Denkzettel Wieder sind Wahlen geschlagen. Wieder ein „Denkzettel” für Rot-Schwarz, wieder ein Herbert Kickl, der sich seit gefühlten 25 Jahren nach so gut wie jeder endgültigen Hochrechnung auf die Schulter klopfen darf, wieder eine Fehleinschätzung der Meinungsforscher, wieder ein politischer Analyst, der darauf hinweist, dass es – nein! – nicht nur „Protest” ist, der die Wähler dazu bewegt, ihr Kreuzchen bei Blau zu machen. Dazu ein Dacapo des Proponenten einer „abgestraften” politischen Gruppierung, der erst vollmundig ankündigt, den Hut zu nehmen, falls die Verluste allzu prestigeraubend ausfallen – und sich dann achselzuckend das neue Hütchen ganz gern wieder aufsetzen möchte … und täglich grüßt das Murmeltier – und fletscht die Zähnchen.
Was nicht passt …
Warum der Wähler ausgerechnet jene Neigungsgruppe so gern in der Landesregierung hätte, die vor gar nicht allzu langer Zeit das Nachbarbundesland Kärnten ökonomisch betrachtet quasi dem Erdboden gleich gemacht hat, das erschließt sich nicht von selbst. Vorrangig ist es das Thema „Ausländer”, heißt es vonseiten der Experten – die stotternde Wirtschaft („die in Brüssel”), der bedrohliche Arbeitsmarkt („lohndumpende Zuzügler”), die zunehmende Gefährdung von Haus, Hof, Leib und Leben („Kriminaltouristen”), die Flüchtlingsströme (eh schon wissen), die radikalisierten Jugendlichen („mit Migrationshintergrund”), die schlechten Pisa-Ergebnisse (ebenso), die steigenden Mieten (die „Russen”) … Was nicht passt, wird passend gemacht. Warum komplexe Zusammenhänge herstellen, wenn es scheinbar einfache Erklärungen gibt? Herrn Kickl dürften die Stabreime für den Wiener Wahlkampf heuer fast ohne sein Zutun aus dem Ärmel fallen.
Wie dem Reiz der einfachen Erklärungen beizukommen ist, das ist wohl die Elferfrage. Die FPÖ in eine Landesregierung einbinden, um zu belegen, dass auch dann nicht Milch und Honig fließen? Hatten wir schon, auf Landes- wie auf Bundesebene. Es war in jedem Fall ein extrem kostspieliges Experiment. Sie auf Teufelkommraus draußen halten? Damit der motivierte Blau-Wähler endlich merkt, dass erst ab der 50-Prozent-Hürde klar Schiff gemacht werden kann? Dem Wahlkampf-Team rund um Michael Häupl möchte man derzeit nicht angehören.