Mit dem Smartphone offline shoppen
© PantherMedia/Wavebreakmedia ltd.
RETAIL christian novacek 24.05.2019

Mit dem Smartphone offline shoppen

Das Handy zeigt in der Filiale u.a. Einkaufslisten an und ­avanciert zum Top-Tool auch für den stationären Handel.

••• Von Christian Novacek

Johannes Wollenburg ist Manager Digital Solutions & Business Development bei Chep Deutschland, einem Unternehmen für Supply Chain-Lösungen. Wollenburg verantwortet dort die Smart Promotions. Im medianet-Interview zeigt er auf, inwieweit der E-Commerce auch die Einkaufsgewohnheiten im stationären Handel beeinflusst – und welche Chancen sich dabei ergeben. Denn: Das Handy ist auf jeder Shoppingtour ein treuer Begleiter.


medianet: Wie hat die Digitalisierung das Verhalten der Shopper im Handel verändert?
Johannes Wollenburg: Im Zuge der Digitalisierung hat sich das Verbraucherverhalten stark gewandelt. Fakt ist: Das Smartphone ist zu einem wichtigen Begleiter nicht nur beim Online-Shopping, sondern auch im stationären Einzelhandel geworden. Zwischenzeitlich ist es aus der Customer Journey nicht mehr wegzudenken.

 

medianet: Wie konkret wird das Handy dabei eingesetzt?
Wollenburg: Vor Ort werden Preise verglichen und Produkteigenschaften wie Inhaltsstoffe oder Testergebnisse eingeholt. Im Store wird nach den günstigsten Preisen gesucht. Laut aktuellen Zahlen nutzen 62 Prozent aller Deutschen ihr Smartphone bereits beim Offline-Shopping. Vor allem Jüngere greifen immer häufiger zum Mobiltelefon, um während des Einkaufens Informationen zu Filialen oder Produkten einzuholen.

medianet: Das heißt, der Digital Retail verändert die Gewohnheiten im stationären Geschäft?
Wollenburg: Ja, nicht zuletzt aufgrund der Erfahrungen, die Konsumenten beim Online-Shopping machen, verändern sich deren Erwartungen an stationäre Geschäfte. Durch die unzähligen Möglichkeiten, die sich durch die Digitalisierung eröffnen, ist ihr Anspruch deutlich gestiegen. Dies schlägt sich auch in der Kundenloyalität nieder. Diese ist nicht mehr selbstverständlich, denn wo der Kunde früher lieber auf Altbewährtes gesetzt hat, probiert er heute gern auch einmal neue Produkte aus.

medianet: Was bedeutet nun diese Entwicklung konkret für den Einzelhandel?
Wollenburg: Neue Strategien sind gefragt. Proximity Marketing – das Ausspielen von zusätzlichen Informationen auf das Smartphone des Käufers auf der Verkaufsfläche – ist ein wichtiger Pfeiler, um Shopper gezielt, personalisiert und in Echtzeit anzusprechen und ihm damit die Einkaufserfahrung zu geben, die er vom Online-Shopping her kennt. Und dies ist nicht auf Bekleidungs- oder Sportläden begrenzt, sondern kann und soll in Zukunft auch im Supermarkt passieren. Das Schöne ist, dass der stationäre Handel vieles zu bieten hat: das Einkaufserlebnis, sozusagen die Königsklasse des Shoppens, zu dem die persönliche Beratung und das exemplarische Erleben der Ware genauso wie die Einkaufsatmosphäre gehören.

medianet: Ist diese Personalisierung und die damit propagierte Revolution des individuellen Kundenerlebnisses wirklich mehr als ein momentaner Hype?
Wollenburg: Wir sehen dies definitiv als eine langfristige Entwicklung, denn Marketing nach dem Gießkannenprinzip hat ausgedient. Vorreiter sind hier die USA und China, in denen der Lebensmitteleinkauf schon viel ‚digitaler' abläuft.

medianet: Der Handel zählt zu den Branchen, die am stärksten von den Auswirkungen der Digitalisierung betroffen sind. Trotzdem wird oft geunkt, der Lebensmitteleinzelhandel stecke bei der Digitalisierung noch in den Kinderschuhen. Wie schätzen Sie das ein?
Wollenburg: Der Lebensmittel­einzelhandel muss klar bei der Digitalisierung noch aufholen, um sich seine Zukunft zu sichern. Mit einigen Ausnahmen handelt es sich bei den bisherigen Digitalprojekten oft um ‚Leuchtturmprojekte' statt einer digitalen Gesamtstrategie. Diese sollte immer zu Beginn stehen und sinnvollerweise in einem umfassenderen Kontext in die Omnichannel-Strategie eingebettet sein.

medianet: Stichwort Kampagnen: Welche exemplarischen Anwendungen gibt es hier?
Wollenburg: Wir sehen vielfältige Anwendungsmöglichkeiten, Impulse zu setzen und das Einkaufserlebnis zu verbessern. Am POS können zum Beispiel Promotions digital verlängert werden; Chep hat hierfür einen neuen, skalierbaren Service entwickelt, bei dem wir unsere Viertelpalette – die im deutschen Lebensmitteleinzelhandel meistgenutzte Displayplattform – mit einem Beacon ausstatten. Die Palette kann nun via Bluetooth über eine Händler-, Hersteller- oder Loyalitätsprogramm-App mit dem Endkunden kommunizieren. Von der Cross Selling-Aktion bis hin zur Beacon-gestützten Navigation lässt sich vieles realisieren. Auch Smart Analytics zu Kundendaten sind möglich.

medianet: Hätten Sie dafür ein konkretes Beispiel?
Wollenburg: Eine Supermarktkette erinnert direkt an der Zweitplatzierung an den in der Kunden-App verfügbaren Schokoladenriegel-Coupon, der idealerweise personalisiert ist und auf der Kundenhistorie basiert. Gleichzeitig wird noch auf die Produktneueinführung direkt daneben mit neuartiger ­Geschmacksrichtung hingewiesen.

BEWERTEN SIE DIESEN ARTIKEL

TEILEN SIE DIESEN ARTIKEL