••• Von Jürgen Zacharias
STEYR. Ende 2012 übernahm die chinesische Investorengruppe Phoenix Tree HSC Investment Co., Ltd. den heimischen Motorenentwickler und -fertiger Steyr Motors. Seitdem geht es bei den Oberösterreichern steil bergauf. Nach einer Konsolidierungsphase im vergangenen Jahr (in dem auch ein 18 Mio. € teurer Zubau am Standort Steyr eröffnet wurde) sollen die Umsätze heuer und vor allem in den kommenden beiden Jahren wieder deutlich steigen. „Es gilt jetzt die Ernte einzufahren, die wir zwischen 2012 und 2015 gesät haben”, sagt Geschäftsführer Michael Aschaber im Gespräch mit medianet automotive business.
medianet: Herr Aschaber, in den vergangenen Jahren konnte Steyr Motors seinen Umsatz stets deutlich steigern. Warum konnte dieser Erfolgslauf 2015 mit einem Anstieg von 38,5 auf 41 Mio. Euro nur zum Teil prolongiert werden?
Michael Aschaber: Wir sind in der Tat über die Jahre sehr stark gewachsen, man muss sich als Unternehmen aber auch die Zeit geben, Erfolg und Wachstum zu verarbeiten, um dann die nächsten Schritte setzen zu können. 2015 war für uns insofern trotzdem ein gutes Jahr. Wir konnten uns auf hohem Niveau einpendeln, haben unsere Mannschaft optimiert und China hochgezogen. Dort gab es bis vor Kurzem bei unserer Mutter, der Steyr Motors Corporation, keine Entwicklungsabteilung und jetzt arbeiten dort praktisch gleich viele Entwickler wie hier in Steyr. Wenn wir das Jahr also für die ganze Gruppe betrachten, ging sehr viel vorwärts und das wird in den kommenden Jahren dann auch im Umsatz ablesbar sein.
medianet: Sie rechnen also für die kommenden Jahre wieder mit einem Umsatzwachstum?
Aschaber: Definitiv! Aktuell brechen uns zwar die Stückzahlen im Marine-Bereich ein wenig ein, mit unserem Fahrzeuggeschäft können wir diese Rückgänge aber überkompensieren und für 2017 und 2018 rechnen wir dann mit einem deutlichen Wachstumsschub.
medianet: Mit welchen Produkten soll dieser Wachstumsschub realisiert werden?
Aschaber: Wir beschäftigen uns mit vielen Anwendungsbereichen – von Fahrzeugen bis hin zur Bahn, zum Militärbereich und zum Industriebereich. Dabei sehen wir uns als Spezialist für Hochleistungsdieselmotoren, Elektrosysteme und hybride Produkte und haben in diesem Bereich ein recht breites Portfolio an Motoren, aus dem wir schöpfen können. Unser ganz großer USP ist aber, dass wir nicht nur Motoren bauen, sondern ganze Lösungen. Wir können zielgerichtet und individuell nach Kundenvorgaben Lösungen entwickeln und diese ‚kranhakenfertig' liefern; der Kunde bekommt dann nicht nur eine Engineering-Lösung auf Papier, sondern er bekommt die Hardware fix fertig, inklusive Ersatzteilen und Support, und das entlang unserer ganzen Produktkette.
medianet: Der Kleinserie bleibt man aber weiter treu?
Aschaber: Wir arbeiten jetzt zwar an Projekten mit wesentlich höheren Stückzahlen als früher, im Vergleich zu anderen Produzenten sind wir aber weit entfernt von Massenware. Wir können seit der Betriebserweiterung hier am Standort in Steyr ohne weitere Investments bis zu 5.000 Motoren pro Jahr fertigen. Großserien können wir in Zukunft verstärkt in China abbilden, was uns einen guten Hebel gibt, um die Teilekosten zu optimieren.
medianet: Wird dieser Hebel auch schon betätigt oder ist das noch Zukunftsmusik?
Aschaber: Wir haben jetzt einige Zeit benötigt, bis wir die Gruppe zum Arbeiten bringen. Das ist uns mittlerweile gelungen und vor wenigen Wochen haben wir die Validierung der ersten drei, zu 100 Prozent in China lokalisierten Motoren gestartet. Ziel ist es, die Motoren dort dann in deutlich größerer Stückzahl für den chinesischen Markt zu fertigen, aber auch in Zukunft günstige Teile von dort zu beziehen, was uns wiederum im Vertrieb helfen sollte. Wobei, und das will ich unbedingt betonen: Dieser Vorteil wird keinesfalls zulasten der Qualität gehen! Wir liefern weiter Steyr Motors-Qualität, da machen wir keine Abstriche und die macht auch unsere chinesische Mutter nicht. Die Motoren werden auch in China unter der Marke Steyr Motors verkauft.
medianet: Auch, weil die Marke beim Verkauf hilft?
Aschaber: Das ist sicher mit ein Grund. Es gibt in China viele Hersteller, die neue Motoren entwickelt haben, aber noch keinen Namen am Markt haben. Die tun sich unheimlich schwer, überhaupt mit Kunden ins Gespräch zu kommen; da haben wir sicher Vorteile, Steyr Motors kennt man einfach.
medianet: Im Zuge der Übernahme 2012 wurde vielfach ein Ausverkauf der Technologie und des Know-hows befürchtet. Wenn man Ihren Schilderungen glaubt, profitiert Steyr Motors aber auch von seiner chinesischen Mutter?
Aschaber: Sehr sogar, es gab aber auch schon damals bei der Übernahme ein ganz klares Bekenntnis zum Standort und das gibt es immer noch. Ansonsten hätten wir hier auch nicht so viel Geld investiert, erst im vergangenen Jahr haben wir ja einen 18 Mio. Euro teuren Zubau in Betrieb genommen. Auch der Umstieg auf das Common Rail-System, der uns völlig neue Möglichkeiten einräumt, war nur dank der Chinesen möglich. Wir sehen hier also nur positive Aspekte.
medianet: Inwiefern ist die Tatsache, dass nun auch in China eine Forschungs- und Entwicklungsabteilung aufgebaut wurde, ein Vor- oder Nachteil für Ihr Unternehmen?
Aschaber: Zu sagen, es muss die ganze Entwicklung hier in Österreich oder zumindest in Europa bleiben, ist zwar gut und schön, wird sich in der Praxis aber nicht bewähren. Man kommt – allein schon aufgrund der räumlichen Nähe und der Zeitverschiebung – nicht umhin, auch in China eine Entwicklungs- und vor allem auch Problemlösungskompetenz zu haben. Darum haben wir dort jetzt auch viel Kraft und Energie in den Aufbau entsprechender Ressourcen und einer starken Mannschaft investiert, was schlussendlich aber auch uns hier am Standort zugutekommen wird.
medianet: Auch, wenn nun – wie von Ihnen zuvor geschildert – die Stückzahlen steigen, bleibt Steyr Motors der Kleinserie treu und stark entwicklungsgetrieben. Wie hoch ist vor diesem Hintergrund die F&E-Quote?
Aschaber: (lacht) Da halten wir uns gern bedeckt, aber natürlich ist der F&E-Anteil sehr hoch. Je nach Definition liegt er zwischen 18 und 22 Prozent jährlich, was schon ein sehr, sehr hoher Wert ist. Dabei eingerechnet sind aber auch Entwicklungen im Kundenauftrag, das muss man schon auch sagen.
medianet: Aber auch davon wird Ihr Unternehmen profitieren?
Aschaber: Natürlich! Gute Entwicklungen entstehen sehr oft infolge von Kundenanforderungen; und auch, wenn wir die Lösung dann nicht 1:1 in andere Bereiche übernehmen können, lernen wir im Rahmen solcher Projekte viel über richtige Lösungswege und darüber, welche Irrwege es lieber zu vermeiden gilt. Auch das stärkt also unsere Entwicklungskompetenz und damit unser Unternehmen.