Black Friday schiebt das Christkind ordentlich an
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RETAIL Redaktion 06.12.2019

Black Friday schiebt das Christkind ordentlich an

Handelsverband und Wirtschaftsforum rechnen mit einem Plus gegenüber dem Vorjahr.

••• Von Paul Hafner

Handelsverband und Wirtschaftsforum hatten zuletzt trotz schwacher Konjunkturlage ein Ergebnis über dem Vorjahrsniveau prophezeit – erste Trends bekräftigen ihre Vorhersagen: „Wir haben am Black Friday Umsatzzuwächse von 15 bis 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Offenbar war das Christkind heuer schon Ende November sehr fleißig”, so Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbands.

Erfolgreicher Startschuss

Traditionell startet der heimische Einzelhandel mit dem ersten weihnachtlichen Einkaufssamstag ins Weihnachtsgeschäft; mit der stetig zunehmenden Popularität der Sondereinkaufstage Black Friday (am Freitag nach dem US-amerikanischen Erntedankfest, dem vierten Donnerstag im November) und Singles’ Day (11.11.)verlagert sich das Weihnachtsgeschäft bis in den November.

Dadurch, dass viele Händler den Black Friday auf Samstag und (Cyber) Montag oder gar eine ganze „Black Week” ausdehnten, war um den Monatswechsel für viel Frequenz und Umsatz gesorgt. Optimismus bewirken auch eine nach wie vor hohe Beschäftigungsquote sowie eine stabile Konsumnachfrage.
Der Ausblick, den Rainer Will und Wifo-Ökonom Jürgen Bierbaumer-Polly präsentierten, fällt dennoch nur verhalten positiv aus. Neben dem erwähnten „konjunkturellen Schneegestöber” (Rainer Will) sind es vor allem die schwachen Umsätze im Herbst, die für Skepsis sorgen.
Dazu komme, dass klassische Umsatzspitzen im Dezember „in vielen Branchen über die letzten Jahre kontinuierlich abnehmen”, erklärt Will – eine Kehrseite der Sonderaktionstage im November, aber auch mitbedingt durch den „anhaltenden Trend zu Gutscheingeschenken, die erst bei ihrer Einlösung in den Folgemonaten als Umsatz gezählt werden”.
Insgesamt rechnen Handelsverband und Wifo mit einem Nettomehrumsatz von 1,22 Mrd. €, was einem Zuwachs von 1,2% gegenüber dem Vorjahr entsprechen würde. Das Gesamtumsatzvolumen für den Dezember soll sich laut Wifo-Prognosen auf rund 6,4 Mrd. € belaufen.
Auch Bierbaumer-Polly sieht eine „bessere Ausgangslage als 2018” und nennt als weitere Faktoren die Einführung des Familienbonus Plus, die sich abschwächende Inflation und passable Gehaltsabschlüsse als „sehr, sehr positive Rahmenbedingungen” für das Weihnachtsgeschäft.

Geplante Ausgaben

Im Schnitt planen Österreicher laut einer aktuellen Umfrage, 464 € für Geschenke auszugeben, ein leichter Anstieg gegenüber 450 € im Vorjahr. 210 € davon sollen in den Onlinehandel fließen, 254 € im stationären Handel ausgegeben werden (2018: 250 € bzw. 200 €).

Der größte Teil des weihnachtlichen Mehrumsatzes entfällt auf Spielzeug (32%), Parfum/Kosmetik (30%), Bücher (30%) und Süßigkeiten (27%).
Rund elf Prozent der Österreicher geben für Weihnachtsgeschenke kein Geld aus.
Fast drei Viertel der befragten Österreicher (74%) hatten angegeben, zu Black Friday und bzw. oder Cyber Monday in der Rabattschlacht zuschlagen zu wollen, die veranschlagten Ausgaben beliefen sich auf beachtliche 260 € pro Person. Der Gesamtumsatz der beiden Shopping-Tage soll sich auf 100 Mio. € belaufen, wobei insbesondere am Cyber Monday elektronische Geräte einen großen Teil der Ausgaben ausmachen; am Black Friday sind zudem Damendüfte sehr gefragt. Die Topseller an beiden Tagen: Smartphones, Fernseher, Lautsprecher und Notebooks.
Ein hierzulande noch deutlich weniger relevanter Faktor ist der in China stark etablierte Singles’ Day am 11.11. Allein die Onlineplattform Alibaba vermeldete hier einen Umsatz von 34,5 Mrd. € – ein spektakulärer Rekord und ein Plus von 27% gegenüber dem Vorjahr. Doch auch in Europa waren heuer mehr als 200.000 Marken mit an Bord. Es scheint nur mehr eine Frage der Zeit, bis der Tag auch in Österreich an Popularität zulegt: „Auch der heimische Handel arbeitet daran, sich ein Stück des Kuchens zu sichern.”

Jahresprognose: Stagnation

Was das Gesamtjahr 2019 betrifft, rechnen Handelsverband und Wirtschaftsforum mit einem stationären Bruttoumsatz von 72,8 Mrd. € und einem Online-Umsatz von rund 4 Mrd. €.

Die Gesamtjahresprognose von 76,8 Mrd. € bedeutet zwar ein nominelles Wachstum von 1,7%, aber: „Wenn wir von einer Inflationsrate von ebenfalls 1,7 Prozent ausgehen, werden wir heuer im Einzelhandel real keine Umsatzsteigerung erzielen. Problematisch dabei ist, dass die Kostenseite stärker ansteigt, weshalb die Schere weiter aufgeht. Daher kommt dem Weihnachtsgeschäft auch für das Gesamtjahr eine große Bedeutung zu”, so Rainer Will.
Sorgen bereitet dem Handelsverband eine sich verstärkende Marktkonzentration im E-Commerce und ein wachsender Abfluss der Online-Umsätze ins Ausland. Mit 4,1 Mrd. € landen knapp mehr als die Hälfte aller Umsätze im Distanzhandel nicht bei den heimischen Händlern. Will: „Der Auslandsabfluss ist damit allein von 2017 auf 2018 um fast eine halbe Milliarde Euro gewachsen.”

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