••• Von Paul Hafner
Morgen, am 22. Oktober, begehen Österreichs Schaumweinproduzenten den Tag des österreichischen Sekts – und das zum bereits 14. Mal. 2009 auf den Weg gebracht hat den Festtag, dem heuer erstmals das neue Veranstaltungsformat „It’s Sekt O’Clock!” in der Wiener Hofburg vorausging, die Sektkellerei Schlumberger, welche an der Geschichte des österreichischen Sekts bis heute federführend mitschreibt; besonders in Person ihres Geschäftsführers Benedikt Zacherl, der 2015 maßgeblich an der Einführung der österreichischen Sektpyramide beteiligt war und seit dem heurigen Februar den Vorsitz im Sektkomitee innehat – und in dieser Position (gemeinsam mit seinem Vorgänger Hebert Jagersberger, ebenfalls aus dem Haus Schlumberger) die Neupositionierung des „Österreichischen Sekts” als „Sekt Austria” (samt Verschärfung der Qualitatsansprüche) in die Wege leitete.
Im Gespräch mit medianet blickt Zacherl freimütig auf seine ersten knapp drei Jahre als Geschäftsführer von Österreichs ältestem Sekthaus zurück – und spricht darüber hinaus über aktuelle Herausforderungen, Unternehmenskultur und Preisverhandlungen.
Mit „blauem Auge” durch 2020
Nach zwei längeren Stationen bei internationalen FMCG-Konzernen kam Zacherl 2008 zu Schlumberger, wo der Jurist verschiedene leitende Positionen – u.a. in der Kommunikation sowie als Geschäftsführer Gastronomie bei der Vertriebstochter Top Spirit – durchlief, ehe er mit 1. Jänner 2020 die Geschäftsführung von Schlumberger übernahm.
Statt dem sprudelnden Auftakt neuerlicher „Roaring Twenties” war Zacherl und seiner Belegschaft der Sprung ins kalte Wasser beschieden – und obwohl man „auf Homeoffice vorher wahrlich nicht vorbereitet” gewesen sei und dieses vielen Mitarbeitern (etwa in Kundenservice und Auftragsannahme) „unvorstellbar” erschienen sei, habe die „praktisch übers Wochenende” erfolgte Umorganisation letztlich „durchgängig sehr, sehr gut funktioniert” – nicht zuletzt, weil das Team einen „überdurchschnittlich hohen Einsatz geleistet und enormen Zusammenhalt” bewiesen habe.
Durch das plötzliche Wegbrechen von Gastronomie und Export – „zwei unserer drei Standbeine” – habe man als einzige Maßnahme im April 2020 drei Monate Kurzarbeit beantragt, am Ende des Jahres stand ein Umsatzminus von rund 20% zu Buche: „Wir haben ordentlich eingebüßt, sind aber insgesamt mit einem blauen Auge davon gekommen”, so Zacherl.
Aufbruchsstimmung 2021
Ganz anders das Folgejahr: Obwohl Gastronomie und Hotellerie geschlossen hielten und die Ballsaison ausfiel, legte man ein starkes erstes Quartal hin: „Zum einen hat da schon im Export die eine oder andere Umstellung gegriffen, zum anderen hat auch der Handel wirklich gut performt.”
Nach der „Lockdown-Paralyse 2020” sei 2021 von dem Bedürfnis geprägt gewesen, „sich – angesichts der geschlossenen Gastronomie und der Unmöglichkeit, zu verreisen – eben daheim etwas zu gönnen. Das hat sich ja nicht nur im Schaumweinbereich, sondern auch in vielen anderen Kategorien gezeigt.”
Hervorzuheben ist die Performance der Marke Schlumberger: 1,5 Mio. verkaufte Flaschen (bzw. 1,1 Mio. l) sorgten für ein „historisches All-Time-High”; mit Wachstumsraten von rund 20% sowohl für Schlumberger als auch für die klassische Handelsmarke Hochriegl avancierte man zum Markttreiber und überflügelte dessen Wachstum (rd. 15%) sogar noch deutlich; am Ende stand für den Sekthersteller allen pandemiebedingten Einschränkungen zum Trotz ein „deutliches zweistelliges Umsatzplus”.
Was bringt das vierte Quartal?
Auch das heurige Jahr startete geradezu phänomenal: Dank Gastro-Comeback (+192%) und gleichzeitig anhaltend starker Umsätze im Handel (+3%) lag man im ersten Quartal bei den Gesamtabsatzzahlen weit über dem Vorjahr. „Wir haben uns gesagt: Das wird unser Jahr”, so Zacherl rückblickend. „Dann kamen die ganzen Verwerfungen – von der Logistik, über die Lieferketten, Inflation, Energiepreisexplosion.”
Mit Blick auf die ersten neun Monate resümiert Zacherl, dass man „trotzdem noch gut unterwegs” sei; man habe sich besonders dank des Gastro-Comebacks positiv weiterentwickeln können und liege nun satte 31% über dem Vorjahreszeitraum (Q1–Q3).Der Wermutstropfen: „Wir sehen schon, dass die Kurve jetzt deutlich abflacht – und das letzte Quartal ist bei uns nun einmal entscheidend, wir machen hier 45 bis 50 Prozent unseres Jahresumsatzes”, warnt Zacherl vor übermäßiger Euphorie, ist aber gleichzeitig „dennoch überzeugt, dass wir 2022 ordentlich abschließen werden”.
180 Jahre Schlumberger
Aufwind und Optimismus für die vor der Tür stehende Hochsaison des Sekts beschert Schlumberger die Resonanz für seine multimediale Jubiläumskampagne „180 Jahre Schlumberger”, die unter dem Schlagwort „Gönnung” steht. „Diese Begrifflichkeit, die ja so kein klassisches Wort ist – da schaut jeder zweimal hin, das löst etwas aus. Ich bin überzeugt, dass wir damit eine starke Werbewirkung erzeugen.”
Dafür sorge nicht nur die Breite an Touchpoints, sondern auch die begleitende „Sparkling Brunch”-Tour in ganz Österreich, die sich großer Nachfrage erfreue. „Unsere Idee war, mit der Sparkling-Brunch-Tour unser Jubiläum und das Thema ,Gönnung' in die Bundesländer zu bringen – und eben in die Gastronomie, wo die Marke Schlumberger ja traditionell stark ist. Wir wissen natürlich, dass auch die Gastronomie vor enormen Herausforderungen steht, und wollten auch hier etwas in die Wege leiten.”
Sekt nicht nur beim Feiern
Gleichzeitig soll die Besetzung des Brunch-Themas – ähnlich wie der im Frühling veranstaltete „Sparkling Spring”, der im Zeichen der Trendkategorie Rosé steht – auch dazu beitragen, den Sekt weg vom reinen feierlichen Anlassgetränk zu bekommen und ihm zu mehr Alltagstauglichkeit zu verhelfen: „Da ist uns mit unterschiedlichsten Maßnahmen schon sehr viel gelungen, und wir wollen hier weiter anknüpfen. Wenn wir an verschiedenen Stellen übers Jahr verteilt Schaumwein und insbesondere Sekt forcieren, wenn es uns gelingt – und mit uns meine ich die österreichischen Sekthersteller generell –, diese gesamte Kategorie größer und breiter und da und dort attraktiver zu machen, dann können wir hier noch viel bewegen.”
Neues Unternehmensleitbild
Viel bewegen möchte Zacherl auch nach innen: „Wir haben im Haus in den letzten zwölf Monaten intensiv an einem neuen Unternehmensleitbild gearbeitet”, erzählt der Geschäftsführer. Es werde „künftig entscheidend sein, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht nur zu halten, sondern auch gute neue Mitarbeiter anzuziehen. Wir steuern langsam darauf zu, dass sich nicht mehr der Mitarbeiter beim Unternehmen, sondern das Unternehmen beim Mitarbeiter bewirbt.” Passend zum Portfolio, aber auch zur aktuellen Zeit, wolle man „die erste Wahl für Genussmomente und Lebensfreude” sein. „Das beschreibt nicht nur gekonnt, wofür wir im Hause Schlumberger stehen, sondern treibt uns und unser Handeln tagtäglich an”. Werte wie „Teamplay, Verantwortung, Offenheit und Qualität” seien heute wichtiger denn je und „bieten einen authentischen Rahmen dafür, wie wir im Unternehmen miteinander umgehen”.
Heikle Preisfragen
„Die große Challenge, die vor uns liegt, ist 2023, aus den allseits bekannten Gründen”, macht sich Zacherl auf ein weiteres herausforderndes Jahr gefasst – und spricht damit insbesondere das heikle Thema Preisverhandlungen an: „Ich bin mir der Verantwortung bewusst, die wir als Haus zu tragen haben, sprich: die Kostensteigerungen so gut es geht abzufedern. Aber wenn ich mir ansehe, in welcher Breite und Höhe diese Kostensteigerungen auf uns zukommen, ist klar, dass das nicht alles im Haus ,verdaut' werden kann.”
Die Zielsetzung sei, gemeinsam mit den Partnern in Handel und Gastronomie, Kostensteigerungen „möglichst transparent darzulegen”; Preiserhöhungen seien unvermeidlich. „Da hoffe ich dann schon, dass wir – auch als österreichisches Unternehmen, wo die Wertschöpfung und die Arbeitsplätze in Österreich sind – auch auf Verständnis stoßen”, so Zacherl.
Man habe nach wie vor eine „gute und faire Partnerschaft mit Handel und Gastronomie”, was aber nicht heiße, dass nicht auch „sehr hart verhandelt” werde, „das liegt in der Natur der Sache”. Wichtig ist Zacherl, der von Preissteigerungen um die zehn Prozent ausgeht, dass „auf Augenhöhe und lösungsorientiert” verhandelt werde – manchmal finde man eben nicht zusammen, „dann muss und darf man aber auch nicht gleich die ganze Partnerschaft infrage stellen”. Entschiedener Nachsatz: „Ich bin aber guter Dinge, dass wir, aufgrund unserer guten Gesprächsbasis, für sehr vieles Lösungen finden werden.”