Heimische Hackschnitzel statt Gas aus Russland
© Berglandmilch
Josef Braunshofer
RETAIL Redaktion 29.08.2025

Heimische Hackschnitzel statt Gas aus Russland

Berglandmilch-Chef Josef Braunshofer zur strategischen Neuausrichtung von Österreichs größter Molkerei.

Nach einigen turbulenten Jahren gestaltet sich die aktuelle Lage des Milchmarkts als „erfreulich stabil“, wie Berglandmilch-Geschäftsführer Josef Braunshofer im sommerlichen Handelstalk mit medianet-Herausgeber Chris Radda betont.
Mit 1,3 Mrd. € Umsatz hat der Marktführer zuletzt erneut leicht zugelegt, das diversifizierte Markenportfolio – von Schärdinger über Stainzer und Tirol Milch bis zu Latella – ist gut am Markt positioniert. In puncto Energie-Autarkie steht man kurz vor Erreichen eines Meilensteins: „Bald sind alle fünf Werke der Genossenschaft auf eine Versorgung mit Biomasse umgestellt. Statt an Moskau für Erdgas zahlen wir nun direkt an regionale Bauern für Hackschnitzel“, bringt Josef Braunshofer die strategische Neuausrichtung auf den Punkt – eine Umstellung, die „sowohl für die Molkerei als auch für die lokalen Landwirte und die gesamte Region erhebliche Vorteile“ bringen soll.

Mehr Geld für die Bauern
Auch das Verhältnis mit den Milchbauern hat sich in der Branche sichtlich entspannt. Mit 1. Juli erhöhte der Marktführer neuerlich den Grundpreis, den Biomilchzuschlag sowie den Aufschlag für Tierwohlmaßnahmen für seine 8.000 Milchbauern – man ist sich bewusst, dass man gemeinsam an einem Strang ziehen muss, Molkereien wie Milchbauern.
„Ich denke, dass der Milchpreis, den wir unseren Bauern zahlen, ein guter ist – und ich hoffe sehr, dass das unsere Bauern auch so sehen“, betont Braunshofer – denn: „Es ist selten so, dass ein Milchbauer mittendrin in seiner aktiven Zeit aufhört – aber die nächste Generation übernimmt nicht, und das ist für uns die große Herausforderung.“

Während die Zahl der Milchbauern abnimmt, werden jene, die bleiben, größer – dennoch gelte es, sicherzustellen, „dass es auch in 20, 30, 40 Jahren noch genug Milchbauern gibt“, andernfalls sterbe die Kulturlandschaft. Die vielzitierte Kleinteiligkeit der heimischen Milchwirtschaft bringe immerhin mit sich, dass „unsere Kühe hierzulande einen Namen haben – und in den Ländern, die Österreich umgeben, überall nur eine Nummer“. Nachsatz: „Und ich bin überzeugt, dass die Milch von einem Tier, das einen Namen hat, gesünder ist, weil der Bauer dadurch zwangsläufig ein anderes Verhältnis zur Kuh hat.“

Tierwohl und Clean Label
Sehr positiv beurteilt Braunshofer das im Vorjahr von der AMA auf den Weg gebrachte Gütesiegel „Tierhaltung plus“, welches u.a. für mehr Bewegungsmöglichkeit (mindestens 120 Tage im Jahr Zugang zur Weide), verpflichtende Scheuermöglichkeiten durch Kuhbürsten, palmölfreies, europäisches Futter, ein erweitertes Tiergesundheitsmonitoring sowie jährliche Kontrolle voraussetzt.

„Dauerhafte Anbindehaltung gibt es bei uns in der Genossenschaft nicht mehr, und auch in der Branche gibt es einen ganz starken Trend in Richtung mehr Bewegungsfreiheit für die Kühe“, berichtet Braunshofer.

Und das kommt gut an: „Bei der Konsumentin – und ich verwende dieses Wort bewusst, weil wir mehrheitlich von Frauen gekauft werden – sind Produkte mit wenigen Zutaten gefragt. Wir nennen das ‚Clean Label‘. Da haben wir im Molkereibereich schon einen großen Vorteil, denn alles, was zum Beispiel auch in Richtung pflanzlicher Produkte geht, hat – wenn man sich die Inhaltsstoffe ansieht – doch viel mehr drinnen und braucht viel mehr an Stabilisatoren, an Aromen, an Geschmacksstoffen, um auch noch gut zu schmecken. Da tun wir uns mit unserer Milch und unseren Milchprodukten leichter.“

Protein-Trend ungebrochen
Was Trends betrifft, seien Produkte mit einem besonders hohen Proteingehalt weiterhin besonders „en vogue“. Auch hier gelte: „Die Milch hat viel gutes Protein, das ich nicht von irgendwoher holen muss – ich brauche nicht die Sojabohne aus den USA oder aus Brasilien. Unsere Bauern füttern gentechnikfrei und verwenden kein Futtermittel aus Übersee, und sie verwenden auch kein Glyphosat, also wir sind schon sehr naturnahe, nicht nur bei unseren Bio-Produkten. Und ich meine schon, dass das der Konsumentin gut gefällt.“  Abseits des High-Protein-Segments sei man auch mit den Absatzmengen im Segment Joghurt sehr zufrieden, ebenso würden bei der Butter und dem Käse die Zahlen stimmen.

Globaler Markt am Zenit
Was den weltweiten Milchmarkt betrifft, sehe man aktuell, dass „die Rohmilchmengen, die die Bauern produzieren, eher nicht mehr steigen.“ Der „Peak Milch“ sei erreicht: „Es gibt nicht mehr diese ‚Milchseen‘, von denen man früher oft gelesen und gehört hat.“

Exportseitig sei für die Berglandmilch der europäische Markt sehr wichtig, allen voran Deutschland, aber auch Italien, Spanien und Griechenland seien bedeutende Abnehmer. Da spiele durchaus die Bedeutung von Österreich als alpenländisches Urlaubsland hinein – wo man gerne hinfährt, von dort bezieht man auch gerne Lebensmittel. Und: „Man nimmt uns als österreichischer Molkerei ab, dass wir wirklich naturnahe produzieren.“

Angesprochen auf verschiedene Fusionen und Übernahmen in der heimischen Molkereienlandwirtschaft, hält sich Braunshofer zurück: „Ich glaube, dass die Molkereienstruktur in Österreich jetzt schon ziemlich aufgeräumt ist – aber es beurteilt jede Molkerei für sich, wohin die Reise geht. Ich glaube, es ist ganz wichtig, sich zunächst einmal auf das eigene Unternehmen zu konzentrieren.“ Für die Berglandmilch heiße das nicht zuletzt, in die Markenpflege zu investieren – und herauszufinden, wie man die „Gen Z“ mit ihrer vielfältigen Mediennutzung am besten erreicht.

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