Gold in Kinderhänden: überzuckerte Produkte
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RETAIL Redaktion 10.02.2023

Gold in Kinderhänden: überzuckerte Produkte

Produkte für Kinder sorgen für Reibach, sind aber in der Wahl ihrer Mittel/Zusatzstoffe nicht zimperlich. Die AK hat 39 Produkte getestet.

••• Von Christian Novacek

Kinderschnitten, Miniwürstel & Co. – speziell für Kinder vermarktete Produkte schreiben sich erfolgreich in die Begehrlichkeitsskala der jungen Konsumenten. Dabei sind die Werbebotschaften zum Produkt gehaltvoller als der Inhalt – das legt ein entsprechender AK-Test bei 39 Kinderlebensmitteln nahe: Fast durchgängig sind die Kinder-Überraschungen hochverarbeitete Lebensmittel. Nach vielen Verarbeitungsschritten verfügen sie über viele Zusätze; versteckter Zucker ist dabei nahezu obligatorisch.

Sinnlos & künstlich

Immerhin: Das sinnlose Anreichern mit Vitaminen sowie das künstliche Färben mit bedenklichen Farbstoffen dürfte großteils der Vergangenheit angehören. Die Skurrilität, ein Milchprodukt mit Kalzium anzureichern, existiert aber nach wie vor.

Die Ernährungsqualität, wie sie sich im Nutri-Score ausdrückt, ist bei einem Drittel gut, bei mehr als der Hälfte aber immer noch schlecht. „Kinderlebensmittel sind besser geworden, auch wegen gesetzlicher Regeln, aber es gibt noch einiges zu tun”, resümiert AK-Ernährungsexpertin Petra Lehner.
Der Nutri-Sorce – die Farb-Buchstaben-Kombination, die auf einen Blick den Ernährungswert erkennbar macht – war nur auf fünf (13%) von 39 Produkten angebracht. Um darzulegen, was die Hersteller verschweigen, wurde der Nutri-Score für die anderen berechnet. Ergebnis: viele gute, also (hellgrüne) B-Nutri-Scores (36%), aber noch mehr schlechte, also (rote) E- (39%) und D-Scores (orange; 13%). Das schlechtere Ende ist also dicker.„Das viele Rot ist der Kategorie Snacks geschuldet”, sagt Lehner. „Auch wenn auf den Verpackungen der Riegel und Schnitten Milch und Honig fließt, sind alle rot. Bei Süßigkeiten ist eben nichts anderes zu erwarten.”
Aber auch die Milch zum Abbeißen rangiert im roten Bereich, weit bedenklicher als echten Milchprodukte zum Löffeln oder Trinken. „Insgesamt ist das Ergebnis aber erfreulich”, so Lehner. „Ganz freiwillig kam das vermutlich nicht. Die Anreicherung von Lebensmitteln mit Vita­minen und Mineralstoffen und die Verwendung von nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben wurden nämlich durch EU-Verordnungen geregelt – Regulierung wirkt eindeutig besser als jeder Appell.”

Hochverarbeitet = ungeeignet

Bis auf zwei Käse sind alle Kinderlebensmittel hochverarbeitete Produkte. Laut Weltgesundheitsorganisation wirkt sich das negativ auf die gesunde Lebenserwartung aus. Die WHO rät, hochverarbeitete Produkte zu meiden. Gemessen wird der Verarbeitungsgrad mit dem Nova-Score: 1 heißt minimal verarbeitet, Nova-Score 4 hochverarbeitet. 95% der Testprodukte bekommen einen Score 4. Oft geht der hohe Nova-Score mit dem schlechten Nutri-Score Hand in Hand.

Eigentlich von gestern: In allen süßen Snacks ist Palmfett enthalten, in zwei Drittel der pikanten Snacks Zucker. Viele süßen Snacks heißen irgendwas mit Milch oder haben Milch abgebildet, sind aber Süßigkeiten. Die Milch könnte ggf. mit der Lupe gesucht werden.

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