••• Von Paul Christian Jezek
Die heimische Chemieindustrie konnte sich 2016 nach drei negativen Jahren wieder erholen. Allerdings liegt das obige Ergebnis noch immer um fünf Prozent unter dem historischen Höchststand von 2012.
„Die Chemieindustrie konnte sich in den letzten Jahren aufgrund ihrer breiten Verankerung im Wirtschaftsprozess der generell schwachen Entwicklung nicht entziehen”, analysiert Bank Austria-Ökonom Günter Wolf. „Vor allem ist es der Branche nicht gelungen, das fehlende Inlandsgeschäft mit höheren Auslandsumsätzen auszugleichen.” 2016 kam jedoch die Trendwende: Während der Inlandsumsatz der Chemieindustrie ungefähr im Ausmaß des Rückgangs der Erzeugerpreise um 1,9% nominell zurückging, stieg der Auslandsumsatz um 5,3% an.
Chemie bringt neue Jobs
Trotz des geringen Branchenwachstums 2016 entstanden in der Chemieindustrie mehr als zwei Prozent bzw. knapp 400 neue Arbeitsplätze (im Vergleich zum Beschäftigungszuwachs von 0,3 Prozent in der österreichischen Industrie insgesamt).
Ende 2016 arbeiteten in der Branche rund 17.600 Menschen, das entspricht drei Prozent aller Industriebeschäftigten. Das Beschäftigungswachstum in der Chemieindustrie beschleunigte sich im Jahresverlauf bis ins vierte Quartal auf über drei Prozent und bestätigte damit den Optimismus für die nächsten Monate, den die Unternehmer bereits in den Konjunkturbefragungen erkennen ließen.
„Die Vorzeichen für die Chemiekonjunktur sind heuer positiv, kündigen aber noch keine überdurchschnittlich dynamische Branchenentwicklung an”, meint Wolf. „2017 wird sich das Wirtschaftswachstum in wichtigen westeuropäischen Exportmärkten, die immerhin das Ziel von 55 Prozent der heimischen Chemieexporte sind, nur leicht beschleunigen. Stärkere Nachfragezuwächse nach heimischen Chemieprodukten sind in den größeren osteuropäischen Ländern und voraussichtlich in den USA zu erwarten. Das sind Märkte, in die jeweils drei bis vier Prozent der Branchenexporte geliefert werden.” Zumindest sollte Österreichs Chemieindustrie heuer an ihr langfristiges Wachstumsniveau von durchschnittlich drei Prozent in den letzten 20 Jahren anschließen können – sowohl in Bezug auf die Produktionsleistung als auch auf den nominellen Umsatz.
Innovationsaktiv & profitabel
Die Chemieindustrie in Österreich hat damit in der Vergangenheit die europäische Konkurrenz hinter sich gelassen, denn im EU-Schnitt erreichte die Branche in den letzten 20 Jahren ein Produktionsplus von nur rund einem Prozent; zudem konnte die Branche ihre internationale Position erfolgreich verteidigen, wie die Verbesserung der Außenhandelsbilanz mit Chemiewaren zeigte.
Das Außenhandelsdefizit ist vom bisherigen Höchststand von 1,5 Mrd. € 2005 auf rund 960 Mio. 2016 gesunken. In erster Linie hat sich die Handelsbilanz mit Produkten verbessert, deren Qualität, gemessen an den Exportwerten pro Produkteinheit, langfristig gestiegen ist. Das sind vor allem technische Kunststoffwaren und Chemiefasern.
Hingegen wächst das Defizit vor allem in Segmenten, wo die Produktionskapazitäten in Österreich zu klein sind, um die kontinuierlich wachsende Inlandsnachfrage zu decken: Das sind in erster Linie konsumnahe chemische Produkte und bestimmte chemische Grundstoffe. 2016 entfielen vom gesamten Außenhandelsdefizit mit Chemiewaren von 960 Mio. € rund 730 Mio. € auf die Warengruppe Reinigungsmittel und Kosmetika, davon wiederum knapp 600 Mio. € auf Kosmetikprodukte und Parfums.
Besonders innovationsaktiv
Die Grundlage für die Erfolge ist die hohe Innovationskraft der Chemieindustrie in Österreich, die zu den innovativsten Branchen Europas zählt.
„83 Prozent der österreichischen Chemiebetriebe sind im Sinne der EU-Innovationserhebung innovationsaktiv. Das heißt, sie haben in den Jahren 2012 bis 2014 Produkt- oder Prozessinnovationen betrieben.
Die Innovationen stärkten die Konkurrenzfähigkeit der Chemie-industrie, sicherten langfristig den Wachstumsvorsprung der Branche und waren letztendlich für einen Teil der guten Ertragsentwicklung verantwortlich”, betont Günter Wolf.