberecht

Auch Jürgen Bauer, Fachgruppenobmann Werbung und Marktkommunikation der WKW, begrüßt die Initiative der Pitch Charta, vor allem, weil sie das Wichtigste kurz und prägnant auf den Punkt bringe. Gerade bei komplexen Ausschreibungverfahren sieht Bauer oft die Angst regieren: „Es ist heute teilweise leichter, eine Flugbahn zu berechnen, als bei einer Ausschreibung mitzumachen.” Das führe dazu, dass gute Auftragnehmer auf der Strecke bleiben.

Gerade bei Ausschreibungen, die dem Vergaberecht unterliegen, herrscht oft Frust ob der überbordenden Formalitäten. Ein Zustand, der so nicht sein müsste. Rechtsanwalt Martin Schiefer ist spezialisiert aufs Vergaberecht und ortet Reformbedarf: „Viele Teil des Vergabegesetzes haben sich über die Jahre angelagert, zu einer Zeit, als niemand wirklich wusste, wie eine Kommunikationskampagne ausgeschrieben werden muss.” Der Fokus auf Compliance habe zudem dazu geführt, dass heute eher juristische anstatt kreativer Anforderungen im Vordergrund stehen. Die Angst sieht er in den meisten Fällen trotzdem als unbegründet. „Angst vor Einspruch muss nur haben, wer etwas verbergen will. Wenn der Prozess transparent aufgesetzt ist und auf Augenhöhe kommuniziert wird, kann ich jeder Agentur erklären, warum sie genommen bzw. nicht genommen wurde”, so Schiefer.
Egal wie ein konkretes Pitchverfahren aufgesetzt ist, jedenfalls verbunden ist damit erheblicher Aufwand, sowohl auf Kunden- als auch auf Agenturenseite. Die oft gängige Praxis, dass spätestens alle drei Jahre neu ausgeschrieben wird, sollte unter diesem Licht zumindest überdacht werden. Das meint jedenfalls Michael Kapfer, CEO GKK MullenLowe: „Die Idee, alle zwei bis drei Jahre Agenturen zu wechseln, ist der größte Fehler. Wenn man sich erfolgreiche Marken in Österreich ansieht, dann erkennt man, dass frühestens nach fünf Jahren gesagt werden kann, ob etwas funktioniert hat oder nicht. Bei schnellem Wechsel kann nie ein kongruentes Markenbild entstehen.” Vor allem die häufig zu engen Anforderungen bieten für Kapfer großes Frustpotenzial: „Wenn der Pitch-Prozess so eng gefasst ist, dass außergewöhnliche Ideen bestraft werden, weil sie dann nicht mehr vergleichbar sind, dann enden wir damit, dass wir nur mehr Malübungen machen.” Dass so eng definierte Prozesse dann häufig dieselben Kreativideen produzieren, liegt in der Natur der Sache.
Die ÖMG-Online-Diskussion zeigte sehr deutlich die verschiedenen Sichtweisen von Auftraggeber- und -nehmerseite, wenn es um das Thema Pitch geht.
Neben Unterschieden wurden auch Gemeinsamkeiten, etwa der Wunsch nach einer Vereinfachung der Verfahren, deutlich. Die Pitch Charta der IAA könnte eines der Instrumente sein, die den Status quo zumindest ein Stück weit verbessert.
Oder wie Bayer zusammenfasst: „Wir wollen eine breitest mögliche Plattform für ein gemeinsames Verständnis von Qualität schaffen.”

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