WIEN. Der ORF-Finanzplan für 2016 sieht trotz kostenintensiver Programmereignisse wie der Fußball-EM in Frankreich, der Olympischen Sommerspiele in Rio de Janeiro sowie des neuen ORF-Frühfernsehens ein „ausgeglichenes Ergebnis und eine schwarze Null” vor. Dies erklärte ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz Montagmittag bei einem gemeinsamen Hintergrundgespräch mit Richard Grasl, dem kaufmännischen Direktor des ORF.
Olympia und EM statt ESC
Für Wrabetz, der vor seiner Funktion als ORF-Generaldirektor etliche Jahre selbst für die kaufmännischen Agenden zuständig war, ist es bereits das 18. ORF-Budget, für Finanzdirektor Richard Grasl das sechste und „eines der herausforderndsten der vergangenen Jahre”, wie der ORF-Finanzchef sagte.
Die Eckdaten: Für 2016, ein Jahr ohne das TV-Großereignis Song Contest, dafür aber mit Olympischen Sommerspielen in Rio, einer Fußball-EM (wegen der österreichischen Beteiligung kostenintensiver als geplant) und einem neuen Frühstücksfernsehen ist im ORF ein Gesamtumsatz von 942,3 Mio. Euro geplant. Das Ergebnis im Konzern (EGT) ist mit 1,6 Mio. Euro (Finanzplan 2015 1,3), das Ergebnis in der ORF-Mutter mit 0,2 Mio. angesetzt.
Leicht steigende Einnahmen
Die Einnahmen aus den Rundfunkgebühren sollen um 0,7% auf 597,6 Mio. Euro steigen, die Werbeerlöse um 0,6% auf 220,3 Mio. Euro.
Ins ORF-Säckl einzahlen soll auch der Verkauf des Funkhauses. Immobilienexperten gehen davon aus, dass die Liegenschaft dem ORF um die 30 Mio. Euro bringen könnte. Das Mindestgebot liegt – festgesetzt durch ein Gutachten – bei 18 Mio. Euro. Mit diesem Preis ist die Immobilie auch ausgeschrieben. „Wir rechnen mit einem Wettbewerb, der den Preis nach oben bringt”, meinte der Kaufmännische Direktor.
Apropos „nach oben”: Die Programmbudgets sollen 2016 laut Grasl steigen. Für das Fernsehen wurden gegenüber dem Finanzplan 2015 insgesamt um 17 Mio. Euro mehr budgetiert, Ausgaben in Höhe von 404 Mio. Euro sind geplant.
Für die ORF-Radios sind 108,4 Mio. Euro vorgesehen, vier Mio. mehr, als im Finanzplan 2015 ursprünglich eingeplant.
Was im heurigen Jahr der Eurovision Song Contest war, sind für das kommende Jahr wieder die sportlichen Großereignisse, die ins Geld gehen werden.
Die Gesamtkosten (Rechte- und Produktionskosten) für die Fußball-EM in Frankreich betragen demnach 16,7 Mio. Euro, für die Olympischen Sommerspiele in Rio sind 11,4 Mio. budgetiert.
Strategische Lücken schließen
Auch das Frühfernsehen, das Ende März starten soll, koste 2016 für Pilotierung und ein dreiviertel Jahr operativen Betriebs rund 10 Mio. Euro. Mit dem Morgenprogramm werde man eine „strategische Lücke” schließen, die Zone 06:00-09:00 „stabil halten” und hier wieder die Marktführerschaft übernehmen, so Wrabetz.
Was die Spartenkanäle betrifft, so werde man u.a. das Budget für ORF III erhöhen.
Insgesamt gehe es, so Wrabetz, um die „Contentführerschaft” bei Information, Sport, Kultur und Unterhaltung und zwar auf allen Ausspielkanälen. „Wir wollen hier weiterhin die meistgenutzte Quelle bleiben.” Und: Für die Filmwirtschaft wolle man ebenfalls ein verlässlicher Partner bleiben. – Die Personalkosten des ORF steigen laut Finanzplan im nächsten Jahr leicht von 360 auf 368 Mio. Euro.
Betrachte man die Budgetierung nach Genres, so Grasl, würden Information und Sport 2016 mehr Mittel erhalten, die Kultur annähernd stabil auf Werten von 2015 bleiben und die Unterhaltung weniger Budget bekommen. Dies hänge auch damit zusammen, dass die Unterhaltung mit dem schon erwähnten Song Contest im Budget 2015 einen großen Posten hatte.
Mehr investiert als geplant
„In Summe haben wir 2015 bis zum heutigen Tag rund 16 Mio. Euro mehr investiert, als wir geplant hatten. So wird es auch im kommenden Jahr wieder sein, daher ist der Vergleich ‚Plan zu Ist' schwierig und nicht gerechtfertigt”, erklärte der Finanzdirektor.
„Wir setzen unseren Kurs der soliden Finanzpolitik fort, setzen aber auch Initiativen im Programm”, fasste Grasl den Budgetentwurf zusammen. Die Belegschaft würde dazu ihren Teil beitragen. „Alle Bereiche des Hauses strecken sich nach der Decke. Wir leisten Gleiches und machen das zum Teil mit weniger Geld. Das ist ein gemeinsamer Kraftakt des Unternehmens”, so Grasl.
ORF-General Wrabetz betonte, dass das ORF-Budget zum fünften Mal in Folge „ohne Gebührenerhöhung auskommt”. Ob die Geschäftsführung 2016 einen Antrag auf Erhöhung der Rundfunkgebühren stellen wird, ließ Wrabetz, der sich im August 2016 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der Wiederwahl als ORF-Generaldirektor stellen wird, offen.
Eine Neufeststellung der ORF-Gebühren muss laut ORF-Gesetz spätestens bis 15. November 2016 erfolgen. Die Höhe der Rundfunkgebühr „kann theoretisch auch gleich bleiben”, so Wrabetz kryptisch. (fej/APA)