Wie Corona den Büromarkt infiziert
© Philipp Lipiarski
In Wien sollte sich der Büro-Leerstand sogar weiter verringern und dann bei ca. 4,6% stehen, während die Spitzenmiete (in der Innenstadt) stabil bei 25,50 €/m²/Monat bleiben wird.
FINANCENET REAL:ESTATE Redaktion 16.10.2020

Wie Corona den Büromarkt infiziert

Die herausfordernde wirtschaftliche Situation hinterlässt ihre Spuren in den Büros der Bundeshauptstadt.

••• Von Paul Christian Jezek

WIEN. Die Nachfrage nach Büroflächen ist spürbar zurückgegangen, da nach dem Lockdown einige Unternehmen bereits weitgehend fixierte Wachstums- und Umzugspläne vorerst on-hold gestellt haben.

Allerdings schlägt sich die Zurückhaltung in den Marktkennzahlen vorerst noch kaum nieder. So weist der EHL-Büromarktbericht für die ersten drei Quartale eine Vermietungsleistung von immerhin 145.000 m² aus; dieser Wert liegt nur etwa zwölf Prozent unter dem Niveau des Vergleichszeitraums.
Von den ca. 160.000 m² zur Fertigstellung gelangenden Büroflächen sind knapp 75% bereits vermietet, womit auch die Leerstandsrate auf einem konstant niedrigen Niveau bleibt.
Die aktuelle Entwicklung sorgt auch für weiter stabile Mietpreise: Der leichte Anstieg der Monatsdurchschnittsmieten auf 14,80 €/m² im letzten Jahr ist auf die gute Auslastung der hochwertigen und daher auch etwas teureren Neuflächen zurückzuführen.
Die Spitzenmieten an Top-Standorten in der Innenstadt liegen unverändert bei netto 25,50 €/m² im Monat.

Die beiden wichtigsten Trends

„Viele Unternehmen prüfen, wie ihre Bürostrukturen an die geänderten Rahmenbedingen angepasst werden können”, erklärt Stefan Wernhart, Geschäftsführer der EHL Gewerbeimmobilien GmbH. „Tatsächlich umgesetzt werden größere Anpassungen vorerst aber nur vereinzelt. Wir rechnen damit, dass in den nächsten sechs bis neun Monaten einige Büroflächen zurückgestellt bzw. zur Untervermietung angeboten werden.”

Corona werde den Büromarkt sehr wohl spürbar beeinflussen.
„Es zeichnen sich zwei Trends ab, die sich quantitativ in etwa ausgleichen werden”, meint Wernhart „Einerseits setzt der Einsatz von Remote Working Flächeneinsparungspotenziale durch eine Reduktion der fixen Büroarbeitsplätze frei. Andererseits werden statt Großraumbüros wieder mehr kleinteiligere Strukturen benötigt, um die Abstände zwischen den Schreibtischen zu erhöhen und zusätzliche Kommunikationsflächen zu schaffen, was den Flächenbedarf pro Arbeitsplatz erhöht.”
Auch die geänderte Funktion und Bedeutung von Büros wird den Büromarkt mittel- und langfristig deutlich verändern: „Das Büro der Zukunft ist nicht mehr nur Arbeitsort, sondern wird zunehmend zu einem Ort der Kommunikation und der Identi­fikation”, erklärt Wernhart.
„Dafür werden auch neue Büro­formen und ­Standortqualitäten benötigt werden. Dieser Bedarf wird in den kommenden Jahren zu einem wichtigen Motor der Flächennachfrage werden.”
2020 sollen in Wien insgesamt rund 155.000m² neue Flächen fertiggestellt werden. „Allerdings ist der Großteil – das­selbe gilt für die Fertigstellungen 2021 – bereits vorverwertet”, berichtet Patrick Schild, Head of ­Agency bei CBRE Österreich.
Die spannendsten Projekte, die noch bis Jahresende auf den Markt kommen werden, sind das QBC 1 + 2 (letzte Bauphase) und das Bel & Main. Beide Objekte am Hauptbahnhof weisen gemeinsam mit den Fertigstellungen aus 2021 bereits heute einen Vorverwertungsgrad von rund zwei Dritteln der Flächen auf.

New Work „kommt” intensiver

Laufende und zukünftige Büroprojekte werden zurzeit an die neuen Anforderungen am Arbeitsmarkt angepasst, d.h. Büro­flächen werden kommunikativer und Arbeitsplätze nach New Work-Prinzipien ausgerichtet und gestaltet. Flächen für Kolla­boration und Kommunikation gewinnen stark an Bedeutung, da Büros die kommunikativen und operativen Defizite der räum­lichen Trennung der Mitarbeiter kompensieren müssen.

„Insgesamt gehen wir davon aus, dass sich die Flächen stark verändern werden, die benötigte Bürofläche aber nicht merkbar kleiner wird”, erläutert Schild.

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