••• Von Christian Novacek
Einmal jährlich liefert Standort + Markt seinen großen Check über die Performance der Shopflächen in den 20 größten Städten Österreichs. Dieses Monitoring gibt es seit 2013 – und es ist zum zuverlässigen Trendbarometer bezüglich Zustand und Veränderung in den österreichischen Cities geworden.
Anhand der Analyse von 24 Geschäftsbereichen mit insgesamt 13.344 Shops auf einer Fläche von über zwei Mio. m² plus 16 ausgewählten Kleinstädten präsentiert sich das Shopflächen-Geschehen in Österreich quasi als offenes Buch. Die hervorstechendste aktuelle Entwicklung dabei ist wenig erquicklich: „Die rückläufige Flächenentwicklung ist stiller Zeuge der veränderten Konsumgewohnheiten”, führt Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will aus. „Der Modehandel verliert an den E-Commerce, während die Gastronomie zulegt. Wachstumskaiser ist der Leerstand. Wir beobachten dabei ein Auseinanderdriften der Städte. Die gesunde Mitte geht mehr und mehr verloren, während die Konzentration an den Rändern zunimmt”, so Will.
Die Gesamtheit der City-Shopflächen ist heuer zum zweiten Mal in Folge nicht mehr gewachsen, sondern hat sich gegenüber dem Vorjahresbestand um 0,1% reduziert. Das ist zwar kein ausgesprochen alarmierender Wert, aber er steht für eine interessante Trendwende, die da lautet: Die Zeit der Expansion scheint vorüber zu sein.
„Es entstehen zwar in Prima-Lagen nach wie vor Flächen, die durchaus ihre Abnehmer finden, gleichzeitig werden aber mancherorts ehemalige Shopflächen, die nicht mehr am Markt für Shops vermietet werden können, vom Markt genommen”, erklärt Standort + Markt-Geschäftsführer Hannes Lindner. Diese Flächen bleiben entweder ungenutzt oder sie werden anderweitig verwendet, etwa: Umwandlung in Büros, Arztpraxen, Betreuungsreinrichtungen und sonstige Dienstleistungen fernab des Handels. Ebenso vorstellbar und nahe dem Paradoxon wären Lagerflächen für den E-Commerce.
Gewinner und Verlierer
Die größten Flächenzugewinne der letzten Jahre passierten in der Wiener Landstraßer Hauptstraße (+7,2%), in Leoben (+4,9%) und in der Wiener Mariahilfer Straße (+4,1%). Villach (–9,7%) und Wiener Neustadt (–6,1%) mussten die stärkste Gesamtverkaufsflächenreduktion hinnehmen.
Betrachtet man die Entwicklung aus der Branchenmix-Perspektive, so fällt auf, dass der Modeeinzelhandel immer stärker unter Druck gerät. Die Flächenanteile für Fashion haben sich von 33,1% (2014) auf mittlerweile 29,4% reduziert. Im Bekleidungshandel liegt die Onlinequote in Österreich bei 22%, ein absoluter Top-Wert.
E-Commerce drückt
Modegeschäfte sind Bastionen der Innenstädte – aber sie geraten durch den E-Commerce unter Beschuss. Selbiges gilt für den Buchhandel. Von einer Krise wollen Branchenkenner derzeit aber nicht sprechen. Dennoch gilt: Wachstumskaiser in den Städten ist der Leerstand. Hier lag der Anteil 2014 noch bei 4,5%, 2019 sind es bereits 7,3%. Parallel dazu steigt der Anteil der Gastronomie stetig, allerdings auch sehr langsam, nämlich von 12,7% (2014) auf 13,2% in 2019.
In den 24 betrachteten Innenstadtbereichen liegt die Leerstandsrate mit 5,9% auch etwas höher als in Österreichs Shoppingcentern (4,5%), die mit erhöhtem Gastronomieanteil gegensteuern. In den Toplagen beträgt der Gesamtwert 5,3%. Die durchschnittliche Leerstandsquote inklusive Kleinstädte-Sample erhöht sich mithin auf 7,4% – zumal kleinere Städte grundsätzlich eine signifikant höhere Leerstandsrate haben.
„Insgesamt hat sich die Leerstandsrate im Vergleich zum Vorjahr um 0,8 Prozentpunkte erhöht, in den A-Lagen kam es sogar zu einer Verschlechterung von beinahe zwei Prozentpunkten”, führt Standort + Markt- Gesellschafter Roman Schwarzenecker aus. Er ist überzeugt: „Der jahrelange Abwärtstrend mit steigenden Leerstandsraten in der Gesamtbetrachtung setzt sich damit weiterhin fort.”
Als wichtiger Erfolgsfaktor für den stationären Einzelhandel entwickelt sich der Tourismus. Mit Salzburg (1,5%), Innsbruck (2,8%) und der Wiener City (3,3%) finden sich drei Tourismus-Hochburgen mit entsprechend hoher Passantenfrequenz auf den vorderen Plätzen mit einer Leerstandsrate unter 4%.
Herausforderungen spüren Sekundärstädte wie Wiener Neustadt, Steyr, Krems und Eisenstadt – mit dezentralen Einzelhandelsentwicklungen an der Peripherie.