Das Maß aller elektrischen Dinge
© Reinhard Krémer
Alles was … … Flügel hat – nein, fliegen kann das Model X nicht, auch wenn die Beschleunigung das einen glauben machen könnte …
MOBILITY BUSINESS Redaktion 31.10.2019

Das Maß aller elektrischen Dinge

Tesla gibt noch immer vor, wie man Elektroautos baut. Das Flaggschiff Model X weckt Begierden.

••• Von Reinhard Krémer

WIEN. „Tesla Model X”, sagte der ungarische Installateur ehrfürchtig und setzte nach: „Uj?” Das war kein fragender Laut der Überraschung; der Mann wollte vielmehr wissen, ob das elegante Fahrzeug denn neu wäre.

Ja, das war es – die freundlichen Mitarbeiter von Elon Musk hatten uns einen X 100 mit Allradantrieb zum Testen anvertraut. Keine 1.500 Kilometer hatte er am Zähler, den man wie so gut alle anderen Funktionen wie Autopilot, Fahrmodi, automatisches Abblendlicht und vieles mehr am Tesla-typischen, riesigen Bildschirm in der Mitte der Konsole abrufen kann.
Dass das kalifornische Unternehmen, das von Kritikern in regelmäßigen Abständen totgesagt wird, noch immer der Maßstab bei Elektroautos ist, zeigen nicht nur zahllose Vergleichstests, sondern auch die tägliche Praxis: Wer einmal einen Tesla gefahren ist, wird sich nur zähneknirschend mit etwas anderem abfinden wollen.
Auch das Model X ist mit seiner Länge von mehr als fünf Metern sogar im dichten Stadtverkehr überraschend locker zu bewegen; zahllose Sensoren helfen dabei.

Orbáns Holperpiste

Überland erfreut nicht nur die unglaubliche Kraft beim Beschleunigen – die Fahrmodi lassen sich hier von „Komfort” bis „von Sinnen” (in dieser Einstellung liefert der X mit 611 PS eine Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 2,9 Sekunden; das haben wir vorsichtshalber nicht getestet) einstellen –, auch das großzügige Raumgefühl und das ruhige Gleiten machen so auch lange Fahrten zum Genuss.

Sogar die ungarische Autobahn, die bei Budapest zur Holperpiste mutiert, gereicht mit dem Model X zur Freude – die Luftfederung bügelt die Löcher einfach weg. Und dann ist da natürlich der Autopilot, der einem einen Großteil der Arbeit beim Fahren abnimmt.

Platz, Platz, Platz!

Der „kleine” Kofferraum vorn, wo man bequem die täglichen Einkäufe verstauen kann, ließ nicht nur viele Magyaren staunen, aber als sich dann noch die Flügeltüren öffneten – nein, Sie streifen niemals an, niemals, weder oben noch seitlich, Sensoren verhindern das – klappten allerorten die Kinnladen runter.

Besonders die Passagiere in der dritten Sitzreihe schätzten den Komfort. Der Kofferraum am Heck ist auch in der sechssitzigen Version mehr als üppig – eine gewaltige Vertiefung unter einer Abdeckung sorgt dafür.
Wer mehr Platz braucht, kann die letzten beiden Sitze bequem wegklappen. Wir haben den Wagen pro Strecke einmal schnell geladen; es war erstaunlich, wie rasch der Supercharger die 100 kWh-Batterie anfüllt – keine 30 Minuten dauerte der Vorgang.
Für zu Hause empfiehlt sich eine Wallbox mit normalem Haus-Starkstrom (11 kW), die selbst die 100 kWh-Batterie dann in unter zehn Stunden und somit über Nacht vollständig lädt. Die Reichweite von 505 km nach der neuen WLTP-Norm erreichten wir nicht ganz; aber 450 km waren es allemal. Das reicht mehr als bequem von einem der rund 500 Supercharger- Standorte in Europa bis zum nächsten.
Was der X sonst noch kann? Nun, man könnte ihm einen Anhänger mit über zwei Tonnen Last verpassen – aber wer wollte das schon?

Weh tut nur der Preis …

Man kann sich an der Tesla-App zum Buchen von Service-Terminen, Aufspielen von Software-Updates, Hochladen von Routen, Vorklimatisierung, Sicherheitsfunktionen oder dem Überprüfen des Ladevorgangs delektieren.

Was uns am Tesla X störte? Dass wir ihn wieder zurückgeben mussten. Warum der Autor dieser Zeilen dann noch keinen X vor seiner Tür stehen hat? Nun, das liegt einzig und allein am Preis: Der beginnt bei 92.700 €. Technik „State of the Art” ist halt nicht umsonst …

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