Handelsverband ad GPA & AK: Weltfremde Forderungen und undifferenzierte Pauschalkritik helfen niemandem
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Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will
RETAIL Redaktion 19.12.2022

Handelsverband ad GPA & AK: Weltfremde Forderungen und undifferenzierte Pauschalkritik helfen niemandem

Handel ist Beschäftigungsmotor & zweitgrößter Arbeitgeber. Zufriedenheit von Personal & Kundschaft steht an oberster Stelle. 39% der Händler werden 2022 Verlust erwirtschaften.

Mit großer Verwunderung hat der österreichische Handel die heutige Pressekonferenz von Arbeiterkammer und Gewerkschaft GPA "Mehr Respekt für die Beschäftigten im Handel" zur Kenntnis genommen. Nur zwei Wochen nach dem historisch hohen KV-Abschluss (+7%) haben die Arbeitnehmervertreter heute mit undifferenzierter Pauschalkritik Ärger und Enttäuschung einer ganzen Branche auf sich gezogen.

"Der Handel beschäftigt in Österreich 600.000 Menschen. Die Mitarbeiter:innen sind unser wichtigster Erfolgsfaktor, daher haben wir auch dem historisch hohen KV-Abschluss von 7% zugestimmt. Wenn es vereinzelt Missstände im Personalbereich gibt, müssen diese sanktioniert werden. Aber eine ganze Branche pauschal schlechtzureden – das geht gar nicht", sagt Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will.

Keine Branche verzeichnet heuer mehr Insolvenzen als der Handel
Die jüngste Blitzumfrage des Handelsverbandes hat ergeben, dass 39% der österreichischen Handelsbetriebe im Gesamtjahr 2022 einen Verlust erwirtschaften werden, 38% maximal ein ausgeglichenes Ergebnis. Und: Laut einer aktuellen KSV1870 Hochrechnung verzeichnet der Handel im Branchenvergleich mit Abstand die meisten Insolvenzen. 

"Bereits am Ende des dritten Quartals gab es heuer mehr Pleiten als im Gesamtjahr 2021, bis Jahresende wird der Handel rund 900 Firmenpleiten und 6.000 Geschäftsschließungen zu Buche stehen haben. Die Gewerkschaft glaubt offenbar, dass wir Goldesel in den Geschäften stehen haben. Leider ist das Gegenteil der Fall", so Will.

Pauschalkritik an Teilzeitquote trifft die Falschen
Angesichts dieser Zahlen muten die heute von AK und GPA platzierten Forderungen schlicht weltfremd an. Insbesondere die Forderung nach einer Anpassung der Öffnungszeiten an die Betreuungspflichten der Arbeitnehmer:innen ist nicht praktikabel. Die Händler können ihre Geschäfte nicht einfach mit Schulschluss schließen, denn genau dann haben auch die meisten Menschen Zeit, um ihre Einkäufe zu erledigen.

Die Wahrheit ist, dass der Handel die aktuellen multiplen Krisen nur geeint und durch eine enge Zusammenarbeit von Arbeitnehmer:innen- und Arbeitgeber:innen sowie deren Interessenvertretungen meistern kann. Auf Betreuungspflichten von Beschäftigten wird bei der Dienstplaneinteilung selbstverständlich bestmöglich Rücksicht genommen. Auch die Pauschalkritik an der hohen Teilzeitquote im Handel (39%) trifft die Falschen. Realität ist, dass viele Handelsbetriebe regelrecht um Vollzeitkräfte betteln, aber immer mehr Beschäftigte lieber Teilzeit arbeiten wollen. 

Handelsverband: Entrümpelung des Kollektivvertrages und Arbeitsmarktreform überfällig
Fakt ist auch, dass der zu einem unüberschaubaren Regelwerk gewordene Handelskollektivvertragflexiblere Arbeitszeitmodelle, die von Beschäftigten gewünscht werden, oftmals gar nicht zulässt. Eine Entrümpelung des Kollektivvertrages ist längst überfällig und wurde von der GPA schon vor Jahren versprochen. Aus Sicht des Handels sollten sich AK und GPA zudem auch lieber darum bemühen, dass durch überfällige Arbeitsmarktreformen eine "Generation Geringfügig" vermieden wird.  

"Wir setzen uns auch weiterhin vehement für eine Wiederaufnahme von Verhandlungen über eine breiteArbeitsmarktreform ein, um dem Arbeitskräftemangel entgegenzuwirken. Ein Scheitern ist nicht akzeptabel. Der dringende Umsetzungsbedarf der Reform zeigt sich mittlerweile in jedem Betrieb. Es darf sich künftig nicht mehr rentieren, fortwährend nach kurzen Anstellungen in die Arbeitslose zu gehen und nebenbei geringfügig zu arbeiten, anstatt in Normalanstellung. Dafür brauchen wir bessere Rahmenbedingungen, um arbeitslose Menschen nachhaltig ins Erwerbsleben zu integrieren. Leistung muss sich lohnen", so Handelssprecher Rainer Will abschließend. (red)

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