WIFO & HV Konjunkturreport: Konjunktur weiterhin schwach, Juni-Umsätze als Hoffnungsschimmer
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Rainer Will, Handelsverband
RETAIL Redaktion 25.08.2025

WIFO & HV Konjunkturreport: Konjunktur weiterhin schwach, Juni-Umsätze als Hoffnungsschimmer

WIEN. Der vom WIFO im Auftrag des Handelsverbands erstellte Konjunkturreport für das zweite Quartal 2025 zeigt ein angespanntes Bild für den heimischen Einzelhandel. Zwar brachte der Juni mit einem Umsatzplus eine positive Überraschung, insgesamt bleibt die Konsumdynamik jedoch schwach. Erwartet wird daher nur ein leichtes preisbereinigtes Wachstum gegenüber dem Vorjahr. Belastend wirken weiterhin die hohen Energiekosten, die steigende Zahl an Insolvenzen und die rückläufige Beschäftigung.

Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will mahnt zur Vorsicht. „Die strukturellen Herausforderungen – von steigenden Energie- und Personalkosten bis zu hohen Rohstoffpreisen – sind nach wie vor ungelöst. Immerhin hat sich die Stimmung der heimischen Konsument:innen zuletzt verbessert, die Konjunktur bleibt jedoch schwach.“

Besondere Sorge bereitet die Inflation. Laut HVPI lag sie im Juli bei 3,7% und damit deutlich über dem Schnitt des Euro-Raums von 2,0%. WIFO-Ökonom Jürgen Bierbaumer erklärt: „Den stärksten Einfluss hatte die Ausgabengruppe Wohnen, Wasser und Energie.“

Die gesamtwirtschaftliche Leistung stieg im zweiten Quartal lediglich um 0,1% im Vergleich zum Vorquartal. Im Einzelhandel legten die Umsätze im Juni kalenderbereinigt um 3,6% real gegenüber dem Vorjahr zu, nachdem im Mai erst ein leichtes Plus von 0,7% verzeichnet worden war. Unterschiede zwischen Lebensmittel- und Nichtlebensmittelhandel gleichen sich zunehmend an. Rückgänge gab es allerdings im Sport- und Spielwarenhandel sowie im Buch- und Zeitschriftenbereich.
Auch am Arbeitsmarkt zeigt sich ein gemischtes Bild. Im Juli waren 333.000 unselbstständig Beschäftigte im Einzelhandel tätig, ein Rückgang von 2% im Jahresvergleich. Gleichzeitig verzeichnet die Branche rund 11.000 offene Stellen, davon mehr als 9.000 Vollzeitjobs. Parallel dazu klettern die Insolvenzzahlen rapide nach oben: Im zweiten Quartal wurden 185 Insolvenzen eröffnet, ein Plus von 6,9% oder mehr als zwei pro Tag.
Eine interessante Entwicklung zeigt sich bei den Lebensmittelpreisen. Während die allgemeine Inflation in Österreich zuletzt deutlich über jener in Deutschland lag, sind die Preise für Nahrungsmittel hierzulande weniger stark gestiegen. Der heimische Lebensmittelhandel habe in den vergangenen fünf Jahren inflationsdämpfend gewirkt, betonen die Autoren des Reports.

Das Verbrauchervertrauen erreichte im Juli den höchsten Wert seit neun Monaten, liegt aber weiterhin im pessimistischen Bereich. Die Lageeinschätzung der Händler stagniert auf niedrigem Niveau, während die Konsument:innen zuletzt etwas optimistischer wurden.

Für den weiteren Jahresverlauf bleibt die Prognose verhalten. Das WIFO erwartet, dass die privaten Konsumausgaben 2025 real nur um 0,4% wachsen werden, während die Sparquote mit 10,8% hoch bleibt. Die reale Wertschöpfung im Handel wird im laufenden Jahr voraussichtlich um 0,2% zurückgehen. Erst 2026 ist wieder mit einer breiteren Ausgabenbereitschaft der privaten Haushalte zu rechnen.

„Der Konjunkturreport Einzelhandel zeigt klar, dass unsere Branche derzeit mit vielen Herausforderungen zu kämpfen hat. Insbesondere die anhaltend hohe Inflation aufgrund des Preistreibers Energie sowie die Erosion der wirtschaftlichen Zuversicht bereiten uns Sorgen. Gezielte Maßnahmen zur Unterstützung kleiner Handelsbetriebe und ein Level Playing Field im Onlinehandel dürfen nicht aufgeschoben werden, um das wirtschaftliche Comeback nach drei Rezessionsjahren einzuleiten“, betont Rainer Will abschließend.

 

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