WIEN. Die wohnortnahe Nahversorgung ist in vielen Gemeinden längst keine Selbstverständlichkeit mehr. Laut Österreichischem Gemeindebund fehlt in rund einem Drittel aller heimischen Kommunen ein Nahversorger mit Vollsortiment. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, legt der Gemeindebund unter Präsident Johannes Pressl nun ein umfassendes Positionspapier vor – mit klaren Forderungen an Politik, Wirtschaft und Verwaltung.
„Die Nahversorgung ist die Lebensader unserer Gemeinden“, so Pressl. „Mit digitalen Läden und innovativen Angebotsbündelungen können wir sie zurückholen – auch in kleine Orte.“ Das Papier setzt dabei auf vier Schwerpunkte: Digitalisierung, multifunktionale Ortszentren, Abbau regulatorischer Hürden sowie wirtschaftlich tragfähige Lösungen.
Digitale Lösungen für eine moderne Realität
Kernforderung ist der verstärkte Einsatz digitaler Technologien – etwa in Form von 24h-Digi-Läden mit Zutrittssystemen, Hybridmärkten, Rufbus-Angeboten oder smarter Lieferlogistik. „Wir brauchen moderne Regeln für eine moderne Realität: Digi-Läden dürfen nicht an Öffnungszeitengesetzen von gestern scheitern“, so Pressl. Ziel sei eine zugängliche und alltagstaugliche Nahversorgung auf Basis neuer technischer Möglichkeiten.
Ortszentren als multifunktionale Treffpunkte
Der Gemeindebund fordert zudem eine neue Nutzung von Ortskernen: Lebensmittelhandel soll mit ergänzenden Dienstleistungen wie Post, Bankomat, Gastronomie oder Apotheken kombiniert werden, um Kundenfrequenz zu erhöhen, Leerstände zu reduzieren und soziale Treffpunkte zu schaffen. „Wer mehr Gründe schafft, ins Ortszentrum zu kommen, stärkt Nahversorgung und Gemeinschaft“, so Pressl.
Regelwerke entschlacken und Markt öffnen
Ein weiterer Forderungskatalog betrifft die rechtlichen Rahmenbedingungen. So soll die Öffnung automatisierter Verkaufsstellen auch außerhalb regulärer Betriebszeiten möglich werden. Daneben verlangt der Gemeindebund Erleichterungen im Bau-, Gewerbe- und Denkmalschutzrecht, um Leerstand rascher nutzbar zu machen. Zudem wird eine Überprüfung bestehender Marktmonopole – etwa im Tabak- und Apothekenbereich – angeregt. „Die Regularien stammen oft aus einer Zeit, in der sich die Realität der Nahversorgung völlig anders dargestellt hat“, betont Pressl.
Lokal angepasste Modelle statt Dauersubventionen
Statt pauschaler Zuschüsse fordert der Gemeindebund tragfähige, lokal angepasste Geschäftsmodelle. Als Vorbild gilt die niederösterreichische Organisation NAFES, die Gemeinden bei Planung, Umsetzung und Betrieb von Nahversorgern unterstützt. Gefordert wird eine vergleichbare bundesweite Struktur. „Nicht Zuschüsse auf Dauer, sondern wirtschaftlich tragfähige, lokal angepasste Lösungen sichern die Versorgung langfristig“, sagt Pressl.
