Loyale geben mehr aus
© leadersnet/Daniel Mikkelsen
Franz Tretter Gründer und CEO hello again
RETAIL Redaktion 02.06.2023

Loyale geben mehr aus

Die Retail-Märkte im deutschsprachigen Raum sind hart umkämpft. Der Loyalty Report D-A-CH 2023 zeigt, wie Kunden gebunden werden können.

••• Von Georg Sander

Mehr als 95% der Konsumenten nutzen verschiedenste Loyalty-Programme, von Multipartner-, über Kundenkarten bis hin zu Stempeln und Stickeralben; das ist ein Plus von 3,5% im Vergleich zu 2022. Die loyalen Kunden geben zudem an, dass sie 28,4% mehr Geld bei Unternehmen ausgeben, die ein Kundenbindungsprogramm anbieten. Das und mehr zeigt der „hello again Loyalty Report”. Heuer ist die Studie erstmals im gesamten D-A-CH-Raum in Kooperation mit dem österreichischen Handelsverband, der Swiss Retail Federation und dem deutschen Bundesverband E-Commerce & Versandhandel durchgeführt worden.

Häufigere Nutzung

Fünf Haupterkenntnisse ergeben sich aus dem Report, der auf einer von Marketagent durchgeführten Untersuchung mit 1.529 Teilnehmern in allen drei Ländern basiert. Neben dem erwähnten Umsatz-Boost ist die Teuerung ein Treiber für Kundenbindung: Ein Viertel der Konsumenten nutzt in der Krise ein Kundenbindungs-Programm häufiger als zuvor. Hier schlummert also enormes Potenzial für Unternehmen. 65% der Befragten verlangen zudem nach häufigerer Kommunikation, sie wollen mindestens einmal pro Woche über Angebote und Neuigkeiten informiert werden (+16% im Vergleich zu 2022).

Die Digitalisierung bleibt auf Wachstumskurs: Bereits 78,3% nutzen digitale Medien (+3,3%). Und Nachhaltigkeit wird unverzichtbar: Bereits ein Fünftel der Befragten wünscht sich eine digitale Rechnungsablage, und mehr als die Hälfte würde ein Unternehmen mit Green Loyalty bevorzugt besuchen.

Klarer Mehrwert gefordert

„Gerade in Zeiten von Inflation und Preissteigerung achten Menschen darauf, wo und um welchen Preis sie einkaufen”, erklärt hello again-CEO Franz Tretter. „Konsumenten wünschen sich bei Kundenbindungs-Lösungen einen klaren Mehrwert.” Das können etwa Vorteile sein, wie Treuepunkte, die zu sammeln und einzulösen sind. Natürlich geht es auch um einen finanziellen Mehrwert: 62,8% gaben an, dass Rabattfunktionen wichtig sind, für 62,4% sind es monatliche Gutschriften und 54,3% wollen günstigere Preise.

Durchschnittlich, so Tretter bei der Präsentation, verwendet der klassische Konsument im Schnitt 4,4 Kundenbindungslösungen, 80% nutzen digitale Anwendungen, ab 55 Jahren sind es bereits 65%. Dies wird seit der Pandemie auch mehr, je älter die Kunden werden. Die Top­branchen sind übrigens in allen Ländern Anbieter von Gütern täglichen Bedarfs vor Bekleidung. Österreich hat zudem einen hohen Anteil im Möbelhandel, während es in Deutschland Einkaufszentren und Städte sind und in der Schweiz die Gesundheit. Wie sieht es beim westlichen Nachbarn aus?

Treue Schweizer

„Diese grenzüberschreitende Studie ist ein Novum”, erklärt Dagmar Jenni, Direktorin der Swiss Retail Federation. Aus ihrer Sicht sind zwei Punkte interessant: „Die Schweizer nutzen zu drei Viertel Kundenbindungsprogramme mindestens einmal in der Woche. In Österreich und Deutschland sind es 60 Prozent.” Warum dem so ist? Sie ortet drei verschiedene Gründe: „Wir haben eine hohe Dichte an Einkaufsmöglichkeiten, starke Platzhirsche am Markt, und Schweizer mögen monetäre Vorteile.”

Die Schweizer sind zudem sehr digital-affin. „Bei der Frage, wie sich die Kunden in der Schweiz informieren lassen, zeigt sich, dass Flugblätter langsam aber sicher out sind”, so Jenni. In Österreich sind Flugblätter nach wie vor hoch im Kurs. Die Digitalisierung zeigt sich aber in anderen Aspekten, etwa, ob man Kundenbindungsprogramme mit Bezahl-Apps verbinden kann. Die Schweizer würden dies begrüßen. Ein wenig überraschendes Detail: Die Schweizer wollen dosiert angegangen werden. Man sollte sie nicht mit Angeboten zuspammen. Einmal alle zwei Wochen sei gut – ein Unterschied zu anderen Ländern.

Ähnliches Ticken

Grundsätzlich, so Martin Groß-Albenhausen, stv. Hauptgeschäftsführer Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland (BEVH), ähneln sich die Konsumenten im D-A-CH-Raum aber doch sehr. Er hebt ebenfalls zwei Keylearnings aus der Studie hervor: „Zeitgemäßheit ist für Konsumenten wichtig und relevant, aber schon an zweiter Stelle geht es um die Nützlichkeit”, so Groß-Albenhausen. „Das heißt nicht gleich digital. Nützlich ist auch eine Werbung, die mich im Kaufverhalten im stationären Handel abholt.” Bei Kleidung sei nicht jeder Stil für alle persönlich relevant. Bekomme man eine abgestimmte Ansprache, sei das besser als ein Flugblatt, das an alle geht: „Wir haben während Corona festgestellt, dass viele auf Beilagen/Informationsblätter setzen.” Die hebe man sich auf oder vergleiche mit anderen Anbietern. In der digitalen Welt wiederum ist Service entscheidend, etwa wenn eine Terminbuchung oder eine Erinnerung im Loyaltyprogramm enthalten ist.”

KI und Co.

Welche Trends beobachten die Experten noch? Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbands, identifiziert zwei: „Kundenbindung nur mit Preisrabatten wird zu wenig sein. Man braucht on/offline diskriminierungsfreie Kundenbindungsprogramme, die auch nicht altersdiskriminierend sind, also leicht zu nutzen.” Ein Thema sind auch Green-Loyalty-Apps, die ein nachhaltigeres Verhalten incentivieren. Wichtig sei, zu erkennen, wofür Kunden belohnt werden wollen.

KI ist wiederum für Tretter ein Thema, um zu erkennen, wie Relevanz geschafft werden kann. Das sei „brutal wichtig”, um seine Kunden kennenzulernen – deren Bedürfnisse kennt man eben heutzutage nicht mehr so genau wie zu der Zeit, als es den Grätzlgreißler gab. Um auch in niedrig-frequenten Branchen Loyalty zu erreichen, setzen manche auf Multipartnerprogramme. „Eine übergreifende Plattform bietet die Möglichkeit, mehr Punkte zu sammeln.” Für ihn gilt: Je höher die Frequenz, desto wichtiger die Kundenbindungslösung. Potenzial sieht er in Österreich grundsätzlich in den Bereichen des täglichen Bedarfs, im Dienstleistungs- und Gesundheitssektor. Rainer Will meint abschließend: „Ob one for all oder Einzellösungen, wird die Zukunft zeigen.” Überdies meint er: „Es gibt auch ohne Loyaltylösungen gute Erfolge.”

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