Wir brauchen euch, weil ihr uns braucht

WIEN. Aus dem Staunen kommen die interessierte Medienbeobachterin und der Demokratie-Fan gerade nicht heraus.
Einerseits erscheint eine neue Media-Analyse, die den heimischen Medienunternehmen verlegerischer Herkunft hervorragende Zahlen bescheinigt. 50% der Menschen über 14 lesen täglich Zeitung, über 60% sind es unter Einbeziehung der Websites. Das ist fast unverändert zum Vorjahr und ein sensationelles Ergebnis. Es zeigt die hohe Akzeptanz und Zugkraft des heimischen Journalismus in Zeiten von … Sie wissen schon.

Umsatzkrise in Print, TV, Radio
Andererseits sind alle klassischen Medien in einer veritablen Umsatzkrise: Die Werbeumsätze als eine der wichtigsten Säulen brechen dramatisch ein. Big Tech-Plattformen saugen mehr als die Hälfte der heimischen Medienbudgets ab. Die Bundesregierung streicht 80% ihrer Inseratenaufträge im Vergleich zum Vorjahr. Große österreichische Unternehmen sind plötzlich der Meinung, dass Print, TV und Radio nicht mehr gut (genug) für Werbung sind; vielmehr ließe sich auch auf TikTok Markenbildung betreiben.

Das Ergebnis?
„Auf dem Weg zur Verzwergung“ sei der heimischen Medienmarkt, konstatiert ein Branchenmedium, die „Hiobsbotschaften würden nicht abreißen“. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von heimischen Medienunternehmen werden im Dutzend gekündigt. Die Medienvielfalt ist akut bedroht. Kritische, zugewandte und geneigte Leser werden fragen: Echt jetzt? Warum ist das so? Da stimmt doch was nicht! Und recht haben sie. Wie kann es sein, dass in einer gefestigten Demokratie mit einem funktionierenden Netz aus journalistischen Medien diese Vielfalt verloren zu gehen droht? Wie kann es sein, dass die Politik, allen voran die Bundesregierung, Medien den gleichen Sparmaßnahmen unterwirft wie vielen anderen Wirtschaftsbereichen?

In der Verantwortung …
Die Bundesregierung hat nicht nur die Verantwortung für ein ordentliches Budget und Einsparungen, die dazu führen. Sie hat auch (und vor allem) die Verantwortung für den Erhalt unserer Demokratie, und dazu braucht es unabhängige, freie Medien mit kritischen Journalistinnen und Journalisten.  Unsere großen heimischen Unternehmen haben nicht nur die Verantwortung ihren Shareholdern gegenüber, ordentliche Gewinne zu machen. Sie haben auch für den Erhalt der Umgebung zu sorgen, in der ihre Unternehmen weiter gedeihen können. Und dazu braucht es eine funktionierende Demokratie mit freiem, unabhängigem Journalismus. Liebe Bundesregierung, verehrte Werbetreibende: Wir brauchen euch, weil ihr uns braucht.

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