••• Von Christian Novacek
WIEN. Der Elektronikbranche geht es erstmals seit 2009 – also seit der Finanzkrise – wieder gut: Der Produktionswert erreichte im Vorjahr 13,4 Mrd. €, was für ein Plus von 4,7% steht; 80% der Produktion gehen in den Export. Von den 20% Produktionswert, die im Land bleiben, wird nur ein kleiner Teil im Groß- und Einzelhandel vertrieben – das meiste (90%) sind Produktionsgüter, die über öffentliche Ausschreibungen laufen.
Die Exporte gehen zu zwei Dritteln nach Europa. Während sie nach Russland rückläufig sind, stammt das größte Plus aus den USA und Deutschland, da wurden jeweils mehr als sechs Prozent zugelegt.
Demgemäß äußert sich Lothar Roitner, Geschäftsführer des FEEI (Fachverband der Elektro- und Elektronikindustrie) zum umstrittenen Freihandelsabkommen TTIP: „Mit der Diskussion, wie sie läuft, bin ich sehr unglücklich”, sagt er, „das ist ein äußerst komplexes Thema.” Und leider werde diese Diskussion emotional geführt (Chlorhuhn), wo „eine kühle und nüchterne Betrachtung” angeraten sei. Und: „Wir sind TTIP gegenüber positiv eingestellt.” Problematisches wie die geplanten Schiedsgerichte, wo Konzerne gegen Staaten klagen können, könne man beispielsweie mit der Bestellung von Richtern aus der EU entschärfen.
Situation ist volatil
So erfreulich die Situation in der Branche derzeit – also desgleichen im ersten Quartal 2016 – sei, ist sie laut FEEI-Präsidentin Brigitte Ederer gleichsam „volatil”. Nachdem volatil auch immer ein bisschen fragil ist, gelte es jetzt umso mehr, auf Nachfrageveränderungen zu reagieren. Der Branche steht eine Revolution ins Haus, der dazugehörige Begriff lautet auf „Industrie 4.0”. Definition laut Wikipedia: Industrie 4.0 soll die Verzahnung der industriellen Produktion mit modernster Informations- und Kommunikationstechnik bezeichnen. Ederer spricht von der Digitalisierung entlang des gesamten Produktions- und Wertschöpfungsprozesses. Praktisch, etwa in Bezug auf den Handel, heißt das laut Ederer: „Sie können bereits heute einen Supermarkt vollautomatisch betreiben.” Was technisch möglich und derzeit lediglich eine Preisfrage ist, ist gleichsam die Zukunft. Das Problemfeld, das sich hier auftut, ist evident und findet seinen Ausdruck in der Frage: „Kostet die Digitalisierung Arbeitsplätze?”
Digitalisierter Wohlstand
Prinzipiell wird die Digitalisierung mehr Wohlstand bringen, ist die ehemalige SPÖ-Staatssekretärin überzeugt. Offen bleibt aber, inwieweit man das „abfedert für jene, die dann nicht auf der Gewinnerseite stehen”.
Gesellschaftliche Neuorientierung muss es geben, und ein Nachdenken über die gern zitierte „Maschinensteuer” ist für Ederer in der Perspektive auf 2050 „zumindest erlaubt”. Denn: Derzeit hängt das Sozialversicherungssystem stark an der traditionellen Erwerbswirtschaft – die wird's aber in dieser Form wahrscheinlich nicht mehr allzu lange geben.