••• Von Paul Christian Jezek
Gut – aber alt und überlastet war eine der leistungsfähigsten Profilieranlagen von Welser Profile im Produktionswerk Gresten noch Ende 2015; ein Dreivierteljahr und fünf Mo. € später stiehlt sie nach einer Rundumerneuerung dank Vielseitigkeit, Prozesssicherheit und Energieeffizienz ihresgleichen die Show.
Zielsetzung war die Produktion möglichst langer und schwerer Profile mit komplexer Formgebung; dafür musste die Anlage auf eine Bandbreite von 800 mm ausgelegt und um zehn Verformungsstufen verlängert werden. Auch die Vorstanzpresse bedurfte einer Erneuerung – nur mehr Richtmaschine und Stahlbau der alten Profiliermaschine sollten bestehen bleiben.
Noch mehr Möglichkeiten
In die intensive Planungs- und Fertigungsphase flossen sowohl die zum Teil jahrzehntelange Erfahrung der Spezialisten von Welser Profile wie auch die Anforderungen der Kunden ein. Dann hieß es Abschied nehmen von der alten Profilieranlage – einzelne Komponenten wurden demontiert und einer anderen Verwendung zugeführt.
Nun setzt nicht nur die Verformung neue Maßstäbe, auch die Nachbearbeitungskette wurde verlängert und bietet eine breitere Palette an Möglichkeiten in schnellerer Geschwindigkeit.
Ein mobiler Laser ist einsatzbereit, und eine Schnittstelle für diverse Operationen wie Oberflächenbehandlung, Profilkennzeichnung und diverse Prüfverfahren wurde geschaffen. Das Trennaggregat wurde mit neuer Antriebstechnik ausgestattet, was die Dynamik und damit die Schnelligkeit erhöht. Auch eine Metallkreissäge für große Profilquerschnitte steht zur Verfügung.
Hier kommt Industrie 4.0
Dass auf energieeffiziente Fertigung Wert gelegt wurde, liegt auf der Hand: Energie wurde – wo immer möglich – rückgespeist und gespeichert, Hydrauliken wurden mit einer Energiesparschaltung versehen. Sicherheitstechnisch ist die Anlage auf dem neuesten Stand, von den erleichterten Arbeitsbedingungen für die Mannschaft ganz zu schweigen. Besonderes Schmankerl: das gemeinsam mit dem Lieferanten entwickelte Steuerungskonzept definiert einen neuen Standard bei Welser Profile und ist Basis für Industrie 4.0.
Fazit: Aus der alten Profilieranlage ist eine Multifunktionsanlage für Produkte geworden, die dank vieler Eigenentwicklungen nicht nur nachahmungssicher ist, durch Prozesssicherheit und damit einhergehend geringere Standzeiten sowie minimierten Ausschuss überzeugt. Sie erlaubt auch einen verbesserten Service: Die Planung kann flexibler gestaltet werden, und die Profile können direkt von der Anlage zur Verladung auf den Waggon oder Lkw. Dies soll auch internationalen Kunden wie Bombardier, CAF oder Siemens zugutekommen, die auf Welser Profile in Güter- oder Personenwaggons vertrauen. Diese sind weltweit im Einsatz – Kanada, Brasilien oder Südafrika sind nur einige Beispiele; kein Wunder also, dass die Anlage schon jetzt dreischichtig ausgelastet ist.
Komplexe Rüstprozesse
Die zunehmenden Möglichkeiten der Digitalisierung beeinflussen maßgeblich die Weiterentwicklung der Produktionsanlagen und -prozesse. Das Handwerk zur Einstellung und Bedienung der Anlagen wird zunehmend von IT-Lösungen und Automatisierungen unterstützt.
„Eine digitale Begleitung bei komplexen Rüstprozessen wurde erst kürzlich in Betrieb genommen”, berichtet Geschäftsführer Thomas Welser. „Damit unsere Mitarbeiter diese Schritte umsetzen und begleiten können, ist eine zielgerichtete Qualifikation notwendig; daher investieren wir in die Qualifizierung unserer Belegschaft – und damit in den Standort Niederösterreich.”
Für 2016 sind insgesamt rund 23 Investitions-€-Millionen für die Standorte in Österreich und Deutschland veranschlagt. „Neben den Investitionen in den Maschinenpark liegt der Fokus vor allem auf der Automatisierung und Digitalisierung”, sagt Welser.
Das Unternehmen engagiert sich bei der Entwicklung der Wirtschaft 4.0-Qualifizierungsinitiative ‚Future of Production' zur Weiterbildung von Beschäftigten in produktionsnahen Bereichen ebenso wie beim Kooperationsprojekt Enterprise 4.0, das die ecoplus-Clusterinitiativen Mechatronik und Kunststoff gemeinsam mit der IMC FH Krems umsetzen. Ziel dieses Projekts ist eine Steigerung der Umsatzrentabilität der Projektpartner durch die Nutzung der digitalen Möglichkeiten innerhalb der eigenen Geschäftsprozesse.
Menschen im Mittelpunkt
Das Vorhaben richtet sich an Unternehmen der produzierenden Industrie mit hohem Wertschöpfungsanteil in Österreich und hohem Exportanteil mit einem Umsatz ab 50 Mio. € oder mehr als 250 Mitarbeitern.
„Langfristig wird sich die Form der Arbeit ändern, Berufsbilder werden sich verändern, aber auch im Zeitalter von Wirtschaft 4.0 steht immer der Mensch im Mittelpunkt”, sagt dazu Wirtschaftslandesrätin Petra Bohuslav. „Das hat das Familienunternehmen Welser Profile erkannt.”