Die Besten legen zu, der Rest verharrt
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Die (gehobene) Gastronomie in Einkaufszentren boomt, aber idealerweise sollte ihr Flächenanteil 15 bis 25% nicht übersteigen.
RETAIL Redaktion 06.07.2018

Die Besten legen zu, der Rest verharrt

Laut aktuellem Geschäftsflächenbericht des Immobiliendienstleisters EHL ist in den Einkaufszentren das Survival der Fitten angebrochen.

••• Von Christian Novacek

Die Story hat zwar fast schon einen Bart, aber es entbehrt ihr nicht an Wahrheitsgehalt: Das Shoppen via Internet setzt klassische Einzelhandelsgeschäfte unter Druck. Der äußert sich so: Die Kundenfrequenz sinkt, Leerstände häufen sich. So sieht das jedenfalls Immobiliendienstleister EHL – und dokumentiert es im aktuellen Marktbericht zum ersten Halbjahr 2018.

Vor allem Elektronik, Bücher, Mode und Schuhe werden verstärkt online gekauft. Die Nachfrage nach Einzelhandels­immobilien sinkt demgemäß. Stationäre Geschäfte sind nicht mehr so gefragt wie früher, folgert EHL – und lässt eine markante Ausnahme zu: Die lautet auf absolute Top-Lagen.

Mieten gehen zurück

Irgendwann mag in dieser Entwicklung der Umkehreffekt greifen. Denn die Filialnetze werden zwar verkleinert, aber gleichzeitig gehen die Mieten angesichts der sich abschwächenden Nachfrage zurück.

Neue, in Österreich nahezu unverbrauchte Anbieter wie Non Food-Diskonter Tedi rücken in bessere Lagen nach. Trotzdem gilt: „In den kommenden Jahren werden in Österreich mehr Flächen vom Markt genommen als hinzukommen”, sagt Jörg Bitzer, Leiter der Abteilung Einzelhandelsimmobilien bei EHL.
Parallel dazu verläuft die Verstärkung des Trends in Richtung Online-Shopping. Bei erfolg­reichen Einkaufszentren wird es indes immer wieder Erweiterungen geben – allerdings nur dann, wenn die zusätzlichen Flächen bereits vorab verwertet werden können. „Flächenproduktion ohne umfangreiche Vorverwertungen wird es kaum mehr geben”, ist Bitzer sicher.

Zurückhaltung am Markt

Der Handelsimmobilienmarkt war heuer im ersten Halbjahr dem EHL-Marktbericht zufolge „vor allem von der spürbaren Zurückhaltung von Investoren und Entwicklern” geprägt. Eine spekulative Erweiterung der Shopping Center „kommt de facto nicht mehr vor”.

Derzeit ausgebaut werden etwa das Auhof Center in Wien (von 140 auf 200 Geschäfte) und der Murpark in Graz (um 6.500 m2), der – angekündigt per 22. August – seine „neue Größe zeigen wird”.
In anderen etablierten Einkaufszentren ist man um Attraktivität bemüht: Es wird auf Hochtouren umgebaut und revitalisiert; die besten Beispiele dafür sind die SCS in Vösendorf bei Wien und die Shopping City in Seiersberg bei Graz. Der Wert der architektonischen Gestaltung steigt in beiden Fällen; gleichfalls wird das Gastronomie-Angebot im gehobeneren Segment ausgeweitet. Damit soll die Verweildauer der Besucher in den Malls steigen, um letztlich mit weniger Kunden die Umsätze stabil zu halten.
Die Verschiebung der Flächenanteile hin zu Gastronomie soll in den kommenden Jahren ein bestimmender Faktor bleiben – darin stimmt EHL mit dem Immobiliendienstleister CBRE, der ebenfalls eine Marktperspektive publiziert hat, überein. Mittelfristig erscheint je nach Standort ein Anteil von 15 bis 25% für Gastro-Flächen in Shopping-Malls realistisch.

Neue Player unterwegs

Für Belebung im etwas eingeschlafenen Einzelhandel sorgen derzeit die zahlreichen Markteintritte neuer internationaler Marken: Die holländische Warenhauskette Hema eröffnete heuer einen Shop auf der Wiener Mariahilfer Straße und am Westbahnhof, weitere Filialen in den Bundesländern sind geplant. Auf der Kärntner Straße startete das Feinkostunternehmen Cheese & More. Auf Expansionskurs sind Apple mit dem neuen Flagship-Store auf der Kärntner Straße und die Amsterdamer Modekette Scotch & Soda, deren zweite Wiener Filiale auf der Mariahilfer Straße geplant ist.

Spitzenmieten bis zu 400 € pro Quadratmeter und Monat sind aber an immer weniger Standorten zu berappen – etwa in den von Luxuslabels dominierten Top-Lagen Goldenes Quartier, Kohlmarkt und Graben in der Wiener Innenstadt. In den vier bestbesuchten Wiener Einkaufszentren – SCS, Donauzentrum, Auhof Center und Wien Mitte – blieben die Mieten zuletzt mit 40 bis 120 € pro Quadratmeter und Monat stabil.

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