Fairtrade zeigt in 2015 die Schokoladenseite
© leadersnet.at/Christian Mikes
RETAIL natalie Oberhollenzer 12.05.2015

Fairtrade zeigt in 2015 die Schokoladenseite

Fair gehandelt Mit einem im Vorjahr lancierten Siegel speziell für Kakao möchte Fairtrade Austro-Geschäftsführer Hartwig Kirner noch mehr heimische Firmen zur Zertifizierung bewegen; Heindl und Heidi Chocolat machen bereits mit.

Wien. Seit mittlerweile acht Jahren leitet Hartwig Kirner die Geschicke des Vereins Fairtrade in Österreich. Der Handelskenner, der zuvor bei einigen großen FMCG-Firmen tätig war, zeigt sich zufrieden mit der Absatzentwicklung von Fairtrade-zertifizierter Ware in der Alpenrepublik. Im vergangenen Jahr gab es wieder ein Umsatzplus von 15%: Im Lebensmittelhandel und im Außerhauskonsum wurden Waren mit dem bekannten Siegel im Wert von über 149 Mio. € abgesetzt. Wobei: Noch ein bisserl mehr geht immer, wie Kirner im Interview verrät.

medianet: Bei welchen Produkten gab es das größte Wachstum?
Hartwig Kirner: Der Hauptteil des Zuwachses ist aus den Bereichen Süßwaren sowie Kaffee gekommen. Aber auch Bananen sind wieder schön gewachsen. Das Plus ist auch neuen Partnerschaften zu verdanken. Zum Beispiel hat die Wiener Schokoladefirma Heindl den Kakaoeinkauf komplett auf zertifizierte Ware umgestellt, ebenso setzt die Firma Heidi Chocolat mit Niemetz Schwedenbomben auf ein Fairtrade-Kakao-Siegel, das wir 2014 lanciert haben.

medianet:
Was hat es mit dem neuen Kakao-Siegel auf sich?
Kirner: Beim konventionellen Fairtrade-Siegel gilt: Alles, was aus Fairtrade-Quellen stammen kann, muss auch aus solchen stammen. Beim Kakao-Siegel dagegen muss es nur der Kakao sein. Das ist für Firmen wie Heindl insofern relevant, als sie beispielsweise den Zucker weiterhin aus Österreich beziehen wollen.

medianet: Wird es bald auch weitere Fairtrade-Gütesiegel für spezielle Produkte geben?
Kirner: Das ist sicher denkbar. Aber jetzt sind wir mit diesem Kakao-Siegel erst auf den Markt gegangen und sehen uns einmal an, wie es sich bewährt.

medianet: Worin unterscheidet sich das Fairtrade-Siegel von ähnlichen Zertifizierungen, etwa der neuerdings recht populären von UTZ?
Kirner: Bei Rohstoffen wie Kaffee oder Kakao zertifizieren wir ausschließlich in der kleinbäuerlichen Landwirtschaft. UTZ zertifiziert primär Plantagen und kooperiert daher mit den ganz großen Schokoladenfirmen. Bei UTZ gibt es im Gegensatz zu unseren Programmen keine Mindestpreise und keine fixen Prämien. Es geht in erster Linie darum, den Bauern bei der Produktivitäts- und Einkommenssteigerung und dadurch bei der Steigerung zu helfen. Das ist ein begrüßenswerter Ansatz. Es ist besser als nichts, wenn Firmen mit UTZ arbeiten. Aber noch besser wäre es, wenn es Fairtrade wäre, weil wir vom entwicklungspolitischen Zugang her die bessere Alternative bieten.

medianet: Welchen Benefit hat das Fairtrade-Siegel für die Händler?
Kirner: Über 85 Prozent der Österreicher kennen das Siegel. Damit sind wir sogar bekannter als die Bio-Siegel. Und: 90 Prozent derjenigen, die Fairtrade kennen, vertrauen dem Programm.

medianet:
Welche Schwerpunkte sind heuer geplant?
Kirner: Derzeit läuft eine Werbekampagne, später in diesem Jahr werden wir auch wieder TV-Werbung machen. Inhaltlich ist Kakao weiterhin unser Schwerpunkt. Wir werden versuchen, noch mehr Schoko-Firmen und Eigenmarken für eine Zertifizierung zu gewinnen.

Kampagnen, Events und Aktionen Aufmerksamkeit für Fairen Handel
Am 9. Mai war World Fair Trade Day
Wien. Der von den europäischen Weltläden und der World Fair Trade Organization ins Leben gerufene Weltladentag wird seit Jahren von den Mitgliederorganisationen begangen. So auch in Österreich. Die heimische Organisation ruft dazu auf, einen kurzen Videoclip zu kreieren, und stellt eine Auswahl an Botschaften online. Dazu gibts ein Schokosackerl als Dankeschön.
In zahlreichen Spar-Filialen in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland findet ein Rosenwettbewerb unter Lehrlingen statt. Bei Billa und Merkur wird es neben bestehenden Fairtrade-Rosenbünden ein Spezial XXL-Rosenbund geben. In den über 90 heimischen Weltläden wird in der laufenden Kampagne Mensch.Macht.Handel.Fair auf den Kosten- und Preisdruck entlang weltweiter Wertschöpfungsketten aufmerksam gemacht, an dessen Ende die Betriebe in den Produktionsländern stehen. Ein spezielles Programm gibt's auch in den Fairtrade-Gemeinden Lanzenkirchen, Gloggnitz und in der Region Bucklige Welt/Wechselland.

neue kooperationen mit handelsFirmen


Derzeit bieten über 114 Unternehmer österreichweit als Linzenpartner über 1.100 Produkte mit dem Fairtrade-Siegel an. Von besonderer Bedeutung waren 2014 neue Handelseigenmarken, vor allem beim Kaffee. Etwa die Umstellung von Ja! Natürlich-Kaffee bei Billa, Merkur, Adeg und Sutterlütty und die Einführung von natürlich für uns-Kaffee bei C+C Pfeiffer, Zielpunkt und MPreis und dem Premium-Kaffee Gourmet bei Hofer. In der Gastronomie stellte Tchibo/Eduscho den gesamten Kaffeeausschank in seinen Filialen auf Fairtrade um.
Beim Tee lancierte Teekanne ein neues Fairtrade-Angebot, und auch Trinkkakao hat sich gut entwickelt, allen voran wegen einer Listung von Natur aktiv bei Hofer.
Im Schoko- und Süßwarensegment sorgten Zotter und die Landgarten mit Sortimentserweiterungen für neue Fairtrade-Ware. Außerdem wurden Wilder Kaiser Schokoladen, Martin Meyer Schokoladen und Grüne Erde als neue Partner gewonnen. Auch Hofer führte faire Schokotafeln unter dem Label Gourmet ein. Hervorzuheben ist Walter Heindl, der das gesamte Sortiment von über 200 Produkten umgestellt hat, ebenso Heidi Chocolat AG mit den Marken Niemetz Schwedenbomben, Manja und Swedy.
Bei den Bananen sorgte die Spar für einen Push im fairen Sektor, und im Fruchtsaft- bzw. Eisteesortiment erweiterten sowohl Rauch als auch Pfanner ihre Range. Im Snackbereich hat sich Kellys zu einer Fairtrade-Partnerschaft bei drei Nusssorten entschieden.

BEWERTEN SIE DIESEN ARTIKEL

TEILEN SIE DIESEN ARTIKEL