••• Von Christian Novacek
Der Grat, der zurzeit zwischen Gesundheit der Bürger und Krankheit der Wirtschaft beschritten wird, ist sehr schmal. Prinzipiell will die Regierung den Handel stützen und hat die schrittweise Öffnung der Geschäfte angeordnet. Der große Übergedanke lautet dabei gewisslich auf Gesundung der Handelsstruktur.
Im Detail wird aber die „Krankheit” ggf. fortgeschrieben: Zwar dürfen kleine Geschäfte unter 400 m² per 14. April wieder öffnen, ebenso die Bau- und Blumenmärkte. Alle anderen, also im Besonderen die Einkaufszentren und größere Modehändler, müssen aber die Rollbalken unten lassen. Stichwort Einkaufszentrum: Hier lautet das Paradox darauf, dass darin zwar Apotheken und Lebensmittelgeschäfte offen sind, Geschäfte unter 400 m² im Shoppingtempel aber offenbar zu bleiben sollen.
Sogar die Regelung, die Kleinen auszunehmen, ist an sich nicht zwingend logisch: „Ich kann die Lösung nicht verstehen. Ist in kleineren Läden denn die Gefahr nicht viel größer, dass die Mindestabstände nicht eingehalten werden?”, bringt Kastner & Öhler-Vorstand Martin Wäg die mögliche Fehleinschätzung auf den Punkt.
Gerade im kleinen Laden summieren sich 20 m² pro Kunden schnell auf 400. Allerdings ist nicht davon auszugehen, dass die kleinen Läden nun regelrecht gestürmt werden. Somit hängt die Mutmaßung im Raum, dass sich der Staat bei den 75% aller Einzelhandelsgeschäfte, die nach Ostern öffnen dürfen, einiges an Geldleistungen erspart. Im Gegenzug ist aber keinesfalls gesichert, dass das durch soliden Geschäftsgang letztlich kompensiert wird.
Licht am Ende des Tunnels
Gleichfalls vermittelt der von Berater RegioPlan dargereichte Gesamtblick nicht ungetrübt Gutes: Von aktuell 10,3 Mio. m² Verkaufsfläche, die in Österreich zurzeit stillliegen, werden durch die Maßnahmen der Bundesregierung 4,1 Mio. m² reaktiviert. Das entspricht etwa 56%, die wieder aktiv sein können, der Rest bleibt bis auf Weiteres ungenutzt.
Öffentlich wird seitens der Branchenvertreter indes Optimismus geunkt. Etwa seitens der WKO, wo Peter Buchmüller, Obmann der Handelssparte, meint, es wäre nun „das Licht am Ende des Tunnels” wahrnehmbar. Die Industriellenvereinigung schließt sich der Wahrnehmung eines „positiven Signals” (IV-Präsident Georg Kapsch) an.
Pro und Contra
Der Handelsverband hatte zwar einen gleichzeitigen Start der Groß- und Kleinflächen ab 14. April empfohlen, will die zweistufige Lösung aber dennoch nicht schlechtreden: „Wir begrüßen die von der Regierung angekündigte Öffnung des stationären Non-Food-Handels ab 14. April. Das ist für unsere Händler ein positives Signal hinsichtlich Planbarkeit und für die Konsumenten ein erster wichtiger Schritt Richtung neuer Normalität”, meint Geschäftsführer Rainer Will.
Auch direkt Betroffene sind erleichtert, etwa bellaflora-Geschäftsführer Franz Koll: „Wir freuen uns sehr, ab 14. April unsere Kunden wieder in unseren Filialen persönlich begrüßen zu dürfen – zu ihrem Schutz und im Sinne unseres Teams natürlich unter Einhaltung aller behördlichen Vorgaben.”
Blumenhändler Andreas Bamesberger fühlt sich hingegen im Regen stehen gelassen. In einem offenen Brief resümiert er: „Nach dem ersten Schock gaben die Ankündigungen der Regierung einem Hoffnung. Doch bald stellte sich heraus, dass Hoffnung gebende Versprechungen doch zu lückenhaft sind.” Speziell die bürokratisch anspruchsvolle Abwicklung von Hilfskrediten mit der Bank stößt Bamesberger (wie vielen nicht nur klein-,sondern ebenso mittelständischen Unternehmen) sauer auf.
Wer profitiert am Schluss?
Große Ungewissheit in Sachen Krise herrscht bezüglich der Frage, wer profitieren wird. Spielt Covid-19 letztlich den Konzernen in die Hand, die hernach die angeschlagenen Kleinen umso rascher wegputzen? Aktuell gewiss ist bloß, dass die Diskonter Hofer und Lidl boomen – schon deshalb, weil sie dem erstarkten Konsumentenwunsch nach Einfachheit am besten entsprechen.