Der globale Markt im Bereich Sharing Economy ist mit rund 260 Mrd. € in etwa so groß wie jener für Drohnen. Der Markt ist sehr heterogen, Schätzungen gehen davon aus, dass 20% auf Handel und Konsumgüter entfallen, 16% auf Automotive und Transport. Ein nicht unwesentlicher Teil, somit hat dieser Bereich Relevanz für den heimischen Retailmarkt. Große, teure oder selten genutzte Gegenstände nicht per se zu besitzen, liegt wohl in der Natur des Menschen.
Schon alte Handelszünfte im Mittelalter gaben gebrauchte Dinge weiter. Im 19. Jahrhundert kamen in Frankreich Flohmärkte auf, heute haben sich diese in den Online-Bereich verlagert. Der grundlegende Unterschied zwischen Sharing Economy und Secondhand ist der Eigentumsübertrag. Beide Konzepte haben für den Endverbraucher einen Vorteil: Letztlich muss für ein benötigtes Produkt weniger Geld auf den Tisch gelegt werden.
Sharing Economy ist als Konzept nicht neu. Bereits in den 1960er-Jahren schlossen sich hierzulande landwirtschaftliche Betriebe zusammen, um gemeinsam Maschinen anzuschaffen und zu nutzen. Gemeinschaftsgärten sind nicht erst mit der Erfindung des Internets entstanden. Wobei das World Wide Web heute eine große Rolle beim Teilen spielt.
Schnäppchenjagd
Hierzulande kann man die Schnäppchenjagd von Herr und Frau Österreicher an einer Statistik festmachen: der Online-Marktplatz willhaben ist gemäß ÖWA zwischen Online-Angeboten von klassischen Medien auf den Toprängen in Sachen Unique User und Visits, bei den Page Impressions die Nummer eins. Sportgeräte, Möbel oder Autos wechseln so mehrfach die Besitzer, bevor sie auf dem Müll landen.
Kfz sind ein gutes Stichwort: Durch die jährliche Pickerl-Überprüfung oder preislich überschaubar teure Ankaufstest haben Käufer ein hohes Maß an Sicherheit; Leasing ist ohnehin Teil des Geschäftsmodells. Bei anderen Gegenständen muss man sich schlichtweg auf die Integrität der Verkäufer verlassen – wenn es die Produkte überhaupt gibt, wie etwa spezielle Werkzeuge. Diese sind oft teuer und werden selten gebraucht.
Das Gleiche trifft auf Sportgeräte, allen voran Ski, aber auch eBikes, zu. Darum entdecken immer mehr Retailer den Geräteverleih für sich. Sharing Economy in dieser Form bietet viele Vorteile. Für die Händler: Statt weniger Ski zu verkaufen, können durch das Leihen Umsätze generiert werden, anstatt Skier und Co. verstauben zu lassen; darüber hinaus können aus den Service- und Beratungssituationen echte Käufe werden. Und die Kunden haben ein hohes Maß an Sicherheit, dass die Produkte wirklich in einem guten Zustand sind. Die Retailer haben dies als Teil des Geschäftsmodells verstanden und profitieren von zweistelligen Wachstumsraten.
Starke Steigerung im Sport
Wie gut das ankommt, weiß Franz Koll, Geschäftsführer von Intersport Austria: „Der Trend zum Leihen ist in den letzten Jahren stark gewachsen – im vergangenen Winter haben wir im Verleih ein zweistelliges Plus von 13% erzielt, der Anteil österreichischer Kunden stieg sogar um 19%.“
Gerade für Familien mit Kindern im Wachstum ist dies nicht nur komfortabel, sondern auch wirtschaftlich und nachhaltig. Und „für uns als Händler bedeutet das, dass wir ganzjährig in Kundenbindung investieren – vom Skiverleih im Winter bis zum Bike-Verleih im Sommer.“ Der Verleih von Alpinausrüstung ist bei Intersport das stärkste Standbein, und der Verleih-Anteil wächst weiterhin.
Dieser Analyse pflichtet Irina Arndorfer, Geschäftsführerin von Sport 2000 Österreich, bei. Wie der Mitbewerber kennt man einen weiteren Vorteil: „Über unsere moderne Buchungsplattform Sport 2000 rent reservieren Kunden ihr Equipment bequem online und holen es zum gewünschten Zeitpunkt topgewartet im ausgewählten Store ab. So verbinden wir digitalen Komfort mit persönlicher Beratung vor Ort.“
Mieten statt kaufen
Wie läuft der Markt abseits der Sportgeräte? Mediamarkt Österreich etwa hat, wie man auf Anfrage mitteilt, den Trend hin zur Leihe erkannt und geht diesen Weg in Form einer Kooperation. In Zusammenarbeit mit Grover bietet man Technik von Smartphones und Tablets über Gaming-Konsolen und -Zubehör bis hin zu Haushaltsgeräten, Kameras oder E-Scootern zur Miete an.
Das Vermieten von Geräten und Werkzeugen hat Obi naheliegenderweise zu einem Teil des Geschäftskonzeptes gemacht: „Das Mietmodell erfreut sich wachsender Beliebtheit. Im Geschäftsjahr 2024 hat Obi den Umsatz mit vermieteten Geräten europaweit um 17% im Vergleich zum Vorjahr gesteigert.“ Im Hinblick auf Ressourcenschonung geht man dann noch einen Schritt weiter: „Innerhalb des Mietmodells strebt Obi nach konstanter Optimierung und arbeitet an der fortlaufenden Elektrifizierung der Flotte. Etwa 80% der Mietgeräteflotte sind inzwischen elektrifiziert.“
Skepsis beim Tausch
So weit, so gut. Welche Rolle aber spielen in Sachen gemeinsamer Besitz Tauschbörsen wie beispielsweise Willhaben, Facebook Marketplace, entsprechende Rubriken auf Ebay oder Amazon, bis hin zu Billiganbietern wie Temu? Wenn etwas als leistbar angesehen wird, kauft man es, wenn es nicht regelmäßig benutzt wird? „Wir beobachten hier keinen Zusammenhang. Kunden, die moderne Technik mieten möchten, wollen dies schnell, unkompliziert und sicher bei einem seriösen, vertrauenswürdigen Anbieter tun.“
Secondhand-Plattformen und Tauschbörsen hätten sicher ihre Berechtigung, meint Koll. Schließlich bedienen diese den Wunsch nach leistbarer Ausrüstung sowie nach Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung. Darüber hinaus gilt: „Billigangebote, etwa von Plattformen ohne Fachberatung, mögen auf den ersten Blick attraktiv erscheinen, können jedoch auf Dauer zu Einschränkungen bei der Kundenzufriedenheit führen.“
Während man bei einem Gaming-PC oder einer Bohrmaschine vielleicht noch kurzfristig nur Ärger empfindet, wenn die Qualität nicht passt, kann es bei Sportgeräten schnell sehr gefährlich werden, wie Arndorfer meint: „Gebrauchte Waren oder preisorientierte Angebote mögen kurzfristig attraktiv wirken, bergen jedoch Risiken wie fehlende Qualitätskontrolle, keine Garantie oder unpassendes Material.“
Große Chance für Neues
Derartige Leihkonzepte könnten – ohne dass dies von einem Unternehmen konkret angesprochen wurde – auch ein Argument für Innenstadtlagen sein. Wer will schon durch die ganze Stadt fahren, um Skier zu holen, mit denen es dann im Zug zum Berg geht? Diese Entwicklung bietet zudem kleineren Unternehmen große Chancen. Toolbox24 etwa. Das Wiener Start-up aus dem 15. Bezirk bietet einen Werkzeugverleih, der Kunden über Self-Service-Boxen rund um die Uhr Zugang zu hochwertigen Profi-Geräten bietet. „Und das zu Preisen, die deutlich unter denen von Baumärkten liegen“, wie Gründerin Wibke Giese bekräftigt.
Gerade im städtischen Bereich ist das eine ideale Lösung, auch weil Kunden die Geräte wie Schlagbohrer, Teppichreiniger, Poliermaschinen oder ganze Umzugssets bequem online reservieren können. Weil „eine Bohrmaschine während ihres gesamten Lebenszyklus im Privatgebrauch im Schnitt nur zwischen 13 und 15 Minuten effektiv genutzt wird.“ Ökologische Aspekte wie Ressourcenschonung, Abfallvermeidung und die Verlängerung der Lebenszyklen von Geräten sind starke Treiber. Hinzu kommt ein gesellschaftlicher Trend zu bewusstem Konsum: Immer mehr Menschen möchten nicht mehr alles besitzen, sondern gezielt nutzen: „Digitale Lösungen wie Toolbox24 senken Hemmschwellen und machen das Ausleihen so einfach wie den Kauf.“
Ausgereizt?
Inwiefern der Markt schon ausgereizt ist, unterscheidet sich je nach angebotenem Produkt. Koll sieht noch Potenzial, da sich durch die Teuerung neue Segmente ergeben können, die für die Endkonsumenten interessant sein könnten – über den Skiverleih hinaus. Das betrifft nicht nur andere Sportgeräte, sondern auch spezielle Zusatzausrüstung.
Bei Sport 2000 identifiziert man zwei interessante Zielgruppen: einerseits Touristen, die nicht mit allem anreisen wollen; und andererseits „performanceorientierte Sportler, die für jede Bedingung das perfekt abgestimmte Setup wollen.“
Mediamarkt erwartet ebenfalls noch Wachstum, aber „es muss in gleichem Atemzug erwähnt werden, dass die Miete von Elektronikprodukten eine sehr spezifische Zielgruppe anspricht“. Was immer noch kommen mag, der Markt wächst. Schätzungen gehen davon aus, dass sich der weltweite Sharing-Economy-Markt von 2021 bis 2027 verfünf- bis sechsfacht.
Jahresumsatz der Händler klettert 2025 um +3,2% auf 79,8 Mrd. Euro, Weihnachtsgeschäft leicht über Vorjahresniveau
Der österreichische Einzelhandel verzeichnet 2025 einen Jahresumsatz von 79,8 Milliarden Euro, ein nominelles Plus von 3,2 Prozent gegenüber 2024. Das Weihnachtsgeschäft liegt leicht
