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18.12.2015

Arbeitsmarkt gerettet?

Das „Kreuz mit dem Gipfel”: All-In-Gehalt, Ausbildungskostenrückersatz und Konkurrenzklausel sind die arbeitsrechtlichen Schreckgespenster der Bundesregierung.

••• Gastkommentar von Wolfgang Kapek und Manuel Müllner

WIEN. Ende Oktober traf sich die Bundesregierung zu einem Arbeitsmarktgipfel, um die Rekord-Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Die Ergebnisse der Gespräche wurden am 10.12. im Nationalrat beschlossen und sollen im Wesentlichen mit Jahreswechsel in Kraft treten.

Das Sozialministerium hat sich dabei vor allem dem Kampf gegen den „Wildwuchs von Pauschalentlohnungen und Konkurrenzklauseln” verschrieben und fordert in Einklang mit Arbeiterkammer und Gewerkschaften mehr „Transparenz” bei der Ausgestaltung von Arbeitsverträgen.

„Angemessenes” Grundgehalt

Ab dem 1. Jänner 2016 gelten daher strengere Anforderungen an arbeitsvertragliche All-In-Klauseln. Der Grundlohn muss dann betragsmäßig im Vertrag ausgewiesen werden. Ein Verweis auf das kollektivvertragliche Mindestgehalt (wie dies bisher üblich war) wird in Zukunft nicht mehr ausreichen.

Unterbleibt die betragsmäßige Nennung, wird ein „angemessenes” Grundgehalt inklusive branchen- und ortsüblicher Überzahlungen angenommen. In Branchen, in denen üblicherweise deutlich über den kollektivvertraglichen Mindestlöhnen gezahlt wird, ist mangels Vereinbarung dieser höhere Grundlohn heranzuziehen, sodass nur ein wesentlich geringerer Betrag zur Deckung von Überstunden übrig bleibt (bei Nichtdeckung: Gefahr von Nachzahlungen und erheblichen Verwaltungsstrafen).
Zum anderen ist die einzelne Überstunde durch den erhöhten Grundlohn auch teurer. Fraglich ist zudem, wer zur Bestimmung des „angemessenen” Grundgehalts berufen ist.
Grundsätzlich gelten die neuen Anforderungen für All-In-Vereinbarungen, die nach dem 1. Jänner 2016 abgeschlossen werden. Vorsicht ist aber jedenfalls geboten, wenn bei einer Gehaltserhöhung ein neuer Dienstzettel ausgestellt wird, in dem wiederum das Grundgehalt betragsmäßig auszuweisen ist.

Konkurrenzklauseln

Laut einer Aussendung des Sozialministeriums findet sich in jedem vierten Arbeitsvertrag in Österreich eine (nachvertragliche) Konkurrenzklausel. Zur Eindämmung wird das erforderliche Mindestentgelt zunächst von zuletzt 2.635 auf 3.240 € (exklusive Sonderzahlungen) angehoben, um die Gültigkeit einer nachvertraglichen Konkurrenzbeschränkung auf Besserverdiener einzugrenzen.

Als weitere Maßnahme wurde das zulässige Höchstausmaß einer Konventionalstrafe für einen Verstoß mit sechs Nettomonatsentgelten festgelegt – wobei auch hier ausdrücklich Sonderzahlungen unberücksichtigt bleiben)
Arbeitnehmer konnten unter bestimmten Voraussetzungen schon bisher zur Rückzahlung der vom Arbeitgeber für sie aufgewendeten Ausbildungskosten verpflichtet werden, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von fünf Jahren nach dem Ende der Ausbildung geendet hat; die zulässige Höchstdauer wurde nunmehr auf vier Jahre reduziert und zudem ausdrücklich klargestellt, dass die Aliquotierung der Rückersatzverpflichtung zwingend in Monatsschritten erfolgen muss.

Statt 10 jetzt 12 Stunden

Die tägliche zulässige Höchstarbeitszeit von grundsätzlich zehn Stunden kann durch das Lenken eines Kfz (selbst wenn es vom Arbeitgeber angeordnet ist) auf bis zu zwölf Stunden ausgedehnt werden, um etwa Arbeitnehmern auf Dienstreise die Heimfahrt zu ermöglichen, anstatt zur Übernachtung am Einsatzort gezwungen zu sein.

Teilzeitmitarbeiter sind nun verpflichtend über freie Arbeitsplätze im Betrieb zu informieren, die zu einem höheren Arbeitszeitausmaß führen können.

Mutterschutz- und Karenzrecht

Wie bereits bisher besteht grundsätzlich ein Anspruch auf Herabsetzung der Arbeitszeit, um sich der Kindeserziehung widmen zu können, sofern die allgemeinen ­Voraussetzungen vorliegen.

Nach der alten Rechtslage waren Arbeitnehmer aber grundsätzlich frei in der Festsetzung des Ausmaßes der Elternteilzeit. Durch die Gesetzesänderung wird eine sogenannte Bandbreite eingeführt, wonach der Arbeitnehmer – will er den Anspruch einseitig durchsetzen – die Arbeitszeit um mindestens 20% herabsetzen muss, dabei 12 Stunden/Woche jedoch nicht ­unterschreiten darf.
Nach neuer Gesetzeslage kann (was bisher nicht möglich war) ein unselbstständig erwerbstätiger Elternteil auch bei vorangehender Betreuung des Kindes durch einen selbstständig erwerbstätigen Elternteil die Karenz „nachmelden” und innerhalb der ersten beiden Lebensjahre des Kindes antreten.
Alle Arbeitnehmerinnen haben zukünftig einen Kündigungs- und Entlassungsschutz bis vier Wochen nach einer Fehlgeburt.

Keine echte Entlastung

Die angekündigte Entlastung der Arbeitgeber stellt sich auf den ersten Blick nicht als großer Wurf dar. Propagiert wurde im Vorfeld des Arbeitsmarktgipfels eine Senkung der Lohnnebenkosten. Das Budgetbegleitgesetz 2016 enthält dazu nunmehr eine konkrete Bestimmung. Die Dienstgeberbeiträge zum Familienlastenausgleichsfonds werden ab 2017 von 4,5 auf 4,1% gesenkt und 2018 noch einmal auf 3,9%. Eine weitere Reduktion um 0,1% wird für Unternehmen fällig, die einen gesetzlich verankerten Zielwert zur Beschäftigung älterer Arbeitnehmer (Branchenschnitt) erreichen oder übertreffen.

Im Gegenzug dazu müssen Arbeitgeber mit 25 Beschäftigten oder mehr ab 2018 die doppelte Auflösungsabgabe für Kündigungen von derzeit 118 € bezahlen, wenn sie weniger ältere Arbeitnehmer beschäftigen als im Branchenschnitt.

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