Loyalty ist mehr als nur Rabatte – mittlerweile eine wichtige Maxime in der Szene der Kundenbindungsprogramme. Zugeschrieben wird die Aussage Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will. Um herauszufinden, was Loyalty bedeutet und was der Kunde wirklich will, lud medianet-Herausgeber Oliver Jonke eine hochkarätige und erfahrene Runde ins Grazer Schlosshotel. Mit all ihrer Erfahrung diskutierten Otto-CEO Harald Gutschi, Payback Österreich-Geschäftsführer Walter Lukner und Universitätsprofessor Michael Ehret, was Loyalty bietet und was nicht.
Ein Einblick aus dem Versandhandel eröffnet den Austausch. „Kundenbindung bedeutet, dass der Mensch wiederkommt, nicht die Ware“, sagt Gutschi mit einem Augenzwinkern, liefert aber auch gleich Fakten mit: Die Retourenquote bei Otto lag vor zehn Jahren bei 40%, sie sinkt jährlich um rund ein Prozent. Gleichzeitig steigt die Kundenzufriedenheit, die man per Net Promoter Scores (NPS) misst – dieser erhebt, wie wahrscheinlich man ein Unternehmen weiterempfiehlt. Heutzutage, führt Gutschi aus, wählen die Menschen selektiver: „Es gibt mehr Möglichkeiten, sich zu informieren, Online-Bewertungen und Erfahrungsberichte können Kaufentscheidungen beeinflussen.“
Lukner fasst die Aussage noch weiter, mit dem Input eines Multipartner-Programms wie Payback: „Der Kunde kommt dann wieder, wenn er das Unternehmen mag, der Preis stimmt, Service angeboten wird. Die Marke selbst spielt ebenso eine Rolle wie da und dort die räumliche Nähe.“ Rein auf Rabatte fokussierte Apps bringen nicht viel: Ist ein Kunde bereit, wegen 25% Discount den Anbieter zu wechseln, macht er das auch wegen eines Prozents mehr.
Vertrauen ist entscheidend
Eine wissenschaftliche Einordnung liefert Michael Ehret: „Ich würde Loyalty nicht auf das reine Wiederkaufsverhalten reduzieren.“ Er selbst ist seit 2020 als Professor für Marketing und Digitalisierung am Institut für Marketing der Universität Graz tätig. Ehret erlangte sein Doktorat und seine Habilitation im Fach Betriebswirtschaftslehre an der Freien Universität Berlin mit Forschungsarbeiten zu digitalen Geschäftsbeziehungen in Business-to-Business Märkten. Neben einigen Aufenthalten als Gastprofessor arbeitete er auch jahrelang als Associate Professor an der Nottingham Trent University.
Mit diesem wissenschaftlichen Hintergrund illustriert er, was für ihn wichtig ist und ergänzt damit seine Vorredner: „Zentral sind Vertrauen, Service und individuelle Angebote.“ Ein Beispiel dafür ist etwa Google. Es gibt nicht viele Firmen, deren Marke zu dem Synonym einer alltäglichen Routine eines großen Teils der Menschheit wurde. Das Unternehmen hat sich gegen viele andere Suchmaschinen durchgesetzt. Doch der immer höher werdende Digitalisierungsgrad in allen Bereichen setzt sogar dem Branchenriesen zu. Die beste Kundenbindung im Wettbewerb schafft ein Service, der für Nutzer relevant und nicht austauschbar ist.
Mit der eigenen App
Während Google unter anderem durch Künstliche Intelligenz unter Druck kommt, stellt die zunehmende Digitalisierung Händler vor Herausforderungen. Dazu kommen zunehmende und vielerorts notwendige Regulierungen im Hinblick auf Daten. Somit müssen sich die Unternehmen damit auseinandersetzen, wie sie an den für Bindungsprogramme wichtigen Datenschatz kommen. Viele setzen dabei auf eigene Apps. Eine solche aufzusetzen ist aber kosten- und auch personalintensiv. Lukner konkretisiert, wie niedrigfrequent manche Dienstleistungen genutzt werden: Textilien werden im Schnitt 2,5 Mal im Jahr gekauft, Brillen braucht man etwa alle zwei Jahre neu. Da erscheint es schwierig, mit einem hauseigenen Produkt genug Traffic zu generieren.
Gutschi bringt es auf den Punkt: „Im Food-Bereich geht es um tägliche Einkäufe, aber rund 90 Prozent der Händler haben eine Frequenz von zwei- bis sechsmal im Jahr.“ Sport- und Lifestyle-Marken wie Adidas oder Starbucks können ihre (ohnehin treue) Kundschaft hingegen mittels Apps öfter incentivieren, an die Marke zu denken. Ehret macht eine Zwischenbilanz: Datenkontrolle ist bei hauseigenen Apps zwar leichter, aber diese sind kein Allheilmittel. App oder Multipartnerprogramm, das Ziel ist immer, dass B- und C-Kunden noch mehr Geld ausgeben. Apropos Kundenansprache: Die funktioniert nach wie vor und gezielt via Papiercoupons. Eine „Kundenerziehungsanstalt“, sei Payback laut Lukner beispielsweise nicht: „Wenn man heute keine Plastikkarte hat, lässt man ein Potenzial von bis zu 40 Prozent liegen.“
Noch mehr Potenzial
Von den modernen Möglichkeiten darf man sich sowieso nicht blenden lassen. Gutschi berichtet, dass die eingehenden Calls von rund sieben Millionen im Jahr 2010 auf mittlerweile eine Million gesunken sind – der Kundschaft ist es aber nach wie vor wichtig, dass man zum Hörer greifen kann: „Österreich ist mancherorts Neuerungen gegenüber sehr aufgeschlossen, aber sich beispielsweise damit zu befassen, dass dieselbe Leistung woanders günstiger sein könnte, ist oft schwierig. Da sind wir eine Kombination aus Laptop und Lederhosen.“
Gerade bei Banken, Versicherungen oder im Energiebereich ist man hierzulande konservativ. Ein Fingerzeig für niedrigfrequente Branchen, Angebote zu schaffen und sich Lösungen zu überlegen. Schließlich ruft ja auch die Politik zum Preisvergleich in diesen Bereichen auf. An der Stelle sei die Crux wiederholt: Wer wegen niedrigerer Preise kommt, geht auch deswegen leichter. Wer „Anbieterwechsel“ sagt, muss sich in Zukunft überlegen, wie die Kundschaft bleibt – vor allem, weil der Kostendruck auf Privathaushalte hoch ist.
Relevanz als Faktor
Diese Balance zwischen Tradition und Innovation führt zum entscheidenden Punkt: Relevanz. Dazu gehört klarerweise die einfache Bedienbarkeit. Hierbei gibt es noch viel, was getan werden kann. Ein Beispiel: Das Ablegen von diversen Karten in einer Wallet, die dann beim Check-Out automatisch mit gescannt werden. Ein weiteres Beispiel ist die Payback-App, die sich dem Aussehen des jeweiligen Shops anpasst.
Ehret zeigt sich abschließend überzeugt: „Die Fahnenstange im Hinblick auf Digitalisierung ist bisher nicht erreicht.“ Aus Sicht der Kundenbindung müsse man dies sogar bis zum One-to-One-Marketing denken, findet Lukner. Was also will der Kunde? Das fasst Gutschi so zusammen: „Weil die Welt überall nur einen Klick entfernt ist, muss man die Kunden schnell und individuell binden.“
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