„Wucherkonditionen”
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Uneinigkeit Beim Thema Digitalradio ist nun ein Streit zwischen dem Verein „Digitalradio Österreich” und der AKM entbrannt.
MARKETING & MEDIA Gianna schöneich 16.06.2017

„Wucherkonditionen”

Der Verein Digitalradio Österreich und die Verwertungsgesellschaft AKM sind uneins – eine Diskussion in Aussendungen.

••• Von Gianna Schöneich

WIEN. Das bundesweite Digitalradioprojekt sorgt momentan für Aufruhr.

Seit 2015 wird in Wien ein Testbetrieb durchgeführt; seit 28. Mai 2015 ist in Wien der Empfang von Digitalradio im System DAB+ möglich. Die ORS ist Lizenzinhaber und betreibt in Partnerschaft mit dem „Verein Digitalradio Österreich” den Multiplex für das Programmbouquet und zwei Senderstandorte in Wien. Ein Regelbetrieb wird 2018 erwartet.

„Absurd” hohe Forderungen

Nun erklärte der Verein Digitalradio in einer öffentlichen Stellungnahme, die Verwertungsgesellschaft AKM verlange von den elf Hörfunkveranstaltern, die an dem genannten Digitalradioprojekt teilnehmen, zu Beginn des Sendestarts Mindestentgelte von insgesamt rund zwei Mio. € jährlich und nach Erreichen der Ausbauphase vier rund fünf Mio. €. Demgegenüber einigten sich die Hörfunkveranstalter kürzlich mit der die Künstler und Tonträgerhersteller vertretenden LSG auf einen neuen ­Tarif, der – berechnet für elf Sender – jährlich 66.000 € beträgt.

Somit fordere die AK das 30- bis 75-Fache des Tarifs der LSG.
Begründet würde diese „absurd” hohe Forderung damit, dass, solange der Urheberrechtssenat noch nicht über neue Satzungen und Tarife entschieden hat, jene Tarife begehrt werden, die für analoge Privatradios gelten.
„Dieser Ansatz ist absurd, weil jeder Haushalt in Österreich über mindestens ein Radio verfügt, während Digitalradios noch nicht stark verbreitet sind. Durch die Forderung der AKM droht nun eine Verzögerung des Starts von Digitalradio um mindestens ein Jahr”, beklagt Matthias Gerwinat, Geschäftsführer des Vereins Digitalradio Österreich.

Anzeige wegen „Geldwucher”

In der Aussendung heißt es außerdem: „Digital-Rechtsanwalt Michael Krüger bastelt bereits an einer Strafanzeige gegen die Verantwortlichen der AKM wegen des Verdachts auf Geld­wucher und an einer Anzeige bei der Bundeswettbewerbs­behörde.”

Nun reagierte auch der AKM und antwortet ebenfalls mit einer Stellungnahme: man sei immer an konstruktiven Lösungen interessiert, auch im Falle des DAB+ Regelbetriebs. Man ist überzeugt, dass es eine Lösung gäbe, hätte man nur rechtzeitig mit der AKM gesprochen. Diese beklagt sich nun, dass niemand auf sie zugekommen sei. So habe sich auch nicht die gesetzlich zuständige Interessensvertretung, der Fachverband für Telekommunikation und Rundfunk­unternehmungen der Wirtschaftskammer Österreich, mit der AKM in Verbindung gesetzt, um über eine Lösung im Vorfeld zu sprechen.

Einengungen der AKM

In der Ausschreibung heißt es weiter: „Der nun vorhandene Zeitdruck angesichts des Endes der Ausschreibungsfrist ist daher dem Verein Digitalradio ­Österreich selbst zuzuschreiben, der rechtzeitig seine Interessenvertretung, den Fachverband, ersuchen hätte müssen, mit der AKM Gespräche aufzunehmen. Die AKM hätte sich einem solchen Austausch gewiss nicht verwehrt.”

Hinzukomme, dass die kommerziellen Privatradios über ihren Fachverband selbst Gerichtsverfahren vor dem Urheberrechtssenat über den geltenden Gesamtvertrag (und dessen Tarife) begonnen hätten, was, solange dieses Satzungsverfahren andauert, „naturgemäß” den Gestaltungsspielraum der AKM einengt.
Aufgrund einer Reihe offener Fragen zum genauen Umfang der geplanten Nutzungen und der konkreten Marktsituation sowie angesichts des anhängigen Verfahrens, in dem es ja auch um die Frage des DAB+-Tarifs geht, ist ein Austausch jedenfalls erforderlich.
Die AKM wäre außerdem bereit, interimistische Bewilligungen ohne Präjudiz für das Satzungsverfahren zu erteilen, sodass die betroffenen Sender sofort den Betrieb des DAB+ Formates aufnehmen können.


Informationen rund um die Thematik online unter:

www.worlddab.org/country-information/austria
www.digitalradio-oesterreich.com

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