Die Diskussion um Lebensmittelpreise in Österreich hat in den vergangenen Wochen an Schärfe gewonnen. Politik, Verbände und Handelsunternehmen liefern sich Wortgefechte, während die Konsumenten vor allem eines spüren: steigende Kosten beim täglichen Einkauf.
Das Sozialministerium beklagt angeblich irreführende Rabattaktionen großer Handelsketten. Billa, Spar, Hofer und Lidl sollen demnach gegen das Preisauszeichnungsgesetz verstoßen haben, das seit 2022 strengere Regeln bei der Bewerbung von Preisnachlässen vorsieht. Der Anwurf sorgte für Spannung zwischen Politik und Handel – und verdeckt dabei nach Ansicht vieler Branchenexperten die eigentlichen Ursachen für die Teuerung.
Handel wehrt sich
In einem offenen Brief an die SPÖ warnte der Handelsverband vor staatlichen Eingriffen. Preiskontrollen würden die Nahversorgung gefährden. Ungarn habe mit einem Preisdeckel leere Regale und Versorgungsprobleme erlebt – ein Szenario, das man in Österreich verhindern wolle. „Der Lebensmittelhandel ist nicht Verursacher, sondern selbst Betroffener der Teuerung“, sagt etwa Handelsverband-Chef Rainer Will im Namen von Spar, Rewe, Hofer und Lidl.
Die Gewinnmargen seien tatsächlich geringer als gemeinhin vermutet. Rewe-Österreich-Chef Marcel Haraszti sprach in der Causa von lediglich rund einem Prozent des Umsatzes, der tatsächlich als Gewinn bleibe. Zwei Drittel des Regalpreises hingen von den Einkaufspreisen der Industrie ab, erklärte Haraszti. Weiters verweist er auf hinzukommende Personalkosten, Logistik, Energie und Steuern. „Wir machen zwar viel Umsatz, aber es bleibt wenig übrig. Das Geld verwenden wir, um in Österreich zu investieren.“
Der Österreich-Aufschlag
Ein zentraler Kritikpunkt des Handels sind die höheren Beschaffungspreise internationaler Markenartikel im Vergleich zu Deutschland. Laut Bundeswettbewerbsbehörde verlangen globale Hersteller in Österreich im Schnitt 15 bis 20% mehr. Diese territorialen Lieferbeschränkungen verhindern, dass Händler günstig in einem EU-Land einkaufen und die Produkte in einem anderen verkaufen können. Kanzler Christian Stocker (ÖVP) und SPÖ-Chef Andreas Babler haben sich bereits für ein Verbot dieser Praxis auf EU-Ebene ausgesprochen. Infrage zu stellen ist dabei sicher, inwieweit so etwas überhaupt rechtlich möglich sein soll.
Gleichzeitig versuchen indes die Händler durchaus, mit Preissenkungen Entlastung zu schaffen. Zum Beispiel hat Lidl seit Jahresbeginn die Preise bei über 900 Produkten reduziert und verzichtet im September auf die Mehrwertsteuer bei mehr als 100 Bio-Artikeln der Eigenmarke „Ein gutes Stück Heimat“.
„Auch wir übernehmen die Kosten zur Gänze“, heißt es von Lidl, das damit seine Position im Preis-Leistungs-Vergleich unterstreichen will. Sprich: Die Preise für die Konsumenten sinken um den Betrag der Mehrwertsteuer, Lidl zahlt diesen Anteil aus eigener Tasche.
Kosten-Cut bei Hofer
Hofer wiederum verfolgt einen anderen Weg, der in seiner Signalwirkung nach außen erst einmal für etwas Unruhe gesorgt hat: Der Diskonter strukturiert nämlich um und verlagert Teile administrativer Tätigkeiten ins Ausland – um Kosten zu senken. Der dazugehörige Personalabbau wird deutlich wahrnehmbar sein.
Konkret sollen repetitive Aufgaben in Einkauf, Buchhaltung und Personalwesen künftig nicht mehr zwingend in Sattledt erledigt werden. Das Unternehmen betont, dass die Maßnahme Teil einer langfristigen Strategie sei – und deren Zweck sei es eben, die Preise möglichst stabil zu halten.
Ächzen und kritisieren
Die Bundesregierung steht besonders in der Kritik. Handelsvertreter fordern von ihr vor allem Maßnahmen gegen hohe Energiepreise, Bürokratie und Abgabenlast. Dass die Löhne und Gehälter in Österreich im Vergleich zu Deutschland höher sind und es 14 statt 12 Monatsgehälter gibt, wirkt sich zusätzlich auf die Kostenstruktur aus. Auch Steuern und Abgaben für Unternehmen liegen hierzulande über dem EU-Schnitt.
Trotz der hitzigen Debatte bleiben aber die Fakten nüchtern: Laut Handelsverband lag die Teuerung bei Lebensmitteln 2024 mit 2,6% knapp unter der allgemeinen Inflation von 2,9%. Im Juli 2025 meldete Statistik Austria jedoch einen Anstieg der Preise für Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke um 5,2% gegenüber dem Vorjahresmonat – also über der allgemeinen Inflationsrate von 3,5% im Juli und voraussichtlich 4,1% im August. Abseits der Interpretationshoheit bezüglich korrekter Zahlen: Für die Konsumenten bedeutet der Zustand eine spürbare Mehrbelastung – trotz inflationsdämpfender Bereitschaft auf der Händlerseite.
Fazit und Ausblick
Wie es weitergeht, hängt stark von der EU-Debatte über Lieferbeschränkungen und von der Entwicklung der Energiepreise ab. Für den Herbst erwarten Händler weitere politische Gespräche – während die Konsumenten hoffen, dass die Preisspirale sich nicht weiter nach oben dreht.
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