„Eine gute Auswahl war uns immer wichtig”
© Denzel
MOBILITY BUSINESS Redaktion 27.09.2024

„Eine gute Auswahl war uns immer wichtig”

CEO Gregor Strassl (r.) und CBDO & CDO Hansjörg Mayr über 90 Jahre Denzel und den Automarkt der Zukunft.

••• Von Oliver Jonke

Nicht viele heimische Unternehmen blicken auf eine 90 Jahre lange Erfolgsgeschichte zurück. Die Wolfgang Denzel Auto AG gilt jedoch als Musterbeispiel dafür, wie es ein mittelständisches Unternehmen sogar im österreichischen automotiven Sektor schaffen kann. Denzel hat fast die gesamte Mobilitätsgeschichte im Automobilbereich mitgemacht. CEO Gregor Strassl und Hansjörg Mayr (CBDO & CDO) gehen im ausführlichen Interview mit medianet-Herausgeber Oliver Jonke auf die wichtigsten Meilensteine ein, geben einen Ausblick auf die automobile Zukunft und erzählen darüber, welche Weichen sie dafür bereits gestellt haben.


medianet:
Herr Strassl, lassen Sie uns zu Beginn 90 Jahre zurückblicken, zu den Anfängen Ihres Unternehmens …
Gregor Strassl: Begonnen hat es 1934 mit der Gründung durch den erfolgreichen Motorsportler Wolfgang Denzel und bald darauf mit einem Vertrag mit BMW. In weiterer Folge kam Wachstum mit zusätzlichen Standorten und eine Ausweitung unserer Markenvielfalt. Eine starke Entwicklung gab es bei unseren Importaktivitäten. Seit 1978 Mitsubishi, seit Anfang der 90er-Jahre dann Hyundai und jetzt, seit 2020, mit Marken aus China. Wir sind mittlerweile auch im Reifengeschäft eine wirklich große Nummer geworden. Letztes Jahr haben wir erstmalig mit 1.300 Beschäftigten mehr als eine Milliarde Euro Umsatz erreicht.

medianet:
Sie richten Ihre Managemententscheidungen auf die Prinzipien Efficiency, Innovation und Speed aus. Wie kam es dazu?
Hansjörg Mayr: Europa hat sich das Ziel gesetzt, bis 2050 klimaneutral zu sein, und das heißt, die Mobilität muss sich neu erfinden. Eine Transformation dieser Dimension braucht Innovation, Effizienz und Geschwindigkeit. Effizienz ist die Voraussetzung für wirtschaftliches Überleben. Innovation braucht man, um die laufend steigenden Kundenerwartungen noch besser zu erfüllen, und Geschwindigkeit ist letztlich dafür verantwortlich, dass man schneller ist als andere und damit die Nase vorn hat.
Strassl: Wir haben eine zehn Jahres Strategie, die wir laufend überprüfen und gegebenenfalls anpassen. Der Pioniergeist unseres Gründers ist uns dabei immer ein wichtiger Kompass, um die Zukunft richtig einzuschätzen und unsere nächsten Schritte sorgfältig abzuwägen. Beim Fahrzeugimport haben wir uns zum Spezialisten für Asien entwickelt und die erste Welle aus Japan, die zweite aus Südkorea und jetzt die dritte Welle aus China langfristig verfolgt und aufgegriffen.

medianet:
Die Zulassungen kommen nicht mehr an das VorCorona-Niveau von ca. 330.000 Autos heran. Welche Auswirkungen hat das auf den Marktanteil der Denzel Gruppe?
Mayr: Wir rechnen damit, dass sich der Markt bei ca. 250.000 einpendelt, bei einem sinkenden Gesamtbestand von aktuell fünf Millionen Fahrzeugen. Wir sehen Wachstumspotenzial durch den unaufhaltsam steigenden Anteil der elektrifizierten Fahrzeuge, selbst wenn es nicht mehr ganz in der Geschwindigkeit weitergeht wie bis Ende 2023. Die Zukunft der Mobilität im ländlichen Bereich wird weiterhin stark auf dem Automobil basieren, aber diese individuelle Mobilität muss immer leistbar bleiben, daher haben wir Marken ins Portfolio geholt, die einerseits helfen, unsere CO2-Ziele zu erreichen und andererseits für unsere Kunden leistbar sind …

medianet:
… zum Beispiel MG, Maxus, BYD, Marken aus China. Wie werden sich die Strafzölle auswirken?
Strassl: Ende Oktober werden wir wissen, ob tatsächlich mindestens 65 Prozent der europäischen Bevölkerung dafür plädieren. Wir sind der Meinung, dass Protektionismus nie eine Lösung sein kann und dass Wettbewerb in der Summe gesehen immer positiv und stimulierend ist, während Abschottung immer auch eine Gegenreaktion nach sich zieht. Ob die Autoindustrie in Europa sich ein Wegbrechen des größten Automobilmarkts China leisten kann? VW, BMW oder Mercedes haben da ihre Zweifel. Skurril wird es auch, wenn heimische Kunden sich für eine europäische Marke entscheiden, die aber in China produziert, und nun mit Mehrkosten bestraft werden. Mit diesen Strafzöllen wird verhindert, dass Elektroautos gekauft werden.

medianet:
Stichwort knappe Margen – wie muss ein Autohaus heute aufgestellt sein, um die Zukunft gut zu meistern?
Strassl: Sie haben recht, die Margen sind knapp, besonders jetzt, wo die Zinsen hoch sind. Die Umsatzrendite ist sehr gering, bei hohem Kapitalbedarf. Wir sehen unsere Lager- sowie das Finanz- und Cash Management als wichtige Priorität, um flexibel und wandlungsfähig zu bleiben. Wenn man bei geringen Margen einen zu schweren Rucksack tragen muss in Form von Zins- und Lagerkosten, dann kann es schnell sehr kritisch werden.
Mayr: Zentrales Asset ist eine qualitativ hochwertige, motivierte Mannschaft, die gerne bei uns ist. Daher ist das Motto für unseren Mitarbeiter-Event ‚Pioneers Party': ‚Es ist nicht der Vorstand, der Erfolg sicherstellt, sondern immer das gesamte Team'. Wir verstehen uns als Getriebe, wo ein Rad ins nächste greift und die gesamte Belegschaft einen wichtigen Teil zum Erfolg beitragen kann.

medianet:
Stichwort Antrieb – was wird sich durchsetzen?
Strassl: Wir sind als Unternehmen grundsätzlich technolgie-offen, rechnen aber eindeutig damit, dass sich die elektrifizierten Fahrzeuge durchsetzen werden. Das ist nur eine Frage der Zeit. In Norwegen werden schon über 90 Prozent der Fahrzeuge vollelektrisch gekauft. Am Weg dorthin gibt es noch den Voll-Hybrid oder Plug-in-Hybrid, für Leute, die sich noch nicht sicher sind oder erst daran gewöhnen müssen. Auch Wasserstoff wird in Zukunft eine Rolle spielen, wenn es genug günstige Elektrizität für die Wasserstoffproduktion gibt. Eine ähnliche Chance sehen wir auch in synthetischen Kraftstoffen, die insbesondere für den Fahrzeugbestand gute Dienste leisten könnten.
Mayr: Die Begeisterung für das Elektroauto entflammt fast immer voll, wenn einmal eine Probefahrt absolviert wurde. Die Reichweiten werden größer, der Elektroantrieb skaliert aufgrund der Zunahme der Stückzahl und aufgrund der neuen Technologien. Es vergeht kein Monat, wo nicht ein neuer Innovationsfortschritt im Bereich der batterieelektrischen Produktion vermeldet wird. Und parallel dazu wird die Produktion von fossilen Verbrennungsmotoren durch die Umweltauflagen immer teurer. Bald wird das Elektroauto somit günstiger sein und die Infrastruktur so gut ausgebaut sein, dass es keine offenen Fragen mehr gibt …

medianet:
Welche Wünsche adressieren Sie als Vertreter eines mittelständischen Musterunternehmens an die kommende Regierung?
Strassl: Beschäftigungspolitik mit Maß und Ziel, das heißt das Lohnniveau muss im Einklang zum Markt sein, also die durch Lohnerhöhungen verursachten Preissteigerungen müssen für Kunden noch akzeptabel sein können.
Mayr: Wir haben in Österreich ein Ausgabenproblem und kein Einnahmenproblem. Wir erwarten von der neuen Regierung, dass mit unserem Steuergeld effizient und sorgfältig umgegangen wird und es nicht in der Bürokratie versenkt wird. Außerdem: Die individuelle Mobilität muss jedenfalls auch in Zukunft leistbar bleiben. Wenn man die CO2-Ziele ernst nimmt, wird es ohne Förderungen für Elekromobilität nicht gehen.

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