••• Von Daniela Prugger
Dem Biomarkt steht eine große Gefahr bevor, sagt Harald Ebner und blickt vielsagend in die Runde. Es ist Mitte Februar und der deutsche Grünen-Politiker versucht Besucher der Biofach-Messe in Nürnberg auf seine Seite zu ziehen, klärt über die Risiken neuer Gentechnikverfahren auf. Die Zuhörer – etwa 20 Journalisten, Biobauern und einige ganz normale Konsumenten – nicken und murmeln zustimmend. Eine Gefahr für den Biomarkt erkennen auch sie. Dabei wächst dieser seit Jahren – 2017 hat der Bio-Umsatz in Deutschland erstmals die 10 Mrd. €-Marke überschritten.
Im österreichischen LEH wurden im Vorjahr biologische Lebensmittel im Wert von 508 Mio. € gekauft. „Bio ist in Gefahr”, sagt Ebner noch einmal. Ja warum eigentlich?
Es geht um die Wahlfreiheit
Gentechnisch veränderte Lebens- oder Futtermittel, die in der EU auf den Markt kommen, müssen gekennzeichnet und rückverfolgbar sein. Der Konsument muss die Wahlfreiheit haben, sich zwischen einem gentechnisch veränderten und einem nicht gentechnisch veränderten Lebensmittel entscheiden können. „Die neuen Gentechnik-Methoden wollen genau diese Gesetze unterwandern”, sagt Ebner. Ein Beispiel: Genome Editing, ein Vorgang, bei dem sogenannte Genscheren das Erbgut zielsicher verändern können, ist derzeit weder nachweisbar noch gesetzlich geregelt. „Diese Verfahren sind präziser als herkömmliche Gentechniken.”
Obwohl sich das Verfahren sehr kompliziert anhört, ist es technisch relativ einfach umzusetzen. In den USA bieten Internetfirmen bereits Do-It-Yourself-Baukästen an, mit denen gentechnisch interessierte Laien das Erbgut von Organismen wie etwa E. coli-Darmbakterien verändern können. Die einfachen Versionen sogenannter CRISPR-Baukästen (die Abkürzung steht für „Clustered Regularly Interspaced Short Palindromic Repeats”) kosten umgerechnet 120 €, umfangreichere Sets bis zu 810 €.
Zulassung ab 2021
Der Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter erhofft sich von diesem Werkzeug, dass Pflanzen „schnell und effizient ertragreicher und widerstandsfähiger gegen Krankheiten, Schädlinge, Hitze und Wassermangel werden. Sie sollen Nährstoffe besser aufnehmen und verarbeiten, um ein nachhaltiges und produktives Landwirtschaften zu ermöglichen.”
Gerste, Raps, Mais, Soja und Kartoffeln gehören zu den Kulturen, die mit solchen Verfahren bereits verändert werden. Erste Produkte sind bereits für 2021 angekündigt. EU-politisch wurde noch nicht entschieden, ob diese Verfahren als „Gentechnik” geregelt werden. Da kommt Bio ins Spiel: „Für Bio-Kunden ist Gentechnikfreiheit selbstverständlich; oft ist sie ein wichtiges Kaufkriterium. Die Bio-Branche wäre deshalb besonders gefährdet durch unregulierte und unkontrollierte Gentechnik.”
Die Regulierungsfrage
Konzerne wie Dupont und Monsanto haben bereits erste probate Saatgut-Produkte in Entwicklung. Sobald diese Pflanzen auf den Ackern sind, kann es zu Kontaminationen kommen. Von Wahlfreiheit kann dann keine Rede mehr sein, sagt Ebner. „Die allermeisten Menschen wollen keine Gentechnik im Essen, egal ob ,alte' oder ,neue'. Für sie ist klar: Auch neue Gentechnik ist ganz klar Gentechnik und muss genauso reguliert und gekennzeichnet werden.”
Er lobt die Rolle des Lebensmittelhandels: „Im Moment erleben wir, dass der Handel das verstanden hat – und zunehmend auf Lieferketten ohne Gentechnik setzt.” Von Aldi (also: Hofer) bis Lidl setzen zunehmend auch Diskonter auf Biomarken und Transparenz in Sachen Kennzeichnung. „Aber die Gentechnik-Lobby ist stark. Die der Verbraucher nicht”, so Ebner.
Ein Biobauer aus der Zuschauerreihe erhebt sich: „Ich hab mal ne Frage. Uns Biobauern geht es ja eigentlich gut. Wir können von unseren Erzeugnissen leben. Aber was ist eigentlich mit den Konsumenten? Warum kaufen Menschen überhaupt gentechnisch veränderte Lebensmittel?” Er setzt sich wieder in die ihm zustimmende, murmelnde Menge. „Die allermeisten Menschen wollen keine Gentechnik im Essen, egal ob ,alte' oder ,neue'”, erwidert Ebner. Genau das zeigen ja die Umsatzzuwächse in Bio. Jetzt ginge es darum, diese zu verteidigen.