••• Von Christian Novacek
Blickt man auf den aktuellen Eröffnungsreigen der Lebensmittelhändler, möchte man kaum wahrhaben, was offenbar Fakt ist: Die Zahl der Handelsflächen in Österreich ist rückläufig und das bereits seit Jahren. Zwar machte dieser Trend mit gleichbleibender Quadratmeter-Anzahl im Jahr 2017 kurz Pause. Laut den Immobilienspezialisten von Re/Max International sollte das allerdings nur ein kurzfristiger Stopp gewesen sein.
In den Jahren 2016 und 2017 standen Herrn und Frau Österreicher laut KMU-Forschung Austria noch ca. 13.700.000 m² an Verkaufsfläche zur Verfügung. Aufgrund der Umbrüche bei Forstinger und Charles Vögele sowie dem weiterhin steigenden Online-Handel ist aber davon auszugehen, dass es im Jahr 2018 zu einer Flächenreduktion von etwa zwei Prozent gekommen ist. Das entspricht dann auch der durchschnittlichen jährlichen Reduktion der Jahre 2013, 2014 und 2015.
Seit 2013 hat sich die Gesamtverkaufsfläche in Österreich somit um ca. 750.000 m² reduziert, was in etwa vier Mal der Verkaufsfläche der Mariahilfer Straße in Wien entspricht.
Sehr gut ausgestattet
Grund zur Panik ist laut Stefan Krejci, Geschäftsführer der Re/Max Commercial Group, dennoch nicht angebracht: „Österreich ist in Bezug auf Verkaufsflächen insgesamt nach wie vor sehr gut ausgestattet. Wir sehen nur leider, dass diese als Handelsflächen nach den heutigen Anforderungen oftmals am falschen Platz gelegen sind.” Entsprechend sei bei der Nachverwertung dieser Immobilien Kreativität an den Tag zu legen. Kleines Paradoxon am Rande: Der Boom des Onlinehandels könnte in der Nachnutzung von Handelsimmobilien eine Rolle spielen – nämlich dann, wenn mehr kleinere Verteilpunkte für die online georderte Ware notwendig werden.
Der Drang ins Grüne
„Trotz Schwierigkeiten bei Umwidmungsverfahren wollen viele Handelsbetriebe nach wie vor auf die grüne Wiese”, berichtet Immobilienmakler Egon Grassegger, „weil alte Innenstadt-Geschäftslokale für Handelsfilialisten aufgrund der geringen Größen und schwierigen Baulichkeiten kaum zu nutzen sind.” Ebenso seien alte Fachmarkt-Flächen für stationäre Händler nicht mehr allzu interessant.
Wiewohl sich renommierte Handelsunternehmen teils in wirtschaftlich herausfordernden Situationen wiederfinden, gibt es nach wie vor rund 30 Markteintritte von internationalen stationären Händlern in Österreich pro Jahr. „Wir stellen hier nur fest, dass diese neu am österreichischen Markt agierenden Unternehmen oftmals mit einer Handvoll Standorte an absoluten Top-Lagen ihre Expansionsziele erreicht sehen”, sieht Krejci das realistisch. Die Spitzenmieten in Wien liegen dabei bei rd. 400 € pro m2 – und sind somit deutlich höher als die Mieten in den übrigen Landeshauptstädten, wo es beispielsweise Linz in 2018 auf 102 € in der sehr guten Lage bringt, oder Salzburg auf 160 €. Vergleichsweise günstig fällt die Miete in St. Pölten aus: 41 € sind da in der sehr guten Lage möglich, in der durchschnittlichen geht es zackig runter auf 3,50 €.
Die Preisentwicklungen in den Top-Lagen sind (Ausnahme: St. Pölten) im Vergleich zum Vorjahr gleichbleibend bis leicht steigend. Die deutlichste Steigerung verzeichnet Klagenfurt, wo die Handelsflächen-Mieten in den Spitzenlagen zuletzt um ca. 15% angezogen haben.
In Linz, Innsbruck und Graz sind die Handelsmieten in den guten Lagen tendenziell stärker gestiegen. Das hat dazu geführt, dass teilweise die wirtschaftliche Leistbarkeit der Mieten in den Top-Lagen erreicht ist – und einige Handelsunternehmen weichen bereits in die guten Lagen in der Nähe von Top-Lagen aus.
Ungebrochen groß ist die Nachfrage nach Handelsimmobilien in Vorarlberg; dort herrscht schlichtweg Platzmangel. Zusammen mit einer entsprechend einschränkenden Raumordnung bildet das die Haupthürde für die Entstehung neuer Handelsflächen.
Entertainment wichtig
In den Einkaufszentren setzt sich der Trend zu mehr Gastronomie und Entertainment fort. „Die früher so wesentlichen Ankermieter aus der Elektro-, Textil- oder Sportbranche sind zwar heute nach wie vor wichtig, jedoch sehen wir einen deutlichen Trend in Richtung Erlebnis und Steigerung der Aufenthaltsqualität. Dies sind Bereiche, die die Gastronomie und der Entertainmentbereich zukünftig noch viel mehr abdecken werden”, berichtet Krejci.
„Darüber hinaus werden in Zukunft verschiedenste Angebote abseits vom klassischen Mietermix Einzug in die EKZ-Welt halten – beispielsweise Sport- und Arbeitsstätten, Büchereien, etc. So wie sich unser privates Wohnzimmer in den letzten Jahren verändert hat, so wird sich auch das Einkaufszentrum neu definieren, unter anderem als unser erweitertes oder alternatives Wohnzimmer”, ist der Re/Max-Experte überzeugt.